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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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schließen, da ihr Holz, bei Regenwetter verquollen, bei trockenem Wetter schrumpfte. Er zerrte mit der einen Hand am Türklopfer und drehte mit der anderen den Schlüssel im Schloss. So ging es einigermaßen. Der Nachbar hatte ihm ein wunderbares Alibi verschafft, das er nicht verspielen wollte.
     
    Ein Uhr dreißig in der Nacht. Die schlafende Stadt spiegelte sich in den leeren Schaufenstern. Ein feuchter Nebel hatte die Pflastersteine |279| mit einem leichten Glanz überzogen und glitschig gemacht. Bridgewater stellte den Mantelkragen hoch. Sein Hals war trocken. Beide Handflächen – die eine, die das Päckchen umklammert hielt, die andere, die er in die Tasche gestopft hatte – waren schweißnass.
    Komm schon, ermunterte er sich. Das ist auch nichts anderes als eine Verhandlung mit einem Kunden am Telefon. Es war ein Geschäft wie jedes andere. So sehr er auch versuchte, sich davon zu überzeugen, wusste er doch tief in seinem Inneren, dass das nicht stimmte. Diese Transaktion war weitaus wichtiger. Und sehr viel einträglicher.
    Wie verabredet, war die Tür nicht verschlossen. Er ging in das dämmrige Gebäude hinein. Ein Schauer überlief ihn. Der Laden war so ähnlich wie der nebenan, nur nicht so vernachlässigt.
    »Hallo?«
    Seine Stimme hallte im leeren Raum wider.
    »Hier oben.«
    Eine schrille Stimme. Eine selbstsüchtige Stimme.
    Macht nichts. Weitergehen!
    Und das tat er auch. Trotz der Finsternis stieg er rasch die Treppe hinauf. Als er den ersten Absatz erreicht hatte, blieb er stehen und schaute sich um. Von draußen fiel durch das einzige Fenster ein Rechteck Licht in den Raum. Der Rest des Treppenabsatzes lag im Dunkeln.
    Nun ging er die nächste Treppe hinauf. Vor dem Dachfenster zeichnete sich eine Gestalt ab. Sein Herz setzte einen Schlag lang aus, als er meinte, sie zu sehen, seine Kusine Wanda.
    Du weißt es doch besser, ermahnte er sich. Wanda ist tot. Du weißt, dass sie tot ist.
    »Haben Sie sie?«
    Er war überrascht, wie ruhig ihre Frage klang. War diese Frau eigentlich nie aufgeregt?
    »Ja.«
    »Bringen Sie sie hoch.«
    Die Treppenstufen knarrten unter seinen Füßen. Er sah, wie |280| die Frau einen Schritt vom Geländer wegtrat. Es war uralt und wackelig und bewegte sich, als sie es losließ.
    Auf einem Tisch brannte eine Kerze.
    »Ein bisschen primitiv«, meinte er und riskierte ein Lächeln. Er konnte nicht ausmachen, ob sie es erwiderte. Ihr Gesicht blieb im Schatten, doch über der schmalen Taille sah er ihre Brüste vorragen.
    »Geben Sie mir schon die Rollen.«
    »Gewiss.« Er nahm die Filmdosen in beide Hände. »Und das Geld?«
    »Hier.«
    Er starrte auf den Umschlag, den sie ihm reichte. War diese Frau von Sinnen?
    »Was ist das?«, fragte er, ohne den Umschlag entgegenzunehmen. Leichte Belustigung schwang in seiner Stimme mit. Allerdings war er gar nicht belustigt – keineswegs!
    »Ein Bankscheck. Das ist eine sichere Sache.«
    Bridgewater spürte, wie sich ihm der Hals zuschnürte. »Das hatten wir nicht vereinbart. Ich will Bargeld. Ich habe auf Bargeld bestanden.«
    »Unmöglich. Es sei denn, Sie möchten noch eine Woche oder so warten … Jetzt geben Sie mir schon die Rollen.«
    Sie streckte die Hand danach aus.
    Er trat einen Schritt zur Seite. Zum ersten Mal seit dem Beginn der Verhandlungen hörte er, dass in ihrer Stimme ein wenig Angst mitschwang.
    »Ein Bankscheck ist so gut wie Bargeld.«
    »Das ist mir egal. Ich will Bargeld.«
    »Sie dämlicher Scheißkerl! All das Geld! Stellen Sie sich vor, was Sie damit machen könnten!«
    »Ich will es in bar!«
    Man sollte seine Spur nicht verfolgen können. Er wollte nicht erklären müssen, wie seine Kusine ums Leben gekommen war – und warum.
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf und machte einen Schritt zurück.
    |281| Er bemerkte, dass sie vortrat. Nun kam der untere Teil ihres Gesichts ins Licht. Ihre Lippen waren rosa, üppig und leicht geöffnet. Plötzlich trat Überraschung auf ihre Züge.
    Sie schrie auf und ruderte wild mit den Armen. Es war, als verblasste sie vor seinen Augen, als hinge sie in der Luft, bereits aus dem Gleichgewicht gebracht, während sie darauf wartete, in die Tiefe zu stürzen.
    Hände mit blutroten Fingernägeln krallten sich an den Handlauf. Der Leim war alt, das Holz mürbe. Das Ding zersplitterte und löste sich aus der Halterung. Dann war die Frau verschwunden und hatte einen Teil der Treppe mit sich in den Abgrund gerissen.

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    Zufällig kannte Alistair vom

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