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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Auktionshaus einen pensionierten Filmvorführer, der noch mit alten Filmen herumexperimentierte.
    »Sly Ellis ist ein wenig exzentrisch, aber er kennt sich aus. Er kann Ihnen sagen, ob das echtes Filmmaterial ist.«
    »Wir haben es nur auf einer CD. Ihre Ladyschaft hat anscheinend von den Originalfilmrollen eine Kopie anfertigen lassen.«
    »Aber Sie wissen nicht, wo die Originalfilmspulen sind?«
    »Nein. Trotzdem würden wir uns den Film gern ansehen – ich meine, Doherty und ich.«
    Nachdem sie bei Casper Bericht erstattet hatte, wurde auch dessen Name auf die Zuschauerliste gesetzt. Lindsey meldete gleichfalls Interesse an. Ebenso Gloria Cross.
    »Ich liebe einfach alles, was mit der
Titanic
zu tun hat«, verkündete ihre Mutter. »Besonders Kenneth More.«
    Kenneth More?
    »Der hat in dem Schwarzweißfilm
Die letzte Nacht der Titanic
mitgespielt«, erklärte ihre Mutter, als sie Honeys fragende Miene gesehen hatte. »Der arme Kerl! Er hatte
so
eine Riesenverantwortung.«
    »Mutter, das war ein Film! Kenneth More ist in Wirklichkeit nicht auf dem Schiff gewesen!«
    »Diese Filme hätten einen immensen historischen Wert«, meinte Lindsey. »Ich vermute, der Mann, der diese Aufnahmen gemacht hat, ist längst tot.«
    »Ja, ertrunken«, ergänzte Honey. Erst allmählich begriff sie, dass sie damit ins Schwarze getroffen hatte. Doch immer noch blieb eine nagende Frage. Wer hatte diesen Film in Sicherheit |283| gebracht? Wie waren die Filmrollen in die Hände von Ashwell Bridgewaters Urgroßvater gelangt?
     
    Sly Ellis hatte einen Schuppen im Garten. Allerdings eine Luxusausgabe von einem Schuppen: aus Stein gemauert, mit Isolierglas in den Fenstern und mit Stuhlreihen ausgestattet.
    Na gut, die Leinwand hätte nicht für die großen Kinos am Leicester Square oder am Broadway getaugt, aber groß genug war sie.
    Ihr Gastgeber war nur zu glücklich, wieder einmal die Rolle des Filmvorführers zu übernehmen. Er war ein außerordentlich interessanter Mann. Sein Aufzug war pures Hollywood aus den goldenen Zeiten: Er trug eine umgekehrt aufgesetzte Schiebermütze, einen karierten Pullover, ein gestreiftes Hemd und Schlips, und das alles zu einem Paar rehbrauner Knickerbocker, langen Socken und Golfschuhen.
    Doherty war zur gleichen Schlussfolgerung gelangt.
    »Das wäre aber nicht nötig gewesen, dass sie sich extra für uns ins Kostüm werfen«, sagte er.
    »Hab ich doch gar nicht. Bitte setzen Sie sich.«
    Casper war mit Alistair aufgetaucht.
    »Ich habe Popcorn mitgebracht«, sagte Honeys Mutter. Und schon reichte sie einen großen Eimer voller undefinierbarer rosaweißer Klumpen herum. Die meisten lehnten dankend ab. Honeys Augenbrauen schossen in die Höhe, als sie sah, dass Casper neugierig in den Eimer linste und dann kräftig zulangte.
    Dann waren alle Augen nur noch auf die Leinwand gerichtet. Das Bild war körnig, schwarz-weiß. Die Gestalten spazierten in doppelter Geschwindigkeit über das Deck.
    Alistair pfiff leise durch die Zähne.
    Casper hörte auf zu kauen, und das Kinn sank ihm auf das seidene Halstuch. »Auferstehung der Toten.«
    Honey lehnte sich weit vor, um an Casper vorbeizuschauen. Sie sprach Alistair an.
    »Gibt es irgendwelche Zweifel?«
    Er schüttelte den Kopf, hatte die Augen auf zwei Matrosen gerichtet, |284| die aus dem flackernden Bild lächelten. Ihre Guernsey-Pullover sagten alles:
RMS Titanic
.
    Als der Film zu Ende war, herrschte Totenstille. Alle waren von der Wahrheit wie vor den Kopf geschlagen. Beinahe ausnahmslos waren all die Menschen, die sie da an Deck spazieren und in der Sonne liegen gesehen hatten, ertrunken. So viele Menschen waren bei der tragischen Überfahrt ums Leben gekommen. Die ganze Welt wusste um die große Katastrophe des »unsinkbaren« Schiffes
Titanic
.
    Honey fand als Erste ihre Stimme wieder. »Wie viel wäre so etwas wert?« Es war eine rein akademische Frage, aber Honey konnte sie sich nicht verkneifen.
    Casper antwortete mit der Wahrheit, die schlicht auf der Hand lag: »So viel, wie jemand dafür zu zahlen bereit ist.«
    Alistair kraulte sich den Bart und zwirbelte die borstigen Haare zu seltsamen Büscheln zusammen. Dann glättete er sie wieder. Das wiederholte er ein paar Mal mit niedergeschlagenen Augen, ehe er mit dunkler, nachdenklicher Stimme sprach. »Vor einiger Zeit hat eine Eintrittskarte für den Stapellauf der
Titanic
bei einer Auktion dreißigtausend Pfund gebracht. In London oder New York, glaube ich. Diese CD besitzt einigen Wert, aber die

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