Mord
waren sie sehr lange im Irish Pub. Sie trafen Harold wieder, der meinte, es klappe vielleicht mit der Arbeit; auch er verkaufte Autos. Für Melinda hatte er im Moment keine Arbeit, aber Alan sollte ihn Dienstagmorgen anrufen, er werde ihn dann abholen und zu seinem Chef bringen. «Mach dir keine Sorgen, Alan», sagte er, «das wird schon klargehen.» Alan strahlte, Melinda verzog keine Miene. Das musste jedenfalls gefeiert werden. Als der Pub um 2 Uhr schloss, schlug der Wirt vor, noch ins Shepherds zu fahren, die machten erst um 4 Uhr zu. Sie nahmen zwei Taxen, und es wurden noch einige Bier getrunken. Melinda sah sehr schön aus, fiel Alan auf. Sie wurde von drei Amerikanern angebaggert, die nicht mitgekriegt hatten, dass er und Melinda zusammen waren. Sie gaben Melinda Drinks aus, aber damit, das wusste Alan, verschwendeten sie nur ihre Zeit. Plötzlich schrie Melinda auf; ein Amerikaner war unter den Tisch gekrochen und hatte sich an ihrem Rock zu schaffen gemacht. Ab dem Moment waren ihr die Amis lästig, aber sie trank noch ziemlich viel Wein und Ouzo, wurde laut und sagte Sachen, die sie sonst nicht sagte. Oder doch lange nicht mehr gesagt hatte. Aber Alan hörte auch nicht so genau hin, sie war halt etwas betrunken. Um 4 Uhr 30 waren sie im Hotel, Ostern war vorbei, es war Dienstag, und sie fielen ins Bett, jeder auf seiner Seite.
Alan konnte nicht einschlafen. Das Angebot von Harold beschäftigte ihn, außerdem war er hungrig. Irgendwann schlief er dann doch ein, wurde aber früh wieder wach. Um kurz nach 7 Uhr war er wieder im Frühstücksraum, stillte seinen Hunger, ging zur Rezeption, verlängerte ihren Aufenthalt bis zum Wochenende und bezahlte die bisher aufgelaufene Rechnung. Um 8 Uhr weckte er Melinda, er gehe jetzt Harold anrufen. Melinda richtete sich im Bett auf, rieb ihre Augen und sagte: «Nein, lass das.» Er fragte, wieso nicht, und sie sagte: «Nein, lass das. Das ist nichts, ich trau dem Amerikaner nicht. Das ist keine ehrliche Sache, das ist nichts Gutes, was der dir anbietet.» Alan konnte das nicht verstehen, aber er merkte: Sie fing wieder an. Er wollte keinen Ärger, also ging er erst mal nicht telefonieren. Vielleicht überlegte sie es sich ja noch mal anders. «Komm ins Bett», sagte Melinda, «schlaf dich aus.» Sie rollte sich zur Seite und schlief wieder ein. Auch Alan legte sich noch mal hin und schlief ein. Mittags standen sie auf und gingen in die Stadt, wollten eine Fahrt auf dem Neckar machen. Als sie am Anleger ankamen, lag dort ein Schiff, die Tour ging aber erst um halb vier los. Melinda sagte, dass es ihr nicht gutginge, ihr Kopf täte ihr weh, und sie sah auch wirklich schlecht aus. Auf der berühmten Brücke gab es Streit, weil sie nicht weiterlaufen wollte, während Alan meinte, frische Luft sei das Beste für sie. Es war so ein schöner Tag.
Am Ende der Brücke setzten sie sich auf eine Bank. Melinda fragte, was mit ihrem Geld war, wenn nur er einen Job bekam. Sie sagte: «Wenn du hier einen Job bekommst, wirst du mich nicht mehr kennen wollen.» «Unsinn», erwiderte Alan, «wer zuerst einen Job hat, hilft dem anderen.» Er habe ja auch bis jetzt alles bezahlt, Flugtickets und Hotel und alles. Auf einmal wollte Melinda wissen, wie viel Geld Alan bisher verbraucht hatte. Das wisse er nicht genau, sagte er, nur was die Tickets gekostet hatten und was er morgens im Hotel bezahlt hatte. Da wurde Melinda giftig, meinte, eines Tages werde er ankommen und sagen, sie schulde ihm die Hälfte aller Kosten, die er nun wiederhaben wolle. Und dann würde er zwei Jahre keinen Unterhalt zahlen deswegen. Alan fand das völligen Quatsch, aber Melinda bestand darauf, dass er alles aufschrieb, was er bisher ausgegeben hatte. Okay, sagte Alan, wenn du es unbedingt willst. Daraufhin nahm er aus dem Papierkorb neben ihnen eine leere Obsttüte und schrieb auf. Melinda riss ihm die Tüte aus den Händen, warf einen Blick darauf, zerknüllte sie und warf sie auf den Boden. Alan hob sie wieder auf, faltete sie auseinander und sagte: Nein, wenn wir schon so eine Aufstellung machen, behalten wir sie. Er sah Melinda an, sie war so, wie er sie schon von früher kannte, ein Vulkan, der jeden Moment ausbrechen konnte. Gottlob hatte sie heute noch keinen Alkohol getrunken, sondern immer nur heißes Wasser, weil sie glaubte, dass sie damit ihren Alkoholspiegel senke. Sie ist wütend, dass ich einen phantastischen Job bekomme, dachte er. Und: Ich hätte Harold anrufen sollen. Harold
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