Mord
Einrichtung und die Umgebung. Als die Gruppe mit Rita und den anderen beim Abendessen saß, sagte Elisabeth, sie habe etwas im Auto vergessen, enteilte und kehrte einige Minuten später zurück mit der aufgeregten Mitteilung, die Reifen des BMW seien platt, vermutlich zerstochen. Tanner sprang auf und rannte aus dem Restaurant ins Freie, die Frauen blieben zurück.
Als Tanner beim Auto angekommen war, sich bückte, um nach Einstichen zu suchen, hörte er hinter sich kurz ein Knirschen, dann spürte er schon einen mächtigen Schlag auf seinen Rücken, wohl mit einer Keule, der ihn bäuchlings auf den Kies warf, es folgten weitere Schläge. Dann lief der Mann davon, Trainingsanzug, Pudelmütze, nie gesehen, sagte Tanner der Polizei, mit der er den Abend verbrachte, nachdem er zunächst im Krankenhaus geröntgt worden war. Die beiden Frauen hatten ihn treusorgend begleitet. Elisabeth tat er leid, diese Abreibung war ein Fehler, obwohl er es verdient hatte.
So saßen sie dann wieder im Büro, Rita den Kaffeebecher in ihren Händen, Elisabeth auf dem Drehstuhl mit dem Rücken zum Schreibtisch. Die Kaffeemaschine auf dem Kühlschrank hustete schon wieder eine neue Kanne heraus. Nachdem hier einmal Ordnung geschaffen war, gab es nicht mehr so viel zu tun an Buchhalterei, und Elisabeth musste auch dringend reden. Reinhold war in Brasilien gewesen, geschäftlich, verstand sich, mit einem kleinen Abstecher zum Karneval in Rio, er als alter Karnevalist. In diesem Jahr war ernsthaft erwogen worden, ihn zum Karnevalsprinzen zu küren, aber am Ende war es doch ein anderer geworden. Die beiden als Prinzenpaar, das wäre es doch gewesen, zeitlich und finanziell hätten sie sich das schon leisten können.
Stattdessen fuhr Tanner nach Brasilien, und als er zurückkam, erzählte er in seiner charmanten offenen Art, er habe in Brasilien darüber nachgedacht, sich doch von ihr zu trennen. Nicht unbedingt, weil er nun von Münster in Westfalen nach Rio ziehen wollte, auch wenn er dort sicherlich fündig geworden wäre, sondern weil er nun doch nicht mit einer so alten Frau zusammenleben wollte. Man müsse sich das mal vorstellen – in einigen Jahren werde sie 60 ! Im Flugzeug habe er es sich dann wieder anders überlegt. Schließlich seien sie doch schon seit über zehn Jahren ein Paar, das sich einfach gut versteht. Wenn er Immobilienmakler wäre, würde er über sie sagen: attraktiver Altbau in bestem Erhaltungszustand. Aber vielleicht sollten sie mal eine Zeitlang getrennt wohnen. Sie lehnte das empört ab, fragte ihn, wie er sich das denn vorstelle und ob er vielleicht ausziehen wolle. Nein, wollte er natürlich nicht. War auch nur so eine Idee, sagte er schließlich. Elisabeth erzählte ihrer Freundin all dies unter Tränen der Wut.
Rita sagte: Wenn das mein Mann wäre, den hätte ich längst umgebracht. Aber wie gesagt, bei dem seiner Leberzirrhose. Doch Tanner, der hatte ja nun schon sein Testament gemacht, vor dem Flug nach Brasilien, sicherheitshalber. Auf so einer langen Reise konnte ja immer mal was passieren. Reinhold hatte Elisabeth den Entwurf vom Notar gezeigt, eine halbe Million für sie, vermutlich nicht mal die Hälfte von dem, was er besaß. Sie hatte beiläufig gemeint, falls wirklich der schlimmste Fall eintreten würde, könne er ruhig noch mal 100 000 drauflegen, und ohne große Worte hatte Reinhold den Kuli aus der Brusttasche des Jacketts gezogen und den Entwurf entsprechend korrigiert. Das Wochenendhäuschen am Dümmer See hatte sie nicht anzusprechen gewagt, das war vielleicht ein Fehler, in solchen Sachen war er großzügig, wie sonst eigentlich auch, aber eben gegenüber zu vielen Frauen.
Dabei empfand sie gar keine Eifersucht, meinte sie jedenfalls, sondern eher Demütigung, Missachtung. Weil er seine Affären nicht schlimm fand, erwartete er von ihr, dass sie sie auch nicht überbewertete. Gerade hatte er wieder eine neue Freundin, zu der er offenbar ständig hinfuhr und bei der er manchmal auch über Nacht blieb.
Elisabeth ging nach Hause und dachte, dass Rita eigentlich recht hatte. Sie traf sich noch einmal mit dem Apachen und fragte ihn rundheraus, ob er nicht ihren Mann umbringen könne. Sie halte es seelisch einfach nicht mehr aus mit ihm, sie habe sogar schon daran gedacht, sich selbst das Leben zu nehmen. Aber das wäre ja nicht gerecht. Für alles Mögliche werfe Tanner das Geld hinaus, und für sie bleibe nichts mehr übrig. Der Apache verlangte 280 000 Mark. Sie meinte, das könne ja
Weitere Kostenlose Bücher