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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Lindsey. Sie hatte |46| mit dem Tippen aufgehört und schaute ihre Mutter mit allwissendem Blick an.
    »Ich wollte nur die welken Blütenblätter der Rosen abzupfen.«
    »Die da sind aus Seide. Versuch’s mal mit denen auf dem Tisch.«
    »Ah!«
    Das Telefon klingelte. Lindsey schnappte rascher als gewöhnlich danach. »Oh! Hi!«
    Honey entging ihr Tonfall nicht. Diese kleinen Wörtchen übermittelten eine wichtige Botschaft. Lindsey wirkte ein wenig geheimnistuerisch, hatte den Kopf über das Telefon gebeugt, und das Haar verdeckte ihr die Augen. Sie erklärte dem Anrufer kurz, sie würde zurückrufen.
    »Also, wer ist er?«
    Lindseys Bewegungen waren rasch und mechanisch. In sechs Schritten war sie im Computer von der Gästeliste zur Wäscheliste gelangt. Sie summte vor sich hin, tat so, als hätte sie nichts gehört.
    Honey versuchte es noch einmal. »Du hast einen Freund.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    Honey wischte mit dem Ellbogen über die Oberfläche des Tresens, als wollte sie ihn polieren. Dann stützte sie das Kinn in die Hand. »Du hast Mondkalbaugen.«
    Lindsey blätterte die Wäscheliste durch. »Er ist nur ein guter Freund.«
    »Und was sonst?«
    »Eine – eine Art Musiker.«
    Das war eine kleine Erleichterung. Da sie das Interesse ihrer Tochter an allem kannte, was mit dem Mittelalter zu tun hatte, lag die nächste Frage auf der Hand. »Sag bloß, er spielt Laute und trägt so eine Art Strumpfhose! Dann könnten wir ihn als Unterhalter im Restaurant einsetzen. Ohne die Strumpfhosen, versteht sich.«
    »Er trägt keine Strumpfhose«, sagte Lindsey und studierte die lange Liste von Bettlaken, Handtüchern, Kopfkissenbezügen und Tischtüchern, als läse sie einen besonders spannenden Krimi. »Und er spielt nicht Laute. Er spielt Dudelsack.«
    |47| »Und trägt …«
    »Einen Kilt.«
    Honey lag die offensichtliche Frage auf der Zunge. Stimmt es, dass die Schotten unter dem Kilt rein gar nichts anhaben?
    Sie traute sich nicht! Sie traute sich einfach nicht!
    Aber ihre Mimik – das mühsam unterdrückte Grinsen, die verkrampften Wangen – verrieten sie.
    Lindsey blitzte sie wütend an.
    »Und ehe du fragst, danach habe ich mich noch nicht erkundigt.«
    »Interessierst du dich für ihn?«
    Lindsey schüttelte vage den Kopf. »Er ist cool. Es macht Spaß, mit ihm zusammen zu sein.«
    Honey schaute auf die alte Schuluhr, die an der Wand unmittelbar gegenüber dem Eingang hing. Da fiel ihr plötzlich etwas ein. »Fährt er Motorrad?«
    Lindsey blickte von der Wäscheliste auf und runzelte die Stirn. »Wie kommst du denn darauf?«
    Honey wollte nicht allzu neugierig erscheinen und zuckte die Achseln. »Ich muss jetzt los.« Liebend gern hätte sie mehr erfahren. Ich darf meine Nase nicht in Lindseys Angelegenheiten stecken, dachte Honey. Sie ist erwachsen.
    »Ich geh noch weg«, sagte sie. »Lady Soundso ist noch nicht aufgetaucht. Wenn sie ihre Tasche wiederhaben will, soll sie sich an die Polizeiwache auf der Manvers Street wenden. Da bringe ich das Ding jetzt hin, solange ich in der Stimmung dazu bin.«
    »Liebe Grüße an Steve«, rief Lindsey ihr hinterher.
    »Nicht die Art von Stimmung.«
    »Höchste Zeit, dass ihr zwei zusammenkommt.«
    »Ich bin lieber Single – aber verrat das bloß nicht deiner Großmutter.«
    Lindseys grinste breit. »Wenn du ihr nicht klar und deutlich verkündest, dass dein Lieblingspolizist immer noch aktuell ist, schleppt Großmutter dir sicher einen Trostpreis an.«
    Honey krächzte: »Wohl eher einen Scherzpreis!«
    Honey, diesen Kosenamen hatte ihr Vater ihr gegeben. Der |48| war gestorben, nachdem er mit einer Varietétänzerin durchgebrannt war, die kaum halb so alt war wie er. Zum Beweis dafür, dass Jugend und Alter einfach nicht zusammenpassen, hatte er noch in der Hochzeitsnacht den Geist aufgegeben – sehr zur hämischen Freude seiner Ex-Gattin.
    Wie die Mutter, so die Tochter. Auch Honeys Ehe hatte nicht lange gehalten, nicht einmal halb so lange, genau genommen. Carl war ein begeisterter Segler gewesen und auf hoher See im Atlantik ertrunken. Und nun hatte ihre Mutter es sich zur Aufgabe gemacht, einen Ersatz für ihn zu finden. »Einen ganz normalen Mann mit einem geregelten Leben, der nicht mit einer Crew auf Segeltörn geht, die nur aus Frauen besteht.«
    Die Vorstellung ihrer Mutter von einem Mann, der kein Abenteurer war, ging in Richtung Buchhalter oder Zahnarzt. Honey war dagegen Detective Inspector Steve Doherty sehr viel lieber. Er war der Bonus, den

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