Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
ehe sie sie erreicht hatte. Ihr liebender Ehegatte machte keinerlei Anstalten, das zu verhindern. Er fuhr nach oben. Sie wartete unten. Genau in diesem Augenblick rannte ein junger Mann, den der Portier nicht kannte, rechts neben dem Fahrstuhl die Treppe hinauf. Der Angestellte erstattete beim Hotelmanager Bericht darüber. Der Manager machte schon einen Schritt auf die Treppe zu.
    Da brach Meredith George zusammen. Sie fiel hin und landete zu Füßen des Managers.
    »Ruf einen Arzt!«, schrie der. »Sag ihrem Mann Bescheid. Zimmer 471.«

[ Menü ]
    |111| 21
    Das Zimmer im La Reine Rouge, in dem bis vor kurzem Lady Templeton-Jones gewohnt hatte, war im französischen Stil eingerichtet. An den Wänden prangte eine gelb gestreifte Tapete. Elegante Schattenrisse in vergoldeten ovalen Rahmen waren in Vierergruppen angeordnet. Um das zentral aufgehängte Porträt einer Dame mit üppigem Busen und gestärktem Spitzenkragen gruppierten sich weitere Scherenschnitte. Den rosigen Wangen und dem herzförmigen Gesicht nach zu urteilen stammte das Bild aus dem achtzehnten oder frühen neunzehnten Jahrhundert. Ein doppelt breites französisches Schlittenbett aus heller Eiche nahm die gesamte Mitte des Raumes ein.
    Wie in jedem Zimmer in Casper St. John Gervais’ noblem Hotel waren antike Möbel von höchster Qualität und aus einer bestimmten Epoche arrangiert. Casper besaß eine natürliche Begabung dafür, einen Raum in Szene zu setzen. Das Ergebnis war stets beeindruckend. Honey war so überwältigt wie alle anderen, hielt im Türrahmen inne und zog die Schuhe aus.
    Steve schien nicht die Absicht zu haben, es ihr gleichzutun. »Das ist doch hier keine Moschee«, schnauzte er.
    »Ach, komm schon«, drängte sie ihn und deutete mit dem Kinn auf den hellen goldgelben Teppich. »Über so was Sauberes dürfen wir doch keinen Straßendreck schleppen.«
    »Ihre Rücksichtnahme wird anerkennend vermerkt«, sagte Casper pikiert. Er hatte ihr noch nicht vergeben, dass sie seiner Meinung nach in seinem Revier »gewildert« hatte.
    Honey hatte beteuert, das sei keineswegs der Fall gewesen, weil die Dame den Vorschlag von sich aus gemacht hatte. Er war jedoch nach wie vor beleidigt.
    Aber ein paar weitere rücksichtsvolle Bemerkungen, und die Sache wäre wieder eingerenkt.
    |112| Doherty war da ein ganz anderer Fall. Er war nicht gerade ein Raubein, aber er verbog sich nicht, vor nichts und niemandem. Ihn beeindruckte die luxuriöse Umgebung keineswegs, und er behielt seine Schuhe an.
    Er kam gleich zur Sache. »Wann haben Sie die Dame zuletzt gesehen?«
    Casper schaute mit deutlich zur Schau getragenem Widerwillen auf Dohertys Schuhe. Er schniefte entrüstet. »Inspektor! Ich überwache doch meine Gäste nicht! Dafür habe ich meine Leute. Sie sollten Neville fragen.«
    Steve vollführte in seiner Befragungstaktik eine Kehrtwendung. Und wirklich erwischte er Casper auf dem falschen Fuß. »Das mache ich bestimmt. Aber jetzt habe ich
Sie
gefragt.«
    »Verdammt, ich habe keine Ahnung«, zischte Casper mit angewidertem Blick. »Mir gehört zwar das blödsinnige Hotel, aber ich arbeite nicht hier!«
    Casper fluchte? Das hatte Honey noch nie erlebt. Der Vorsitzende des Hotelfachverbandes war gewöhnlich außerordentlich gefasst, steckte in Sachen Contenance locker alle gewöhnlichen Sterblichen in die Tasche. Aber jetzt wankte die coole Dandy-Fassade.
    Doherty näherte sich Caspers Gesicht auf Kussabstand. »Ant worten Sie mir!«
    Spannung knisterte in der Luft. Keiner der beiden Männer wollte einen Rückzieher machen, doch einer musste den ersten Schritt tun.
    Casper hielt sich stocksteif, scheinbar minutenlang. Schließlich musste er klein beigeben. Doherty hatte die Oberhand gewonnen.
    »Ich habe die Lady überhaupt nur einmal gesehen. Wir haben uns über das Wetter unterhalten.«
    Ohne seinen Triumph sichtbar zur Schau zu stellen, schlenderte Steve zum Fenster hinüber. Er schaute auf die Straße hinunter. »Wie lange wohnte sie schon hier?« Seine Stimme war ganz leise, ganz kühl.
    »Man sagt mir, drei Tage.«
    |113| Steve runzelte die Stirn. »Sind Sie da vollkommen sicher?«
    »Gewiss.«
    Während Honey zuhörte, wanderten ihre Finger klammheimlich zu all den Dingen, die auf dem Nachtschränkchen lagen. Es war der übliche Kram, den manche Leute zur Erinnerung an eine Reise aufheben: Bus- und Zugfahrscheine, Eintrittskarten für Museen, Gutscheine für Ermäßigungen und Broschüren über Sehenswürdigkeiten vor Ort. Daneben lag ein

Weitere Kostenlose Bücher