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Mordkommission

Titel: Mordkommission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Nur deshalb wohl hatte sie auch den Täter vom Aussehen her entsprechend beschrieben.
    Fast zeitgleich teilte ein anderer Kollege das Ergebnis der Überprüfung des Mieters in der Erdgeschosswohnung mit – auch er
     war wegen psychischer Auffälligkeiten aktenkundig und in Behandlung. Nun passten plötzlich die Dinge wie Puzzlesteine zusammen.
    Sofort wurde der Staatsanwalt über die neueste Entwicklung unterrichtet und die Untersuchung der sichergestellten Messer in
     die Wege geleitet. Nachdem der anonyme Anrufer ermittelt war, suchten wir ihn gleich auf. Erstaunt erkundigte er sich, wie
     wir denn auf ihn gekommen seien, war dann aber durchaus kooperationsbereit. Er schilderte ausführlich die Situation so, wie
     er sie erlebt hatte, und beschrieb den Tatverdächtigen: Und das passte eindeutig auf den Mieter der Erdgeschosswohnung! Zudem
     versicherte der Zeuge glaubhaft, dass er diesen Mann vom Sehen her kenne und auch am Tatnachmittag eindeutig erkannt habe.
     Als bald darauf das Ergebnis der DN A-Untersuchung der Messer vorlag, gab es keinen Zweifel mehr: An einem der Messer wurde sowohl die DNA des Beschuldigten als auch die DNA
     des Opfers nachgewiesen. Der Rest war Routine. Der Täter, Johannes V., wurde festgenommen und zur Dienststelle gebracht.
     
    Bei der Vernehmung stellte sich heraus, dass die junge Frau wohl nur aufgrund einer Reihe unglücklicher Zufälle zum Opfer
     geworden war. Jeder Regisseur würde ein Drehbuch mit einer derartigen Verkettung von Umständen als »völlig unglaubwürdig«
     ablehnen. Wenige Tage vor der Tat hatte |70| Johannes V. seine Schwester wiedergesehen, die lange Zeit im Ausland gelebt hatte. Er hing geradezu abgöttisch an ihr. Am
     Tattag hatten die beiden sich zum Kaffeetrinken getroffen und dabei hatte die Schwester erzählt, dass sie ein paar Tage später
     mit ihrem neuen Freund ins Ausland ziehen und dort vermutlich für immer bleiben werde. Für Johannes V., der sich so sehr auf
     die Rückkehr seiner Schwester gefreut hatte, war diese Mitteilung ein Schock.
    Nach dieser Hiobsbotschaft saß der junge Mann allein in seinem Appartement, das er aufgrund seiner Erkrankung nur selten verließ,
     und starrte betrübt aus dem Fenster. Als besonders tragisch sollte sich erweisen, dass er seine Tabletten, die er auf ärztliche
     Verordnung hin unbedingt einnehmen musste, seit längerer Zeit abgesetzt hatte. Während Johannes V. also trübsinnig auf die
     Straße schaute, kam die Krankenschwester unbeschwert des Weges und stieg vor seinen Augen in ihren Wagen. Wenn sie jetzt gleich
     weggefahren wäre, wäre sie ihrem Schicksal entronnen. Doch bereits im Fahrzeug sitzend, fiel ihr ein, dass sie einen Besuchsbericht
     über einen ihrer kleinen Patienten noch ergänzen musste. Da sie gut in ihrem Zeitplan lag, stieg sie wieder aus, ging zum
     Kofferraum, wo sie die Berichte verwahrte, und beugte sich über die Mappe.
    Als weiterer tragischer Zufall erwies es sich, dass die junge Frau von hinten in Größe, Gestalt, Frisur und Haarfarbe verblüffend
     der Schwester von Johannes V. ähnelte, was wohl letztlich eine Kurzschlusshandlung bei diesem auslöste. Er nahm ein Messer
     aus seiner Besteckschublade, verließ die Wohnung, überquerte die Fahrbahn und rammte dem vollkommen arglosen Opfer das Messer
     in den Rücken. Seelenruhig und ohne von der Zeugin in seiner unmittelbaren Nähe Notiz zu nehmen, kehrte er in seine Wohnung
     zurück, wo wir ihn kurze Zeit später antrafen.
     
    Ein Gutachter bescheinigte ihm Schuldunfähigkeit, und so wurde Johannes V. in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht,
     was das Gericht in dem folgenden Prozess bestätigte. Die Geschädigte aber schmiedete mit bewundernswerter |71| Zuversicht und eiserner Willenskraft erstaunliche Zukunftspläne: zwar würde die außerordentlich sportliche junge Frau nie
     wieder Marathon laufen können. Doch schon kurz nachdem sie die niederschmetternde Diagnose erhalten hatte, erklärte sie meinen
     Kollegen im Krankenbett, dass sie auch weiterhin Leistungssport betreiben werde – und zwar als Radrennfahrerin! In ihrer Stimme
     lag nicht der geringste Zweifel, dass sie dieses Ziel erreichen würde. Mit unglaublicher Disziplin begann sie zu trainieren.
     Bald darauf heiratete sie ihren langjährigen Freund, wozu sie zwei unserer Kollegen, die sie aufmunternd in den Monaten nach
     der Tat betreut hatten, einlud. Bei der Hochzeitsfeier – zu der sie die Kollegen mit dem legendären Funkwagen »Isar

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