Mord zur besten Sendezeit
Pistole gefunden worden sei, war richtig, sagten die Detectives Dick O’Flanehey und Tom Squirrely, die gemeinsam die Leiter der Mordkommission des Stadtbezirks Manhattan waren. Sie zu kennen heißt alles an ihnen zu kennen — aber vielleicht meinen die Nutten der Thirty-first Street das nur ironisch.
»Lust auf eine Nebenwette, mein Süßer?« fragte ich Alex. Immer gern zurück zum selben Thema: ICH.
»Ich kenne dich besser als Max es tut.« Das war eine äußerst anmaßende Bemerkung.
»Was heißen soll?«
»Daß du schummeln wirst.«
»Als ob Max das nicht auch selber wüßte«, entgegnete ich. Alex grinste und nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Ich trank Ingwertee. Ich saß hinter meinem Schreibtisch. Er saß im Lehnstuhl. Der Laden war nicht aufgeräumt worden, seit Mrs. Savage am Donnerstag dagewesen war. Ich spürte, daß die Unordnung Alex’ inneres Gleichgewicht störte. Er ist ein Ordnungsfreak — als Paar war das einer unserer zahlreichen Konfliktbereiche. Max und ich passen eher zusammen, was solche frühkindlichen Fixierungen auf den Analbereich angeht.
»Ich muß schon sagen, daß ich Max’ Vorstoß wirklich nur unterstützen kann«, sagte Alex. Er hob seine langen Beine hoch und legte die Hacken, die in Langlauftrainingsschuhen steckten, auf den Schreibtisch. Der wackelte, und sein Plastikkaffeebecher fiel fast herunter. Ich war plötzlich nervöser, als ich es in den letzten Minuten gewesen war. »Ich würde da gerne behilflich sein, auf welche Weise auch immer.«
Ich fragte mich, was das wohl heißen sollte. Er schob glänzendes braunes Haar aus seinem Gesicht, und seine leuchtenden braunen Perlenaugen wurden sichtbar. Er hatte über Jahre versucht, mich dazu zu bringen, mit dem Rauchen aufzuhören. Alle, die mich kennen, hatten das versucht.
Alex fuhr fort: »Und wenn es bedeutet, gewalttätige Maßnahmen zu ergreifen, würde mich das außerordentlich freuen.«
Ich spürte ein Beben in mir, als er das Wort gewalttätig sagte. »Was zum Beispiel — du würdest mich doch nicht etwa hauen? Glaubst du, das könnte mich erregen?«
»Das müssen schon die ersten Entzugssymptome sein«, beobachtete er.
»Eigentlich«, sagte ich, »ist es so, daß ich nichts erkennen kann, was weiter entfernt ist.«
»Deine Brille könnte gegen dieses Problem sicherlich etwas ausrichten«, diagnostizierte Alex.
Ich fummelte in meiner Handtasche auf der Suche nach der Brille herum. Meine Hand zitterte leicht. Mama zu berühren entspannte mich. Ich fand die Brille und setzte sie auf. Mit einem großen Schluck leerte ich meinen Becher, wobei ich mir die Zunge verbrannte. Der Schmerz lenkte mich einen Moment lang ab von meinem Verlangen, von meiner Sucht. »Ich muß mich diesmal wirklich verliebt haben.«
»Das werde ich nicht persönlich nehmen«, sagte Alex.
»Gut«, antwortete ich und stand auf, um zu gehen. Er nickte und warf vorsichtig seinen leeren Kaffeebecher in den Mülleimer. Wir nahmen unsere Mäntel von dem altmodischen Kleiderständer neben der Tür und fuhren in angespanntem Schweigen mit dem Aufzug hinunter. So etwas passiert gelegentlich: Wir erinnern uns auf ungemütliche Weise daran, was wir uns einmal bedeutet haben. Wir versuchen dann immer, die Sache schnell hinter uns zu bringen.
Das Hinaustreten auf Times Square war wie ein Aufprall. Der frühmorgendliche Verkehr war ein ständiges Gerinnsel in der Hauptverkehrsader von New York. Die Bürgersteige waren genauso verstopft. Eine Gruppe von Matrosen auf Landurlaub hielt sich vor dem Porno-Kino auf dem Broadway auf. Sie waren betrunken und schoben die durchgemachte Nacht in den neuen Tag hinein. Ein Großer, Schlaksiger klatschte jeder Frau, die vorbeikam, auf den Hintern. Das brachte mich förmlich in Rage. Alex sah die Matrosen erst nach mir. »Laß uns auf die andere Straßenseite gehen«, schlug er vor.
Ich war wie wild auf einen Hinternklaps aus. Ich fragte mich, ob das Aufgeben einer lieben Angewohnheit auch anderen Leuten solche gewaltsüchtigen Triebe einpflanzt. Ich gab dem meinen nach. Alex marschierte neben mir. Er würde es nie müssen, aber ich wußte, daß er kämpfen würde, um mich zu beschützen. Das war einer der Gründe gewesen, warum ich ihn geliebt hatte. Was ich allerdings am meisten an ihm bewunderte, waren seine Zauberkünste in der Küche.
Ich war nur noch wenige Schritte von den Matrosen entfernt. Es gab eine Lücke in der Menge. Ich sah die Straße vor mir, und mein Adrenalin erreichte
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