Mord zur besten Sendezeit
natürliche Lichtquelle. Ich ging den Schreibtisch durch und fand einen Gehaltszahlungsbeleg mit Marnie O’Sheas Namen. Ihr Gehalt war sehr ordentlich. Ich unterdrückte meine Eifersucht.
Marnies Terminplan war in halbstündige Blöcke aufgeteilt. Sie war eine außerordentlich beschäftigte Frau. Kostüme checken, Make-up checken, Sabrinas Haare richten, gesponserte Gegenstände checken — die Liste ging weiter und weiter. Marnie war eindeutig die Zuchtmeisterin der Show. Eigentlich wirkte sie intelligenter und älter, als daß dieser Job sie ausfüllen könnte. Sie verdiente es, befördert zu werden. Ich merkte mir vor, mich mit meinem Kumpel Sinclair Singer darüber zu unterhalten.
Ich verließ Marnies Büro und fand Sherri Tigres und Woody Latreks Garderobe. Die Zimmer waren miteinanderverbunden, um so eine Suite aus drei Räumen zu bilden: ein begehbarer Schrank, ein Büro und ein Ankleideraum mit zwei Schminktischen und spanischen Wänden. Ich ging direkt auf den Schrank zu, um mir Sherris Kleider anzuschauen. Klar, sie mußte wie ein TV-Flittchen aussehen, wenn sie in diesen Parties auf Sendung ging. Aber sie mußte doch auch etwas weniger glit-zerige Sachen haben — wie zum Beispiel das Outfit, das sie zu Tonys Beerdigung getragen hatte. Ich fand aber nichts als Federboas, Paillettenkleider und Plastikpumps mit Glitzersteinen drauf. Auf Woodys Seite hingen zwanzig gleich geschnittene Anzüge in verschiedenen Farben und Stoffen. Was für ein Beau.
Im Büro lagen stapelweise DIN-A4-Hochglanzauf-nahmen von hoffnungsfrohen Teilnehmern. Weitere Stapel bedeckten jeden der Schreibtische und die Stühle. Hunderte waren in einem riesigen Aktenschrank untergebracht, nach dem Datum des jeweiligen Auftrittes sortiert. Ich fand sowohl Tonys als auch Sandras Bild. Sie trugen beide dieselbe Art von Klamotten, die sie auch in der Show angehabt hatten. Tony lächelte, als könne er sein Glück gar nicht fassen. Sandra machte eine sexy Schnute, die nichts ungeahnt ließ. Ich tat den Hefter wieder zurück und schaute mich um, ob ich noch mehr finden könnte, was Tony mit Sherri in Verbindung bringen würde.
Auf ihrem Schreibtisch fand ich jede Menge Bücher über Astrologie und eine Kiste voller Kristalle. Ein paar Rosenquarzkristalle waren dabei — das Liebeskristall. In Woodys Schubladen fand ich Augentropfen und zehn verschiedene Arten von Pfefferminzbonbons. Des weiteren fand ich eine Notiz an Sinclair Singer, die lautete:
»Wir erwarten noch Ihre Reaktion wegen After Midnight. Ringo, Sherri und ich würden uns sehr freuen, diesbezüglich Ihre Meinung zu hören. Wenn der Termin um 00:30 Uhr zu belastet ist, haben wir durchaus auch andere Vorschläge. Eventuell müßten andere problematische Shows ersetzt oder an andere Sendezeiten verschoben werden. Es gibt einige während der besten Sendezeit, deren Einschaltquoten im Abwärtstrend liegen und die schwierige Stars haben. Einzelheiten können wir besprechen, wenn die Zeit reif ist. Wir sind in bezug auf After Midnight sehr engagiert. Sherri und ich sind die perfekten Talkshow-Moderatoren, und mit Ringo im Team können wir nichts falsch machen.«
Kopien hiervon gingen an Ringo und Sherri. Die drei steckten also unter einer Decke. Meine Finger kribbelten förmlich vor Verlangen nach einer Zigarette. Ich nahm eine Rolle Life Savers mit Zimtgeschmack von Woodys Schreibtisch und verschwand.
Sabrinas Garderobentür war abgeschlossen. Ich ging auf die Knie und fummelte fast zwanzig Minuten an dem Ding herum, aber ich bekam das Schloß einfach nicht auf. Ich hörte auf, als meine Finger zu zittern begannen und ich einen nervösen Schweißausbruch erlitt. Ich setzte mich auf den Boden und holte mit tiefen, die
Seele reinigenden Atemzügen Luft. Als ich mich besser fühlte, schob ich los, um zu sehen, was es in Singers Büro zu sehen gab.
Ich fand die Aufzüge mit Leichtigkeit. Diesmal gab es keine Körper, die um irgendwelche Ecken gerast kamen. Und immer noch keine Zigarettenkippen im Aschenbecher der sechsten Etage. Singers Büro war abgeschlossen. Ich ging auf die Knie und betete die Götter des Karma an. Nachdem ich schon so lange so erfolglos an Sabrinas Schloß herumgemurkst hatte, glaubte ich kaum, daß ich mit diesem hier Glück haben würde. Aber nach zehn Minuten, während derer ich erneut einen frustrierten Schweißausbruch erlitt, bekam ich das Schloß auf, wobei ich mir allerdings einen Fingernagel abriß. Das hasse ich.
Ich stand auf, wackelig vom langen
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