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Mord

Mord

Titel: Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ludwig Kröber
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gesagt, sie gebe ihm drei Wochen Zeit; er solle das klären mit seiner Frau. Von alldem hatte sie Alan nichts gesagt, sie wollte ihn nicht beunruhigen; es war ihr ja ernst mit dem Neuanfang, wirklich, sie wollte sich Mühe geben.
    Der Bus hielt in Heidelberg, ohne dass sie das Schloss zu sehen bekam, und dann ging es mit dem Taxi ein kurzes Stück in die Weststadt. Das Taxi hielt vor einem älteren vierstöckigen Haus, das Hotel war nicht sehr groß mit 24  Zimmern, aber preisgünstig und ordentlich. Sie bekamen ein Zimmer im zweiten Obergeschoss, ein wuchtiges Doppelbett füllte den Raum. Man sah in einen Garten und auf die Rückseite anderer Häuser, und zur Rechten sah man die Straße, auf der sie gekommen waren. Der Taxifahrer hatte gut Englisch gesprochen und ihnen den Irish Pub empfohlen, dort würden sie viele Amerikaner und Engländer treffen. Abends brachte er sie hin, und es war sehr nett. Alan erzählte dem Wirt, einem Schotten, weswegen sie hier waren.
    Am nächsten Tag fragte er die Hotelbesitzerin nach dem Arbeitsamt und ging mit Melinda zu Fuß hin, es war nicht weit. Zu Alans Überraschung sprach der Mann an der Information sehr gut Englisch, fragte, was sie arbeiten wollten, und schickte sie in den dritten Stock. Dort saßen sie dann auf dem Flur, da saßen auch Deutsche, und es tat sich nicht viel; man musste warten, bis die gezogene Nummer aufgerufen wurde. Nach einer halben Stunde wurde Melinda ungeduldig, zappelte mit den Beinen, ging hinaus, um eine Zigarette zu rauchen, kam wieder, sagte schließlich: «Komm, wir gehen. Morgen kannst du ja erst mal allein hierherkommen, gleich in der Frühe, morgen ist sicher besser.» Sie gingen und besichtigten die Stadt, aber Melinda war schlechter Stimmung, und Alan hätte sich lieber um Arbeit gekümmert. Sie liefen die Hauptstraße hinauf, bis sie unterhalb des Schlosses waren. Hochzusteigen zum Schloss und auf die Stadt und den Fluss hinunterzusehen, verschoben sie auf den nächsten Tag.
    Sie waren dann fast jeden Abend im Pub, bis spät. Der schottische Wirt machte sie mit einer Reihe von Leuten bekannt. Ein Autohändler suchte einen Volvo-Verkäufer für Amerikaner und erklärte Alan, was er sich vorstellte; die Sache war aber noch nicht geklärt, und der Mann tauchte nicht wieder auf. Das war etwas enttäuschend, zumal Melinda erwartete, dass bald etwas passierte. Doch dann bot der Wirt an, sie könnten erst mal aushilfsweise bei ihm arbeiten, und das nahmen sie gern an. An einem Dart-Abend bediente Melinda, und Alan wusch die Gläser. Der Wirt gab ihnen dafür Geld, aber Alan meinte, sie hätten es auch so getan, um Erfahrungen zu sammeln. Am Ende des Abends kam Harold, ein Amerikaner, auf ihn zu und fragte, ob sie Arbeit suchten, er hätte vielleicht etwas für sie. In ein paar Tagen wollte er ihnen Bescheid geben. Andere gaben Alan und Melinda den Rat, bei der US Army zu fragen. Auch da ging Alan hin, füllte ein Formular aus, und man sagte ihm, er solle Anfang nächster Woche wieder anrufen.
     
    Dann kam das Osterwochenende, die Auferstehung des Herrn. Alan war eigentlich Ostern immer in die Kirche gegangen, schon wegen der Kinder. Doch dieses Jahr kam er nicht auf den Gedanken, er hatte anderes im Kopf. Sie liefen durch die Stadt, waren auf dem Schloss, hatten sogar das große Fass besichtigt. Jeden Abend gingen sie in den Pub. Die anderen Stammgäste sahen, wie es lief mit den beiden. Die deutsche Frau des Wirts erzählte später, sie seien absolut angenehme Gäste gewesen, so freundlich, und der Alan habe seine Frau sehr aufmerksam behandelt, ein echter Kavalier. Wenn sie sich vom Tresen an einen der Tische setzte, trug er ihr die Getränke hinterher. Er holte für sie Zigaretten, obwohl er selbst nicht rauchte. Und beim Darten zog er für seine Frau die Pfeile aus der Scheibe. Melinda, das sah man auch, genoss es, so bedient zu werden. Sie gab sich nicht mit anderen Männern ab, auch nicht nach mehreren Gin, einen Grund zur Eifersucht gab es nicht, bei Alan sowieso nicht. Wenn sie dann spät ins Hotel zurückkehrten, schlief Melinda sofort ein. Auch am Morgen schlief sie lange, war nicht aus dem Bett zu bekommen. Alan hingegen war stets um 7  Uhr  30 im Frühstücksraum, trank Tee, aß etwas und nahm dann eine Flasche Mineralwasser und zwei Brötchen mit aufs Zimmer. Auf Fragen des Hotelpächters sagte er jedes Mal, seine Frau fühle sich nicht so wohl. Die Zimmermädchen klopften nach wenigen Tagen nicht mehr vor zwölf.
    Ostermontag

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