Mordkommission
Nachrichtensender fast stündlich darüber berichteten, lasen die Beamten das Fernschreiben mit besonderem Interesse.
Schließlich traten sie ihre Streifenfahrt an. Es herrschte nur geringes Verkehrsaufkommen, das Wetter war schön und der Montag
versprach, ein ruhiger Tag zu werden. Routinemäßig steuerten die Beamten ihren zivilen Wagen in die Abfahrt des ersten Parkplatzes
entlang ihres Streifenweges, um dort wie üblich nach dem Rechten zu sehen. Doch schon im nächsten Moment sollte es schlagartig
mit dem ruhigen Morgen vorbei sein, denn das erste Fahrzeug, das sie auf dem fast menschenleeren Parkplatz sahen, war der
gesuchte Mercedes. Und im Fahrzeug saß ein Mann. Die Beamten fuhren unauffällig an dem Wagen vorbei, um zu besprechen, wie
sie weiter vorgehen sollten. In diesem Augenblick sahen sie auch das zweite gesuchte Fahrzeug in einer Parkbucht, den Audi
mit dem Münchner Kennzeichen. Und auch darin befand sich ein Mann! Saßen die beiden Mörder der jungen Frauen vor ihnen, in
den zur Fahndung ausgeschriebenen Fahrzeugen?
Die Beamten reagierten trotz ihrer inneren Anspannung sehr besonnen. Sie parkten in der Nähe der Ausfahrt, entschlossen, diese
im Falle einer Weiterfahrt der gesuchten Fahrzeuge zu blockieren. Über Funk forderten sie dringend Unterstützung bei ihrer
Einsatzzentrale an. Man kann sich unschwer vorstellen, welche Aktivitäten dieser Funkspruch auslöste. Jede Streife im Umkreis,
die irgendwie abkömmlich war, nahm unter Sirenengeheul Kurs auf den Parkplatz. Dort wurde die Verstärkung sehnsüchtig von
den Beamten der Zivilstreife erwartet. Minute um Minute verrann. Plötzlich wurden die beiden Fahrzeuge gestartet, doch gerade
als sie sich in Bewegung setzten, erreichten die ersten Streifenbesatzungen zur großen Erleichterung der Zivilfahnder den
Parkplatz. Der Zugriff kam für die beiden Männer so überraschend, dass sie sich ohne Widerstand zu leisten festnehmen |77| ließen. Rasch stand fest, dass es sich tatsächlich um Milan B. und seinen Vater handelte. Sofort reisten zwei Vernehmungsteams
der Münchner Mordkommission zur Polizeidienststelle nach Rosenheim, wohin die beiden Festgenommenen – natürlich getrennt voneinander
– zunächst gebracht worden waren. Die beiden Fahrzeuge wurden abgeschleppt, um sie spurentechnisch zu untersuchen.
Im Laufe der Vernehmungen – insbesondere auch aufgrund der unumwundenen Geständnisse des Täters und seines Vaters – und anhand
der weiteren Ermittlungen kristallisierte sich nach und nach ein Sachverhalt heraus, der selbst den altgedienten Beamten der
Mordkommission das Blut in den Adern gefrieren ließ. Die zwanzigjährige Senta H. hatte nach zahlreichen Streitigkeiten beschlossen,
sich von ihrem Freund zu trennen. Letzter Anlass für ihre Entscheidung war, dass sie ihrem Freund Geld gegeben hatte, um für
sie ein Auto zu kaufen. Milan B. aber hatte das Geld verwendet, um sich selbst ein Motorrad zu kaufen. Aus Angst vor seinen
Aggressionen wollte sie an dem Tag ausziehen, an dem Milan B. die Prüfung für seinen Motorradführerschein absolvierte. Kaum
hatte er die Wohnung verlassen, rief sie ihre Freundin und Mitschülerin Aylin F. in Fürstenfeldbruck an und bat sie, ihr beizustehen
und beim Auszug behilflich zu sein. Damit besiegelte sie ihrer beider Todesurteil. Aylin F. stieg hilfsbereit sofort in ein
Taxi. Während die beiden Sachen zusammenpackten, ging plötzlich die Tür auf und Milan B. betrat die Wohnung – viel früher,
als seine Freundin erwartet hatte.
Er hatte die theoretische Fahrprüfung fehlerfrei bestanden, die im Anschluss anberaumte praktische Prüfung war jedoch abgesagt
worden, sodass er früher als angekündigt wieder zu Hause eintraf. Mit einem Blick erfasste er die Situation. In diesem Moment
klingelte sein Handy, und eine junge Frau, die er erst vor Kurzem kennengelernt hatte, rief ihn an. Das Telefonat wollte Senta
H. ausnützen, sie versuchte, an ihm vorbei aus der Wohnung zu flüchten. Hasserfüllt stach der Täter in diesem Augenblick mit
einem Messer mehrfach auf sie ein, Senta H. fiel blutend |78| zu Boden. Aylin F. rannte daraufhin schreiend ins Treppenhaus. Doch Milan B. folgte ihr, stach sie im Treppenhaus ebenfalls
nieder und zog die tödlich verletzte Frau in die Wohnung zurück. Die Schreie und den Lärm hatte das Mädchen am Telefon mitgehört,
ohne zu ahnen, dass sie Zeugin eines Doppelmordes geworden war. Allerdings ängstigte sie
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