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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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tupfte artig ihre Tränen mit einem schwarzen Taschentuch weg. Ihre Beine hingen wie die eines kleinen Mädchens über den Rand des Sarges. Der Riß in ihrem Kleid wurde langsam größer. Ein weiteres röchelndes Schluchzen würde ihn jedenfalls zum endgültigen Durchbruch bringen. Ich spürte eine Welle des Mitgefühls für sie und fragte mich, ob ich die Schwierigkeit dieser Situation wohl würde bewältigen können, um ihr einige Fragen über Tonys mögliche Verbindung zur Mafia zu stellen.
    »Wir hätten nicht hierher kommen sollen,« sagte ich, drehte Buster um und tat so, als wolle ich den Ausstellungsraum wieder verlassen.
    »Warten Sie«, schluchzte Mrs. Felluti. »Lassen Sie mich bitte nicht allein.«
    Ich drehte mich vorsichtig zu ihr um. Sie streckte ihre Arme nach mir aus und wollte umarmt werden. Ich konnte es nicht, das konnte ich nun wirklich nicht, aber ich ging immerhin auf sie zu und hielt ihr meine Hand entgegen. »Mrs. Felluti, mein Name ist Wanda Mallory.« Sie schüttelte meine Hand und riß mich dann gewaltsam in eine mächtige Umarmung hinein. Sie schwankte langsam hin und her. Ihre Brüste waren warm und weich. Ihr Atem ging langsam und tief. Ich konnte fühlen, wie sich ihre Lungen gegen meinen Brustkorb aufblähten und wieder leerten. Ihre Wange war naß. Ich ließ es zu, daß ich sie zurückumarmte. Es muß schrecklich sein, ein Kind zu verlieren, dachte ich. Ich fragte mich, ob meine Eltern in Florida jemals Angst gehabt hatten, mich zu verlieren. Ich hielt sie noch fester. Ich hörte, wie Mrs. Fellutis Naht jetzt endgültig aufgab, aber vielleicht war das auch etwas anderes gewesen.
    »Und ich werde nicht umarmt?« fragte Buster aus seinem >Schoß des Luxus< heraus.
    Dadurch wurde der Bann gebrochen. Ich trat zurück und sah Mrs. Felluti als das, was sie wirklich war — eine fremde Frau mit einem Problem. Und ich meine damit nicht den Riß in ihrem Kleid. Anscheinend hatte sie jegliches Bewußtsein für diese klaffende Kleiderwunde verloren.
    Ich sagte: »Ich arbeite für gewisse Parteien, die daran interessiert sind, bestimmte relevante Informationen eher merkwürdigen Inhalts zu erhalten.«
    »Sie meinen Sabrina Delorean?« fragte sie. Ich fragte mich, wie sie das nur hatte erraten können. »Ein Junge stirbt zu ihren Füßen, und sie tut nichts. Schickt noch nicht mal eine Karte, wo doch der Schuß ihr gegolten hat. Das weiß sie auch.« Sie zeigte mit ihrem Taschentuch auf Busters Bein. »Und das hat sie Ihnen auch angetan.«
    »Woher wissen Sie denn das?« fragte er.
    »Und mit der arbeiten Sie auch noch zusammen?« fragte sie mich. »Besorgen Sie sich lieber ein paar neue Freunde.«
    »Wir sind nicht befreundet«, korrigierte ich sie. »Ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen über Ihren Sohn stellen.«
    Mrs. Felluti entdeckte plötzlich wieder den Riß in ihrem Kleid. Nachdem sie jedoch festgestellt hatte, daß sie daran nichts mehr ausrichten konnte, lehnte sie sich auf dem Sarg zurück. »Meine Schwiegertochter — sie ist Kräuterheilkundlerin — hat mir etwas gegeben, um meine Nerven zu beruhigen.«
    »Sie sind nicht zufällig Raucherin?« fragte ich hoffnungsfroh.
    »Tiparillos«, sagte sie. »Tony hat es gehaßt, wenn ich geraucht habe«, erinnerte sie sich dann und fing schon wieder an zu schluchzen.
    Das hier half mir nicht weiter. Meine Füße wurden langsam müde, also setzte ich mich oben auf die schwarzlackierte Sonderausführung mit den vergoldeten Sargträgerstäben, wobei ich die Gelegenheit wahrnahm, die schönen Satinkissen zu streicheln. »Ihr Sohn wußte von dem Mord, ehe er passierte, Mrs. Felluti.« Ich versuchte, das verdächtig klingen zu lassen, was es ja auch war.
    »Er hat mir gesagt, er würde mir das nicht glauben«, keuchte sie hervor.
    »Er würde Ihnen was nicht glauben?« fragte ich.
    »Daß etwas Schlimmes passieren würde«, sagte sie. »Ich habe es im allwissenden Auge gesehen.«
    »Von der Zeitung habe ich ja noch nie gehört«, sagte Buster.
    »Es ist keine Zeitung. Es ist ein gläserner Augapfel, sechzig Zentimeter im Durchmesser, der mir die Dinge zeigt. Und glauben Sie bloß nicht, Sie wären der erste Zyniker, der mir begegnet.«
    »Ich glaube daran«, sagte ich. Das meinte ich ernst. Ich habe schon einige parapsychische Erfahrungen gemacht, auf die ich damals besser hätte achten sollen. Zum Beispiel als ich träumte, ein wildgewordener Rasenmäherwürde meine Ohren abschneiden. Am nächsten Nachmittag wurde mir die schrecklichste Frisur

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