Mord zur Bescherung
Scrimshaw?«
Er nickte. »Der Sohn des verstorbenen Geschäftspartners von Scrimshaw. Er hält sich hier irgendwo in der Nähe versteckt auf. Da bin ich mir ganz sicher.«
Lindsey kribbelte es vor Aufregung am ganzen Leib. Meine Güte, war das spannend!
»Meinen Sie, er hat einen Schlüssel zu der Wohnung – der über dem Büro?«
Der Mann, der sich jetzt Pfarrer John Smith nannte, schaute missmutig drein. »Na, das ist ja interessant. Woher wissen Sie das denn?«
»Meine Mutter hat sich dort umgeschaut. Sie wollte nachsehen, wer Mr. Scrimshaw Weihnachtskarten oder Geschenke geschickt hatte. Im Büro waren ein paar Karten, wenn auch hauptsächlich von Lieferanten. In der Wohnung waren keine, und sie war auch ziemlich leer.«
»Und Geschenke?«
Lindsey zuckte die Achseln. »Eine Angestellte hat gesagt, es wäre eines gekommen, aber die Polizei konnte nichts finden.« Ihre Augen weiteten sich. »Meinen Sie, es hat wirklich ein Paket gegeben? Meinen Sie, es war die Bibel drin, die Sie suchen?«
Er nickte. »Könnte sein.«
»Wie kommen wir da rein?«
»Hm«, meinte er und kaute nachdenklich auf der Unterlippe herum. »Schauen wir mal.« Dann erhellte ein Lächeln sein Gesicht. »Ich kann ja mal so tun, als wäre ich ein FBI--Mann mit einem Schlüsselbund mit Dietrichen in der Tasche.«
Dreiunddreißig
Honey klopfte an die Tür von Zimmer sechsunddreißig. Als keine Antwort kam, trommelte sie noch einmal lauter.
Doherty stand mit den Händen in den Hosentaschen da und wartete geduldig.
»Die Vögel sind ausgeflogen. Dafür kann aber die Tür nichts. Hör auf, sie so zu schlagen.«
Honey entspannte ihre Faust und holte tief Luft. »Ich habe mich noch nie ins Liebesleben meiner Tochter eingemischt, aber diesmal habe ich so ein komisches Gefühl im Bauch …« Sie hatte den Hauptschlüssel dabei.
»Wenn es deinem Seelenfrieden dient.«
Schon steckte der Schlüssel im Schloss.
Irgendwie war Honey erleichtert, dass das Zimmer leer, das Bett ordentlich gemacht und alles am richtigen Platz war.
»Was hättest du eigentlich getan, wenn du die beiden zusammen im Bett gefunden hättest?«, erkundigte sich Doherty.
Honey schluckte. »Wenn mir so was passiert, entschuldige ich mich gewöhnlich und sage, dass ich mich im Zimmer geirrt habe.«
»Und in diesem Fall?«
Sie zögerte keine Sekunde. »In diesem Fall hätte ich ihn rausgeschmissen und ihr gesagt, sie sollte sich jemanden in ihrem Alter suchen.«
»Krass.« Doherty nahm sie beim Arm. »Komm, wir genehmigen uns einen Drink und denken mal drüber nach.«
Am Fuß der Treppe wehte ihnen das Aroma von Glühweinund Mandarinen entgegen. Als sie wieder in den Speiseraum kamen, hatte man dort bereits umgeräumt, und es wurden Gespenstergeschichten vorgetragen.
Gerade las David Longborough eine vor, die er selbst geschrieben hatte. Honey hörte nur halb hin, aber sie schien von einem Vampir und seiner menschlichen Freundin zu handeln. Nach einer Weile stellte sich ihr Ohr auf den Klang seines weichen Baritons ein. Sein Vortrag war sehr selbstbewusst, er verlieh jeder Person eine eigene Stimme, so wie es ein Schauspieler machen würde.
Doherty setzte sich neben sie. »Ich hab dir was zu trinken mitgebracht«, flüsterte er.
Sie reagierte nicht. Ihre Aufmerksamkeit war ganz auf David Longborough konzentriert. Sie berührte Steves Hand.
»Steve, das ist er. Das ist die Stimme von Clarence Scrimshaw. Die Stimme des Mannes, der die Buchung vorgenommen hat.«
Doherty wartete, bis Longborough zu Ende gelesen hatte, und nahm ihn dann zur Seite.
»Wie wäre es, wenn Sie mit mir in die Bar kommen und wir uns da in Ruhe über Mr. Scrimshaw unterhalten würden?«
Lammfromm ging der immer noch viel zu selbstsichere David Longborough mit. Er glaubte, es wartete nur ein freundliches Schwätzchen über seinen verstorbenen Arbeitgeber auf ihn. Mit einem Zeichen bat Doherty Honey, ihnen zu folgen.
»Ein Brandy wäre jetzt gerade richtig«, meinte David Longborough. »Und ehrlich gesagt, wenn diese blöden Rauchergesetze nicht wären, würde ich noch um eine Zigarre bitten. Ich nehme an, da gibt es keine Möglichkeit …?«
Honey schüttelte den Kopf. »Tut mir leid.«
Auf Longboroughs aufgeblasener Miene zeigte sich keinerleiBedauern. »Und der Brandy? Ich finde, es spricht sich besser, wenn die Stimmbänder gut geschmiert sind.«
»Nicht nötig. Ich fange mal das Gespräch an. Lassen Sie uns kurz über den Diebstahl von Clarence Scrimshaws Kreditkarte
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