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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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Das größte Blumenarrangement war über den geschlossenen Teil des Sarges drapiert. Alle Blumen waren weiß — Tulpen, Nelken, Rosen, jede weiße Blume, die es überhaupt gibt, war dabei.
    Mrs. Fellutis Rücken hob und senkte sich in heftigem Schluchzen. Sie bewegte sich etwas nach rechts, und ich konnte auf diese Weise Tony besser sehen. Sein Kopf war sehr gut wieder zusammengenäht worden. Ich fragte mich, ob der eher makaber aussehende Mann in Schwarz, der hinter dem Sarg stand, wohl der Leichenbestatter war. Erstarrte hinunter auf Tonys Gesicht und schien sein eigenes Werk zu bewundern. Ich spürte, wie ein Welle von Katermüdigkeit und Erschöpfung über mich hinwegging. Ich mußte an die frische Luft. Ich begann, Buster wieder nach draußen zu schieben. Aber genau in dem Moment, als ich die Kurve im engen Gang zwischen den Kirchenbänken nahm, schoß Mrs. Felluti empor. Sie wandte sich plötzlich zu uns, und ihre Augen brannten in ihrem Gesicht. Sie schüttelte eine zitternde Hand in unsere Richtung und rief laut: »Halt!«
    Die Augen eines jeden Trauergastes waren auf uns gerichtet, und ihre Blicke durchspießten uns förmlich, als wären wir Gegner in einer Schlacht. Mrs. Felluti kam auf uns zugeeilt, wobei ihre Stummelbeinchen auf flachen Absätzen förmlich wirbelten. Sie trug dasselbe Kleid, das sie bei der Pressekonferenz angehabt hatte. Ich konnte nicht vermeiden, daß ich einige Schritte zurückwich, als sie näher kam. Sie war rasch bei uns und stand nun dicht an der Seite von Busters Rollstuhl. »Sie sind der Sohn von diesem Monster, nicht wahr?« fragte sie.
    »Er ist eigentlich ein fürsorglicher und sehr großzügiger Mensch.«
    »Er ist böse. Ich weiß das. Ich habe gesehen, wie er mit dem Teufel paktiert.« Ihre Hände, die sie herabhängen ließ, machten Fäuste. Würde sie auch Buster mit dem bösen Blick verfluchen?
    »Wann war das genau, bitte?« fragte Buster und gab sich große Mühe, höflich zu bleiben.
    »Ich habe auch Sie gesehen, wie Sie mit dem Teufel paktieren«, sagte sie zu Buster — und dann blickte sie mir genau in die Augen.

Das allwissende Auge

    Mrs. Fellutis Augen waren schwarz wie ein Loch und so tief wie meine Taschen. Wahrscheinlich sogar ein gutes Stück tiefer. Sie machte nun einen Schritt zurück — ungefähr fünf Zentimeter.
    »Ich bin hier, um Ihnen guten Willen zu demonstrieren, Madam«, sagte Buster. »Aber vielleicht war das eine schlechte Idee, und ich sollte lieber wieder gehen.« Mrs. Felluti blickte auf Buster hinab. Über ihre Schulter hinweg war eine zwei Meter große Marmorstatue der Jungfrau Maria zu sehen. Von ihren gemeißelten Gesichtszügen wurde Licht aus einer rätselhaften Quelle reflektiert. Es sah aus, als könne sie im Dunkeln leuchten.
    »Ihrem Vater ist das alles vollkommen egal, und das wissen Sie auch«, entgegnete Mrs. Felluti. Sie wandte sich zu mir. »Und was haben Sie hier zu suchen? Derselbe Scheiß? Wenn Sie die Worte Aufrichtigkeit, Mitleid oder Tragödie benutzen, belege ich Sie mit einem Fluch.«
    Die Stegreif-Ansprache, die ich mir eben noch mühevoll zurechtgelegt hatte, beinhaltete alle diese Begriffe.
    Ich beschloß also, es sein zu lassen und blickte verlegen weg. Die Kapelle füllte sich langsam mit Menschen. Sehr viele Gesichter sahen nach Verwandtschaft aus. Mrs. Felluti hatte bei der Pressekonferenz erwähnt, daß Tony zehn Geschwister hatte. Ich wäre jede Wette eingegangen, daß der Typ im dunkelblauen Anzug, der vor dem Sarg stand, sein Bruder war. Seine Hand ruhte auf der Schulter eines kleinen Jungen, ungefähr fünfjährig, der sehr gut Tonys Neffe sein konnte. Ich habe keine Neffen. Dazu braucht man selber Geschwister.
    Buster stieß mich ans Bein. Ich beugte mich vor. Er flüsterte: »Das ist jetzt alles etwas peinlich, nicht wahr.« Mrs. Felluti blockierte uns auf dem einzigen Gang, den es in dem Raum gab. Hinter ihr stauten sich die Trauergäste. Ich versuchte, Busters Rollstuhl zum Ausgang zu lenken, aber das stellte sich als unmöglich heraus. Mrs. Felluti starrte uns an und schüttelte den Kopf. Es schien, als bedauere sie uns auf dieselbe Art, wie man Fliegen bemitleidet, die an einem Klebestreifen hängen. Buster stupste mich noch einmal am Bein. Ich beugte mich noch einmal vor, und dieses Mal flüsterte er: »Diese Frau wird gleich aus ihrem Kleid platzen.« Er zeigte es mir diskret.
    Und da war er, genau auf Busters Augenhöhe, ein winziger Riß in der Kreation aus schwarzen Spitzen, die Mrs. Felluti

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