Mord zur Geisterstunde
hatte? Ob der Titel nun echt war oder nicht, sie hatte während des Geisterspaziergangs nicht sonderlich aufgeregt gewirkt. Eine Frau, die noch mit jemandem ein Hühnchen zu rupfen hatte, wäre doch eher wütend oder zumindest verärgert gewesen. Sie hätte sich vielleicht sogar jemandem anvertraut. Das hatte sie aber nicht gemacht. Andererseits hatte sie sich auch nicht sonderlich für Gespenster interessiert.
Honey sprach die Frage aus, die ihr durch den Kopf ging: »Warum hat Wanda bloß an diesem Spaziergang teilgenommen?«
Steve wandte die Augen von der Straße ab und schaute sie an. »Weil sie, wie ihr anderen auch, auf einen kleinen Nervenkitzel aus war?«
|228| Honey warf ihm einen verächtlichen Blick zu. »Ich war nicht auf billigen Nervenkitzel aus. Ich für meinen Teil decke meinen Bedarf daran bei Fahrten in kleinen Sportflitzern.«
»Freches Huhn!«
Doherty liebte sein Auto. Mehr noch liebte er es, mit offenem Verdeck zu fahren und den Wind in den Haaren und auf dem Gesicht zu spüren.
Honey schlang die Arme um sich. Frische Luft war eine Sache, eiskalte Luft etwas ganz anderes. Heute fror ihr die Luft beinahe die Nase ab.
Vielleicht konnte sie ihr Bibbern in Schach halten, indem sie intensiv über den Mord nachdachte? »Wir haben hier eindeutig was nicht mitgekriegt. Warum sollte jemand ohne jeden Sinn und Zweck durch den Regen latschen?«
»Weil eine bestimmte Person mit auf dem Spaziergang war?«
»Das könnte sein.«
Sie hatte Doherty von ihrem Besuch bei Hamilton und Pamela und von der Website erzählt. Daraufhin hatte er die Einzelheiten überprüfen lassen. Mrs. George war an einem Herzanfall gestorben, der eine Folge ihres Asthmas war.
»Ihr Leichnam wird in die Vereinigten Staaten überführt.«
»Die arme Frau. Und ihr Mann amüsiert sich schon mit der Neuen.«
»Wenn wir ihm Glauben schenken dürfen, ging das schon eine ganze Weile. Virtuelle Rendezvous.«
Honey schüttelte den Kopf. »Virtuell heißt ja, dass es nicht wirklich ist. Es ist nur beinahe das Gleiche wie die Realität.«
»Genau wie beim virtuellen Sex.« Steve grinste. »Da ist mir auch die echte Sorte lieber.«
»Virtuell ist es aber weniger anstrengend.«
Steve schaute sie überrascht an. »Hast du das etwa schon mal probiert? Wie war das?«
»Ein bisschen wie träumen. Man wacht immer auf, wenn’s am Schönsten ist.«
Schließlich kam Steves Wagen neben einem glänzenden Aston Martin zum Halten. Voller zärtlicher Bewunderung wanderten |229| Dohertys Augen über die schimmernde Karosserie. Pflaumenblauer Lack, Chromfelgen und Speichenräder. Ein echter Klassiker. Ein Aston Martin DBS. Der Traum eines jeden Mannes!
»Nettes Auto.« Seine Stimme klang ganz rauchig. Wenn er sie jetzt hätte verführen wollen, sie hätte sich ihm widerstandslos hingegeben. Aber nicht gleich. Denn es fiel ihr ein, wo sie diesen Wagen schon einmal gesehen hatte.
»Wallace & Gates. Der gehört Cameron Wallace.«
Doherty schaute von dem Wagen zum Gebäude von ASS. »Was zum Teufel hat der denn hier zu suchen?«
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Cameron Wallace hielt sich für einen kultivierten Mann mit Stil. Er hatte auch viel für Mode übrig. Damit meinte er nicht das billige Zeug, das es auf den Hauptgeschäftsstraßen zu kaufen gab, sondern erstklassige Hemden, Anzüge und Schuhe, die man nur im West End von London, in Paris, New York oder Rom erwerben konnte. Rom war ihm davon am liebsten. Er war völlig einverstanden mit dem alten Spruch, dass man einen guten Haarschnitt und ein anständiges Paar Schuhe nur in Italien bekommen konnte.
Darüber dachte er gerade nach, als er seine 18-karätigen Manschettenknöpfe zurechtzupfte. Sie hatten die Form kleiner Anker und waren an den Spitzen mit winzigen Rubinen besetzt.
Während er den letzten präzise zurechtrückte, schaute er aus dem Bürofenster auf den Parkplatz. Einer der bei Associated Security Shredding angestellten Jungs hatte seinen Wagen gewaschen und anschließend mit einem mobilen Vakuumtrockner abgetrocknet. Er hatte das richtig gut gemacht, wahrscheinlich, weil er wusste, dass ihm der Chef genau auf die Finger schaute. Darüber musste Cameron lächeln. Das Lächeln verging ihm jedoch, als er Honey Driver aus einem tiefer gelegten Sportflitzer aussteigen sah.
Seine Augen verengten sich. »Was zum Teufel hat die denn hier verloren?«
Bannister hörte seine Bemerkung und kam zum Fenster.
»Das ist die Tussi, die uns heute mit Fragen über Lady Templeton-Jones gelöchert
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