Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
ein Sterbenswörtchen gesagt.«
    Honey nutzte die Gelegenheit und ließ hinter ihrem Rücken den Auktionskatalog heimlich in ihrer großen Tasche verschwinden. Dann folgte sie Steve aus dem Zimmer. Wie Batman und Robin flitzten sie einen Flur entlang, der von Vitrinen voller Chinoiserien gesäumt war. Ihre Füße versanken in dicken Perserteppichen. Die Treppe, die sie hinuntergingen, hatte ein Geländer aus dunklem Mahagoni.

[ Menü ]
    |116| 22
    Der Mann mittleren Alters, der am Empfang auf sie wartete, war rundlich und hatte rosige Wangen. In einem verzweifelten Versuch, cool zu wirken, trug er eine dunkle Brille mit Goldrand, in einem Ohr einen Diamantknopf und eine übergroße Baskenmütze auf dem Kopf. Der Rest seiner Kleidung war genauso affig. Mr. Obercool wollte eindeutig etwas sein, was er nicht war.
    »Ich bin gleich von der Arbeit hergekommen«, verkündete er und lächelte wie sonst nur Bestattungsunternehmer lächeln. Sein Tonfall war schleimig, die Stimme so süß und pappig wie triefender Sirup.
    Ihre Ladyschaft stammte aus Ohio, und Honey war daher außerordentlich erstaunt, dass ihr Vetter nicht die Spur von einem amerikanischen Akzent hatte. Statt dessen war sein Tonfall vornehm und klang, als hätte er viele Stunden Unterricht in Sprechtechnik genossen. War dieser »Verwandte« vielleicht ein Extra, das man zusätzlich zum Titel erwerben konnte? Gegen Aufpreis, versteht sich.
    Das allein hätte Honey nicht weiter beunruhigt. Aber irgendetwas an diesem Tonfall irritierte sie. Er war beschwichtigend, beinahe herablassend, und das Lächeln war starr und aufgesetzt. Sie überlegte, dass sich vielleicht Adelstitel so auf die Sprache auswirkten, und fragte sich, wie viel seiner wohl gekostet hatte.
    Doherty bat den Mann, seine Personalien anzugeben.
    »Ich lebe in Northend. Das kennen Sie doch, Inspektor?«
    »Ja, ist mir bekannt. Ich wusste nicht, dass Ihre Ladyschaft einen englischen Vetter hatte.«
    »Wir hatten den gleichen Urgroßvater. Der ist um die Jahrhundertwende nach Amerika ausgewandert. Ich meine die vorletzte Jahrhundertwende. 1900.« Sein Lächeln wankte nicht.
    |117| »Geht es in Ordnung, dass ich Wandas Sachen mitnehme?«, fragte er Doherty geradeheraus.
    Wieder fühlte sich Honey an einen Bestattungsunternehmer erinnert: höflich, mit öliger Stimme und lächelnd, immer und immer nur lächelnd. Überhaupt nicht wie ein Lord oder ein Ritter.
    »Noch nicht. Selbst dann müssten Sie sich als Vetter ausweisen«, antwortete Steve.
    »Aber gern, darauf war ich natürlich vorbereitet.« Sir Ashwell Bridgewater langte mit der Hand in die Jackentasche und zog seinen Führerschein heraus. Steve überflog ihn, ehe er ihn zurückgab. »Ich habe auch den Sohn von Wandas Schwester per E-Mail kontaktiert. Ich glaube, er hat sich schon bei der örtlichen Polizeiwache gemeldet. Dort kann man ebenfalls mein Verwandtschaftsverhältnis mit der Verstorbenen bestätigen.«
    Seine Stimme kannte nur eine einzige Tonlage. Das klang völlig unnatürlich. Und er zeigte keinerlei Emotionen. Keine Spur von Tränen in den Augen, nicht das geringste Beben des glänzenden, rundlichen Kinns. Der ganze Typ war Honey von Herzen zuwider.
    Steve überflog die anderen Papiere, die Bridgewater mitgebracht hatte. An seiner Miene konnte Honey ablesen, dass alles in Ordnung war.
    »Ich kann trotzdem die Sachen noch nicht freigeben. Nicht, bis ich meine Untersuchung abgeschlossen habe und sicher bin, dass die Gegenstände für den Fall nicht relevant sind.«
    »Aber natürlich, Herr Inspektor. Ich weiß, dass Sie alles in Ihren Möglichkeiten Stehende tun werden, um Wandas Mörder zu fassen. Wenn Sie nichts dagegen haben, bleibe ich in Kontakt.«
    Aus irgendeinem unerfindlichen Grund – nicht nur, weil sie seine Baskenmütze nicht mochte – sträubten sich Honey die Nackenhaare. Dieser Tonfall kam ihr seltsam bekannt vor und irritierte sie. Sie zwang sich, das Positive an der Sache zu sehen. Sie durfte nun auch eine Frage stellen.
    »Warum hat Ihre Kusine eigentlich in einem Hotel in der Stadt |118| gewohnt und nicht bei Ihnen? Ich hätte gedacht, dass Verwandte, die einander lange nicht gesehen haben, sich besuchen?«
    Er fuhr zu ihr herum. »Sind Sie auch bei der Polizei?«, fragte er. Das Lächeln war unverändert, aber seine Augen blickten sie misstrauisch an.
    »Nun, eigentlich …«
    Steve kam ihr zu Hilfe. »Sie gehört zu meiner Abteilung.«
    Casper rollte mit den Augen. »Sir Ashwell, ich bitte Sie, diese Einmischung

Weitere Kostenlose Bücher