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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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findet.«
    Sie schaute zerknirscht. »Jawohl, Sir.«
    Die tote Frau hatte gefärbtes Haar und viele Falten. Sie war mindestens sechzig, überlegte er, vielleicht älter. Ihre Kleidung war gediegen. Sie trug ein grünes Cape und einen hochgeschlossenen Pullover. Etwas Weißes haftete an der weichen Angorawolle des Capes. Er bemerkte, dass es ein Aufkleber war, der sich an den Ecken schon ablöste. Den hatte jemand übersehen.
    »Handschuhe«, kommandierte er.
    Karen reichte sie ihm.
    Er war total angespannt. Das war eine ernste Sache. Etwas Ernsteres als Mord gab es nicht.
    Sorgfältig darauf bedacht, das Klebeetikett nicht abzulösen oder fester auf die Wolle zu drücken, bog er das Papier, sodass er die Schrift lesen konnte.
    »Ah! Sieht aus, als hätten wir einen Namen.« Er hielt das Revers |60| der Toten zwischen Zeigefinger und Daumen und verrenkte den Kopf, um besser sehen zu können. »Lady Templeton-Jones. Nun, das ist doch schon mal was. Das können wir in Umlauf bringen. Irgendeine alte Adelsfamilie muss sie doch vermissen. Dann sollte es relativ einfach sein, ihre letzten Bewegungen nachzuvollziehen.«
    Das war eine glatte Lüge. Steve Doherty hatte die Erfahrung gemacht, dass bei der Polizeiarbeit nie irgendetwas einfach war. Das erwartete er auch jetzt nicht, aber es gab ja immer die Ausnahme, die die Regel bestätigte.
    Er starrte auf das weiche, runde Gesicht der Toten, auf ihr Haar, die Kleidung … besonders die Kleidung. Damit stimmte irgendetwas nicht.
    »Karen, Sie sind doch eine Frau. Was ist mit diesen Kleidern?«
    Karens schlanker Schatten fiel auf ihn. Er konnte sie atmen hören und spürte, wie sich ihre Augen in seinen Hinterkopf bohrten, ehe sie auf die tote Frau schaute.
    Karen zuckte die Achseln. »Das ist gute Qualität, Chef.«
    Er grunzte. »Ich bin ja vielleicht nicht ganz auf dem neuesten Stand, aber meiner Meinung nach tragen Damen aus dem Landadel und in dieser Alterskategorie Tweed und vernünftige Schnürschuhe.« Er deutete auf das Namensschildchen, das sich wieder zusammengerollt hatte. »Ich kann mich des Gedankens nicht erwehren …« Er sprach den Satz nicht zu Ende. »Ach, egal. Das liegt wahrscheinlich an meinem Alter. Nennen Sie es meinetwegen Jane-Marple-Syndrom.«
    Karen runzelte die Stirn. »Wer ist denn Jane Marple?«
    Doherty schüttelte den Kopf. »Lesen Sie im Bett keine Krimis?«
    Sie lächelte. »Nein. Da habe ich gewöhnlich was anderes zu tun.«

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    |61| 12
    Die Polizei hatte den Bereich vor dem Laden zu beiden Seiten des Gässchens weiträumig abgesperrt. Ganze Heerscharen von neugierigen Touristen, Einkäufern und Handwerkern, die eine kleine Zigarettenpause machten, hatten sich zum Glotzen versammelt.
    An den Ecken verrenkten sich die Leute die Hälse, um einen Blick auf den Tatort zu erhaschen. Sie starrten Doherty an, und er starrte zurück und bog dann nach links ab. Die Pflastersteine waren uneben und nach dem Dauerregen immer noch ein wenig glitschig. Es überraschte ihn, wie viel Moos hier wuchs, wenn man einmal bedachte, wie viele Menschen jeden Tag durch die Gasse wanderten.
    Doherty ging langsam, ließ die Augen von einer Straßenseite zur anderen schweifen. Er erwartete zwar nicht, noch etwas zu finden, denn alle interessanten Gegenstände waren bereits in Tüten versiegelt und beschriftet. Er schritt wieder die Gasse hinauf und zurück zum Laden.
    Als er die Meute der Schaulustigen erreichte, blieb er ein wenig abseits stehen und hörte sich ihre Kommentare an.
    »Da hat sich jemand aufgehängt.«
    »Nee, ich hab gehört, es war Mord.«
    »Nein! Doch nicht in Gottes kleinem Garten! So was passiert hier in Bath einfach nicht!«
    Doherty lächelte leise. Einmal Bathonian, immer Bathonian! Ganz gleich, aus welchem Teil der Stadt man stammte, es gab auf der ganzen Welt keine Stadt, die an diese heranreichte.
    Im Augenwinkel bemerkte er eine kleine Bewegung und drehte sich um. Aus einem der kleinen Läden trat ein Mann. Im Schaufenster waren alte Seefahrts-Souvenirs ausgestellt. Allerdings |62| wirkten diese ganz speziellen Antiquitäten in einer Stadt, die mehr als dreißig Kilometer vom Meer entfernt lag, ziemlich seltsam.
    Na ja, aber trotzdem, überlegte er. So weit weg war Bristol nun auch nicht, und war nicht die
Matthew
von dort losgesegelt, kaum drei Jahre, nachdem Kolumbus auf den Westindischen Inseln angelangt war? Zumindest hatte die
Matthew
ja das amerikanische Festland erreicht, wenn auch eine der kälteren Gegenden: Nova

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