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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Scotia.
    Einem Impuls folgend, schlenderte Doherty hinüber, um einmal in das alte Schaufenster mit der elegant gewölbten Front zu schauen. Mitten im Schaufenster hingen drei Messinglaternen. Er sah, dass die Mittlere ein weißes Mastkorblicht war, dann waren die beiden rechts und links wohl das rote Licht für Backbord und das grüne für Steuerbord. Rechts im Fenster ragte ein sehr kompliziert aussehender Sextant halb aus einem Mahagonikästchen hervor. Auf dem Preisschild stand: »Deutschland, 1940, £ 675«.
    Links im Fenster stand auf einem Regalbrett ein schlicht aussehender Teller. Er war mit dreitausend Pfund ausgepreist. Doherty lehnte sich näher zur Scheibe und kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Dreitausend Pfund schien für einen ganz normalen Teller ziemlich viel Geld zu sein – bis er die Aufschrift lesen konnte:
RMS
1
Titanic
. Darunter stand in kleinen Buchstaben »nicht verifiziert«.
    Er stieß einen leisen Pfiff zwischen den Zähnen aus. Gegenstände von gesunkenen Schiffen erzielten wirklich schwindelerregende Summen. Im Falle der
Titanic
schienen diese Beträge allerdings irgendwie gerechtfertigt zu sein. Es war eine schreckliche Tragödie gewesen. Ungeheuer viele Menschen hatten dabei ihr Leben verlorenen. Und es wusste wirklich jedermann davon.
    Vor den Laternen stand ein Kerzenständer aus Messing, der dem Leuchter im Schaufenster des leer stehenden Ladens nebenan |63| ähnelte. Es war kein Preisschild dabei, und er sah auch nicht aus, als wäre er sonderlich viel wert. Aber wer weiß? Das schäbigste Zeug ging oft für ein Vermögen an den Meistbietenden – jemanden wie Honey Driver. Allerdings sammelte die ja Dessous aus alten Zeiten.
    Nun musste er die lebhaften Tagträume verdrängen, die ihm durch den Kopf spukten. Er trat einen Schritt zurück und schaute zu den leeren Fenstern über dem Laden hinauf. Er versuchte es an der Tür. Sie war versperrt, und er sah auch ein Schild da hängen, auf dem schwarz auf weiß »geschlossen« stand.
    Er schaute sich noch einmal nach dem Mann um, der vorhin aus dem Laden gekommen war. Er hatte nur einen kurzen Blick auf einen burgunderroten Anorak und eine dunkle Reisetasche erhascht. Der war wahrscheinlich längst über alle Berge. Zu seiner Überraschung stellte Doherty fest, dass der Anorakträger noch am Rand der gaffenden Menge stand und aus einiger Entfernung zum Tatort starrte.
    »He, Sie da«, sagte Doherty, während er eine Seniorin zur Seite drängte, die sich entschieden wehrte und ihm den Ellbogen in die Seite rammte.
    »Immer schön hinten anstellen, mein Junge! Ich war zuerst da!«
    Doherty zückte den Dienstausweis. »Ich glaube, ich habe hier den Vortritt, gnädige Frau.«
    Die alte Dame japste ein bisschen. Die Überraschung spiegelte sich auf jedem Quadratzentimeter ihres kräftig gepuderten Gesichts. »Aber natürlich, Herr Inspektor! Natürlich!«
    Doherty hielt dem Mann mit dem burgunderroten Anorak seinen Dienstausweis vor die Nase. »Könnte ich Sie mal kurz sprechen?«
    Das Blut wich aus dem Gesicht des Mannes, oder vielleicht war er immer so bleich. »Warum?«
    »Reine Routinesache.«
    Die Frau, die Doherty zur Seite gedrängt hatte, rückte zusammen mit einer Freundin immer näher. Die Schweinsäuglein |64| in den rosa Gesichtern strahlten, und die rot geschminkten Münder standen leicht offen. Eine Frau gab der anderen einen Rippenstoß.
    »Der stellt dem Mann da Fragen.«
    Den Anorakträger schienen die beiden Frauen weit mehr zu beunruhigen als Doherty.
    »Vielleicht lieber unter vier Augen«, sagte Doherty und führte den Mann beim Arm weg.
    Die beiden neugierigen Damen waren pikiert, der Mann wirkte erleichtert. Er war groß, etwa Mitte fünfzig und trug eine Brille. Die Gläser waren so dick wie Glasbausteine, sodass man seine Augenfarbe nicht erkennen konnte. Der arme Kerl, dachte Doherty. Ohne diese Brille konnte er wohl kaum die eigenen Füße sehen – und höchstwahrscheinlich auch nichts anderes, was zwischen Augen und Füßen von Interesse sein könnte. Er trug lässige Arbeitskleidung. Untere Kategorie des Antiquitätenmarktes, überlegte Doherty. Allerdings ließen die Preise im Schaufenster kaum auf Schnäppchen und Sonderangebote schließen.
    Nun fühlte sich der Mann vor der neugierigen Meute in Sicherheit und begann störrisch zu werden. »Könnten wir das schnell hinter uns bringen? Ich muss noch zu einem anderen Job.«
    »Der Laden gehört wohl nicht Ihnen?«
    Der Mann schüttelte den

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