Mord zur besten Sendezeit
»Mithören« gestellten Telefon an, denen ich sowieso nicht traue. Unsere Unterhaltung ging wie folgt:
»Hier spricht Max Greenbaum«, sagte er, und es klang, als rufe er aus einem Tunnel heraus. »Santina hat mir deine Nummer gegeben.«
»Oder so was ähnliches«, neckte ich ihn. Ich war entschieden uncool.
»Ich würde dich gerne einladen.«
»Angenommen«, sagte ich enthusiastisch. Ich hoffte, das klang echt.
»Hast du irgendwann Zeit für ein Abendessen?« fragte er.
»Heute abend«, schlug ich vor. »Ich werde etwas Unbequemes anziehen.« Ich hoffte, das klänge ironisch.
»Tu das«, sagte er. Wir legten auf.
Wir gingen in ein Restaurant in Little Italy. Photos mit Autogrammen von italienischen Berühmtheiten wie Lina, der sizilianischen Zirkuskünstlerin, bedeckten die Wände. Wein wurde gallonenweise verkauft, aus Flaschen mit Schraubverschlüssen. Käse und Würste hingen in vielsagenden Arrangements von der Decke. Alle Kunden und Kellner sprachen italienisch, nur wir nicht. Die Kellner nannten uns dauernd dasjunge Liebespaar. Max wehrte sich auf sehr niedliche Art dagegen, aber auch nur einmal.
Bei einer ersten Verabredung esse ich nie. Das ist keine Regel, sondern ein persönliches Unvermögen. Mit zunehmender Dauer einer Beziehung verschwindet das Problem wie durch ein Wunder. Max aß von meinem Teller, was ich eher frech fand. Ich trug ein schwarzes Samtkleid, das mich aussehen ließ wie eine olympische Eiskunstläuferin. Max sagte mir später, daß er damals fand, ich hätte ausgesehen wie eine Fledermaus. Sein kastanienbraunes Haar war kürzer, als es heute ist, aber zu lang für einen Banker. Seine Augen waren grün und glitzerten. Sein Kinn war ein klitzekleines bißchen weich, aber dafür waren die Wangenknochen ausgesprochen scharf gestochen. Er trug Jeans und ein Marlboro-T-Shirt. Ich war erstaunt, wie genervt er von meinen Zigaretten war. Seine Zähne waren gerade und weiß, und ich konnte sehen, wie sich die Muskeln unter seinem Hemd bewegten. Seine Finger waren lang, und man weiß ja, was die Leute über Männer mit großen Händen sagen. Große Handschuhe brauchen die.
Ich hatte erwartet, daß er mir jeden Wunsch von den Augen ablesen würde, aber das tat er nicht. Er war spröde. Er war eingebildet. Er ließ sich von mir unterhalten, die Arme über der Brust gekreuzt, nickte gelegentlich und lachte zu den richtigen Momenten. Für einen Typen, der sich verliebt hat, hatte er schlicht die Ruhe weg. Ich nahm an, daß er einfach überkompensierte, weil er merkte, daß ihm die Nerven durchgingen. Ich versuchte, ihn (und mich) nach dem Essen zu entkrampfen, indem ich ihm meine Zunge in den Mund steckte. Wir bumsten bei der ersten Verabredung. Und ich rede hier nicht von einem Autounfall.
Später, nach ein paar Monaten ungefähr, lagen wir a uf dem Bett und erinnerten uns voller Nostalgie an diese erste Nacht. Wir hatten die vorherige Nacht an derselben Stelle verbracht. Sie war in der Zwischenzeit getrocknet. Ich warf einen Schenkel über seinen Bauch.
»Du hast mich an dem Abend wirklich heftig begehrt, das konnte man richtig riechen.«
»Projizierst du häufig von dir auf andere?« fragte er. Er war therapieerfahren.
»Sag mir mal, wie sehr«, half ich ihm nach.
»Ich habe dich so sehr begehrt, daß ich mir zwei Schwänze gewünscht habe, mit denen ich dich hätte bumsen können.« Er ließ seine Hand mein Bein hinaufgleiten. »Gib zu, daß du mich noch doller wolltest«, raunte er mir ins Ohr.
»Nur in deinen feuchten Träumen.«
Er sagte: »Immerhin bist du diejenige, die Santina fünfzig Eier gegeben hat, damit ich dich anrufe.«
»Ich würde lieber meiner Leber auf Wiedersehen winken als fünfzig Dollar«, erwiderte ich und ließ meine Finger über Max’ Bauch streicheln. Man könnte Erbsen davon essen.
»Ich fasse es nicht, daß du das nicht zugeben willst«, sagte er, und es klang fast beleidigt.
»Liebling«, tönte ich glockenhell, »du hast Santina zwanzig Eier gegeben, um meine Nummer herauszubekommen.«
»Ich würde lieber meiner Leber auf Wiedersehen winken als zwanzig Dollar«, äffte er mich nach und küßte mich. Die Kolben in meinem Hirn kamen plötzlich in Gleichlauf. Ich spürte, wie eine Blutwelle mein Gesicht übergoß. Max bemerkte das auch. Seine Augen verrieten, daß er begriff.
»Ich bin reingelegt worden«, sagte ich und war vollkommen erstaunt. Es gab ein verlegenes Schweigen. Jetzt erst verstand ich seine Arroganz an jenem ersten Abend.
»Das
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