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Morddeutung: Roman (German Edition)

Morddeutung: Roman (German Edition)

Titel: Morddeutung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jed Rubenfeld
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Leichtigkeit eine Haarlocke beiseite und brachte eine böse Schramme auf der Stirn zum Vorschein. »Sehen Sie das? Die hat mir Rose gestern Abend verpasst, nachdem ihr gegangen seid. Sie hat mir eine Bratpfanne an den Kopf geworfen.«
    »Gütiger Himmel«, entfuhr es mir. »Warum denn?«
    »Wegen Jung.«
    »Was?«
    »Ich habe Rose erzählt, was ich zu Freud über Jung gesagt hatte. Da ist sie hochgegangen. Sie meinte, dass ich nur neidisch auf Jung bin, dass Freud ihn schätzt und dass ich ein Trottel bin, weil Freud meinen Neid durchschauen und ihn mir ankreiden wird. Ich habe geantwortet, dass ich guten Grund habe, eifersüchtig auf Jung zu sein, so wie sie ihn den ganzen Abend beäugt hat. Im Nachhinein muss ich zugeben, dass ich mich da vielleicht ein wenig falsch ausgedrückt habe, denn es war Jung, der sie die ganze Zeit angegafft hat. Wussten Sie übrigens, dass sie die gleiche Ausbildung hat wie ich? Aber sie kriegt keine Arbeit als Ärztin, und mit meinen vier Patienten kann ich sie auch nicht ernähren.«
    »Sie hat Ihnen eine Bratpfanne an den Kopf geworfen?« Ich starrte ihn an.
    »Ach, sparen Sie sich Ihren diagnostischen Blick. Frauen werfen nun mal mit Sachen. Alle Frauen machen das früher oder später. Das werden Sie schon noch erleben. Alle, außer Emma, Jungs Frau. Emma schenkt ihrem Carl einfach ein Vermögen, zieht seine Kinder auf und lächelt, wenn er sie betrügt. Serviert seinen Geliebten sogar das Abendessen, wenn er sie mit nach Hause bringt. Der Mann ist ein Zauberer. Nein, wirklich, wenn ich noch ein Wort über Goethe oder Humboldt höre, kann es sein, dass ich ihm den Schädel einschlage.«
    Bevor wir das Museum verließen, wäre es fast noch zu einer kleinen Krise gekommen. Freud brauchte plötzlich dringend eine Toilette, so wie schon auf Coney Island, und der Führer schickte uns ins Untergeschoss. Auf dem Weg nach unten bemerkte Freud: »Sagen Sie nichts. Ich werde durch endlose Gänge schreiten, und am Ende wartet ein Marmorpalast auf mich.« In beiden Punkten lag er richtig. Wir erreichten den Palast gerade noch rechtzeitig.

     
    Coroner Hugel kehrte erst am Dienstagabend wieder in sein Büro zurück. Den ganzen Nachmittag hatte er im Acton-Haus am Gramercy Park verbracht. Er wusste, was er in seinen Bericht schreiben musste: Aufgrund handfester Spuren – Haare, Seidenfäden, Schnurfasern – stand nun zweifelsfrei fest, dass der Mann, der Elizabeth Riverford getötet hatte, auch Nora Acton überfallen hatte. Aber etwas, was er nicht gefunden hatte, brachte den Coroner zur Weißglut. Zentimeter für Zentimeter hatte er das Schlafzimmer der Eltern durchkämmt. Auch den rückwärtigen Garten hatte er sich vorgenommen. Auf Händen und Füßen war er darin herumgekrabbelt. Wie nicht anders zu erwarten, hatte er zerbrochene Zweige, niedergetrampelte Blumen und viele andere Hinweise auf eine Flucht entdeckt, aber nirgends den gesuchten unumstößlichen Beweis, mit dem er die Identität des Täters enthüllen konnte.
    Er war erschöpft, als er in seinem Büro ankam. Entgegen der Anordnung des Bürgermeisters hatte Hugel das Angebot einer Belohnung für denjenigen, der die Leiche von Miss Riverford fand, nicht an seine Angestellten weitergeleitet. Aber daraus konnte man ihm keinen Vorwurf machen, sagte sich Hugel. Schließlich hatte ihm der Bürgermeister persönlich aufgetragen, direkt zum Haus der Actons zu fahren statt zurück ins Leichenschauhaus.
    Im Flur wartete bereits Detective Littlemore auf ihn. Littlemore berichtete, dass einer von den Jungs, ein gewisser Gitlow, im Zug nach Chicago saß. Morgen Abend würde er ankommen. In seiner typischen munteren Art erzählte er auch den merkwürdigen Vorfall von Mr. Banwell und dem Pferd. Hugel hörte aufmerksam zu und rief aus: »Banwell! Er muss die kleine Acton vor dem Hotel gesehen haben. Das war’s, was ihm einen Schrecken eingejagt hat!«
    »Miss Acton ist nicht unbedingt jemand, vor dem man erschrecken muss, Mr. Hugel«, gab Littlemore zu bedenken.
    »Sie Trottel«, tobte der Coroner. »Natürlich – er hat geglaubt, sie ist tot!«
    »Wieso sollte er das?«
    »Benutzen Sie Ihren Kopf, Detective!«
    »Wenn Banwell unser Mann ist, Mr. Hugel, dann weiß er doch, dass sie lebt.«
    »Was?«
    »Sie wollen doch andeuten, dass Banwell unser Mann ist, oder? Aber der Angreifer von Miss Acton weiß, dass sie noch lebt. Wenn also Banwell der Täter wäre, dann würde er sie nicht für tot halten.«
    »Was? Unsinn. Er könnte doch geglaubt

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