Mord zur besten Sendezeit
zugelassen, dass wir ihn besuchen, unseren eigenen Vater! Und er wollte nichts dagegen unternehmen.«
Honey hörte aufmerksam zu, als all das aus ihm heraussprudelte: das Treffen im Café Rouge, der Streit und dass er seinem Vater verboten hatte, ihn an der Uni zu besuchen.
»Und dann?«
Dominic Rolfes honigbraunes Haar fiel ihm in die Stirn. Er schaute sie unter diesen Strähnen hervor aus den Augenwinkeln an.
»Ich habe später bei ihm angerufen. Nicht, um mich zu entschuldigen, sondern weil ich versuchen wollte, ihm die Augen zu öffnen. Ich war so verdammt wütend. Ich habe ihm gesagt, dass Arabella eine Affäre hat. Dass sie schon vorher mehrere Affären gehabt hatte, dass es aber diesmal etwas ganz anderes war, dass sie ihn verlassen würde und er allein dastehen würde. Dann wären wir, seine Kinder, alles, was ihm noch blieb. Da war es doch höchste Zeit, sich mit uns zu versöhnen? Denn Blut ist schließlich dicker als Wasser, oder?«
»Natürlich ist es das.« Das war ja ganz großartig, ein echter Treffer für ihre Morduntersuchung. Andererseits machte derarme Dominic schwere Zeiten durch, und er tat Honey richtig leid.
Sein Kopf fiel nach vorn, und er stützte ihn in die Hände.
»Und hat das gestimmt? Dass sie eine Affäre hatte?«
Er zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht sicher. Aber meine Mutter hat es gesagt. Sie meinte, da gäbe es Gerüchte.«
Und deine Mutter hat sich nicht geirrt, überlegte Honey. Dominics Stiefmutter hatte sich todschick zurechtgemacht – und nun war sie tot. Es musste einen Liebhaber gegeben haben. Das sagten alle. Solche Strümpfe und die seidene Reizwäsche, so was zog man nicht an, um es schön warm und bequem zu haben. Sondern um zu verführen, mit den wichtigsten Accessoires jeder erotischen Phantasie. So was zog man nur für einen Mann an, nicht für sich selbst. Andererseits wurde Honey ganz warm ums Herz, wenn sie daran dachte, wie wunderbar sich Seide auf der Haut anfühlte.
»Sie haben also Ihrem Vater erzählt, dass Ihre Stiefmutter eine Affäre hat, aus der etwas Ernsteres werden könnte. Mit wem?«
Dominic stützte das Kinn auf die Fäuste. Seine Augen waren weiterhin starr auf den Boden des Taxis gerichtet, sein Gesicht war gerötet. Man hätte meinen können, dass er geweint hätte, wenn sie nicht gesehen hätte, wie ihre Mutter dem jungen Mann die Handtasche ins Gesicht gepfeffert hatte.
»Mit dem Makler«, antwortete er leise.
Honey spürte, wie sich ihr die Brust zuschnürte. Sie hatte das Gefühl, sie müsste »Hurra!« schreien. Sie widerstand der Versuchung und holte stattdessen tief Luft.
»Hat dieser Makler einen Namen?«
Dominic nickte. »Einen wirklich dämlichen Namen. Glenwood Halley. Er ist der dunkle, romantische Typ. Ich glaube, so nennen das die Frauen. Meine Mutter jedenfalls hat ihn so beschrieben. Sie meinte, er ist ein Mann, dem Frauen nicht widerstehen können. Und Arabella war die Art von Frau, der die Männer nicht widerstehen können. Die beiden waren wie füreinander geschaffen, fand meine Mutter.«
Honey redete sich ein, dass er all das nur vom Hörensagen wusste, aber, Mannomann, wie gern wollte sie, dass es wahr wäre! Zum einen konnte sie Glenwood Halley nicht besonders leiden. Der hatte es verdient, dass man ihm irgendwas anhängte, und wenn es nur Ehebruch war, der vielleicht – nur vielleicht – zu einem Mord geführt hatte. Das wäre doch einfach toll. Sofort lief ihr ein möglicher Handlungsablauf wie ein Film durch den Kopf. Die Liebenden verabreden sich. Es gibt Streit, weil Arabella eine ernsthafte Beziehung will und Glenwood nicht. Glenwood rastet aus und bringt sie um. Gut, dieses Szenario hatte den einen oder anderen kleinen Fehler. Erstens hatte Glenwood genauso schockiert ausgesehen wie alle anderen, als man Arabellas Leiche im Kamin gefunden hatte. Aber ansonsten wäre ihr lieber gewesen, Glenwood hätte diese Missetat begangen als der Vater von Dominic. Das hatte die Familie nicht verdient. Trotzdem war es viel wahrscheinlicher, dass Adam nach dem, was ihm sein Sohn berichtet hatte, losgeprescht war. Als er herausgefunden hatte, dass seine Gattin ihm nicht treu war – die Gattin, für die er seine Familie verlassen hatte –, hatte Adam rotgesehen, hatte sich mit ihr getroffen und sie ermordet. Fall gelöst.
»Sie denken also, dass Ihr Vater Ihre Stiefmutter umgebracht hat, weil Sie ihm von Glenwood Halley erzählt haben?«
Dominic schaute ängstlich. »Sie dürfen ihm keine Schuld daran geben.
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