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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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befand sich ein Skelett, das alle paar Sekunden eine Flasche Rum hob. Das wurde mit Spiegeln gemacht, davon war ich überzeugt. Der Laden roch wie das Fischrestaurant von neulich. Ich dachte über Singer nach, während ich mir die Kugelfische ansah. Ein Achtzehnjähriger mit einem Wischmop in der Hand tauchte hinter mir auf und sagte: »Er wird größer, je mehr Luft er einsaugt.«
    Das ist ja eine überraschende Mitteilung, dachte ich. Ich wandte mich zu ihm um. Er hatte einen dunklen Flaum auf der Oberlippe und trug eine knapp geschnittene Metallica-Jacke, die seine Taille frei ließ. Ich lächelte und wandte mich wieder den Fischen zu. In der Reflektion des Glastanks konnte ich sehen, daß er einen großen Plastikkamm aus der Gesäßtasche seiner Jeans geholt hatte. Er kämmte sich. Ich hoffte, daß das nicht meinetwegen geschah.
    »Gefällt Ihnen der Kies da?« fragte er. Es war eine Mischung aus roten und goldenen Stücken. Er gefiel mir durchaus. Ich nickte und ging zum nächsten Aquarium hinüber. Darin befanden sich flache weiße Fische mit riesigen Lippen. Ich folgte einem mit den Augen, der sich auf Kollisionskurs mit einem anderen befand. Anstatt sich aus dem Weg zu gehen, prallten sie von einander ab und schwammen wieder fort. »Das sind Kußfische. In dem Aquarium habe ich auch den Kies gemacht«, sagte er stolz. Der Kies war eine Mischung aus blauen und grünen Steinchen.
    »Habt ihr auch Taranteln?«
    Seine Lippe zuckte. Taranteln mußten ihn irgendwie aufregen. »Vor ein paar Wochen ist ein ganzer Haufen reingekommen, die sind aber alle gestorben.«
    Ich fragte: »Und du bist hier der Chef?«
    »Ich bin jedenfalls verantwortlich«, sagte er und unterzog meine Brust einer genauen Prüfung, »bis mein Vater zurückkommt.«
    »Ihr bekommt nicht häufig weibliche Kundinnen hier zu sehen, nicht wahr?«
    »Keine, die so aussehen wie Sie.« Er lächelte.
    Ich sagte: »Mein Mann wird auch gleich hier sein.« Wir wandten uns beide zum Eingang. Wie auf Bestellung kam ein orthodoxer Jude im schwarzen Trench hereingeschlurft. Der Junge sah mich an. Ich schüttelte den Kopf. »Mein Mann ist größer als der.«
    »Hat der es gut.« Der Typ machte tatsächlich eine Handbewegung mit seinem Mop auf meinen Busen hin. Ich nahm das als Kompliment — was soll’s.
    Eine Tür öffnete sich hinter mir, und ich hörte das Gurgeln einer gerade gedrückten Toilettenspülung. Ein dunkelhaariger Mann in den mittleren Vierzigern näherte sich. Er hatte struppiges schwarzes Haar und denselben schwarzen Flaum auf der Oberlippe, den auch der Jüngling mit dem Wischmop trug. Ich fragte: »Sind Sie Arnie?« Der Junge verschwand im Hintergrund und versuchte, nicht bemerkt zu werden.
    »Ja«, antwortete er und untersuchte meinen Brustkorb. Vater und Sohn hatten eindeutig dieselbe elegante Technik in der Anmache.
    »Ich habe gestern mit Ihnen über die Tarantelschlüsselanhänger gesprochen.«
    »Ach ja, richtig. Ich zeige sie Ihnen mal.« Er ging nach vorne zur Kasse. »Kann ich Sie eventuell für einen Laubfrosch interessieren?« fragte er, als wir an einem Terrarium vorbeikamen. Ich schüttelte den Kopf. Hinter dem Tresen öffnete er eine Schublade des Vorratsschrankes. »Hat mein Sohn Sie belästigt?« fragte er.
    »Nein«, sagte ich.
    »Hat er doch«, stellte Arnie fest. »Ich kenne seinen Geschmack. Ich werde ihn bald feuern müssen, wenn er noch einmal eine Kundin verschreckt. Da haben wir es ja,« sagte er und hielt einen Schlüsselanhänger in die Höhe. Das Tarantelbein war in Plexiglasmasse getunkt worden, um es hart und glänzend und unbiegsam zu machen. Ansonsten war es dürr und ohne Haare, ganz anders als die gesunden, runden und haarigen Spinnenbeine, die ich an Sabrinas Viechern bemerkt hatte. Ich sagte: »Was ist das denn für ein Schrott?«
    »Habe ich etwa behauptet, es wäre ein Meisterwerk? Natürlich ist es Schrott. Wer würde denn schon zwanzig Dollar für so etwas ausgeben? Vielleicht wollen Sie sich noch ein bißchen in meinem Laden umsehen und mir sagen, was sonst noch alles Schrott ist. Das wäre sehr hilfreich, ich wäre Ihnen sicherlich dankbar.« Ich hatte ihn eindeutig beleidigt.
    Ich pellte einen Zwanziger von meiner Rolle und legte ihn auf den Tresen. »Dieser Fischkopf aus Plastik ist auch ziemlicher Schrott«, sagte ich und nickte in Richtung des Regals. »Sie brauchen mir keine Tüte zu geben. Ich habe eine große Handtasche.« Arnie grabschte sich den Zwanzigdollarschein und legte den Fischkopf auf

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