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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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abzugeben, die diese Leidenschaft nicht teilten. Aber er sprach auch offen und ehrlich über seine Waren und erklärte freimütig, wenn er gewisse Zweifel an der Echtheit eines Buches oder einer Karte hegte.
    Der Buchladen war sein Leben. John wurde des Dufts nach staubigen Büchern und alter Druckerschwärze nie überdrüssig. Da er keine andere Liebe in seinem Leben hatte – zumindest keine, die im Augenblick für ihn frei gewesen wäre –, konzentrierte er seine ganze Zuneigung auf den Laden.
    Er kniff die Augen zusammen und wandte den Blick von der Welt draußen einem besonders schönen Atlas aus dem achtzehnten Jahrhundert zu. Nicht dass er die feinen Einzelheiten oder die überaus blumige Sprache wahrgenommen hätte. Er dachte nämlich an Honey Driver.
    Er fühlte sich sehr unwohl damit, dass er sie so knapp abgefertigt hatte. Er war selbst schuld, denn er hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, ihr sein Geheimnis zu verraten. Beinahe hätte er es ja auch gemacht, er hatte sich jedoch gerade noch bremsen können. Bisher hatte er sie noch nie so schroff behandelt, und alles nur, weil er dieses eine Mal vom geraden Pfad der Tugend abgekommen war, um einem alten Freund zu helfen.
    Schließlich kauften die beiden Herren aus Rotterdam einige alte Karten und einen ausgezeichneten Atlas aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert.
    Um Punkt sechs Uhr schloss John die Ladentür ab, ging zwischen den Regalen hindurch ins Hinterzimmer, nahm das Telefon zur Hand und wählte eine Nummer. Sofort nahm jemand ab.
    »Hör mal, ich will mit dieser Sache nichts zu tun haben. Wenn ich gewusst hätte, was du …«
    Die Stimme am anderen Ende bot ihm an, ihm die Welt zu Füßen zu legen – grob gesagt hieß das: sehr viel Geld.
    »Nein«, sagte John. »Nein!«
    Er legte den Hörer auf und schloss die Augen. Er spürte, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat und das Haar feucht machte. Honey hatte bestimmt erraten, dass hier etwas nicht in Ordnung war. Er hatte es ihr von der Nasenspitze abgelesen. Das war ja auch kein Wunder. Er hatte sie nicht so begeistert begrüßt wie sonst. Er hatte ihr keinen Kaffee angeboten. Seine Stimme hatte nicht die warme persönliche Note gehabt wie sonst. Kurz gesagt: er war nicht er selbst gewesen, und das hatte sie sofort bemerkt. Da war er sich ganz sicher.

Zweiundzwanzig
    Es ist nicht nett, hinterhältig zu sein. Es war sonst auch gar nicht Honeys Art, aber jetzt war sie zu allem entschlossen. Sie würde hinterhältig vorgehen. Sogar besonders hinterhältig. Wie die alte, längst verstorbene Freundin ihrer Mutter, die im Kalten Krieg einmal Spionin gewesen war und später im Leben klammheimlich in den Gärten ihrer Nachbarn Kartoffeln ausgegraben und Blumenkohl geköpft hatte und niemals dabei erwischt worden war. Genauso hinterhältig wollte Honey vorgehen.
    Sie hatte einen guten Grund. John Rees verhielt sich verdächtig und war einfach nicht er selbst. Er hatte nichts zugegeben. Sie auch nicht, wenn sie es recht bedachte, jedenfalls nicht sich selbst gegenüber. Sie mochte ihn. Das war mal klar. Er erzählte ihr nicht, was sein Problem war. Also fühlte sie sich geradezu verpflichtet, es selbst herauszufinden. Dazu musste sie hinterhältig vorgehen. Wie eine verdeckt ermittelnde Polizistin. Wenn er nicht ohne ihre Hilfe aus der Sache rauskam, dann musste sie es eben für ihn erledigen.
    Um zwanzig nach fünf betrat sie unauffällig den Second-Hand-Laden Ecke George Street und Gay Street. Sie bewegte sich blitzschnell zwischen den Kleiderstangen mit den schlappen Baumwollkleidchen, Strickwaren und Hosen in Übergröße, bis sie unter einem Regal mit preiswerten Accessoires einen Karton mit Tüchern fand. Nach kurzem Wühlen zog sie ein seidenes Tuch aus der Kiste und nahm dazu noch eine große Sonnenbrille vom Regal.
    Nachdem sie bezahlt hatte, legte sie das Tuch um den Kopf und setzte die Brille auf. Der ältlichen Verkäuferin erklärte sie, dass die Seide ihren Kopf so schön kühle und die Sonnenbrille gut für ihre schmerzenden Augen wäre.
    »Es war ja auch ein heißer Tag.«
    Die Verkäuferin verrenkte sich den Hals, um aus dem Laden zu schauen. Das Wetter draußen sah nicht gut aus, dunkle Wolken zogen herauf.
    Honey eilte aus dem Laden und kam sich vor, als wäre sie unterwegs zur Pferdegala von Badminton. Ein kurzer Blick auf ihr Spiegelbild in der glänzenden Schaufensterscheibe bestätigte ihr, dass sie wirklich völlig verändert wirkte. Sonst trugen nur Mitglieder der königlichen

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