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Mordkommission

Titel: Mordkommission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Probleme mit der Polizei habe, und er könnte es nicht verwinden, wenn den Hunden ein
     Leid geschähe. Dann bat er darum, die Hunde in seinem Namen einem Bekannten anzubieten, dort hätten sie es besser als in einem
     Tierheim. Wir versprachen, seine Bitte an die Kollegen aus Bremerhaven weiterzuleiten. Nach kurzem Schweigen fing der Täter
     an, uns von seinem Leben zu erzählen. Ich machte ihn vorsorglich nochmals auf die bereits vor Beginn seiner Vernehmung erteilte
     Belehrung aufmerksam.
    |104| Er sei sich dessen bewusst, erwiderte Otto D., er wolle aber mit uns jetzt und ohne Anwalt sprechen. Mit leiser Stimme, immer
     wieder von minutenlangem Schweigen unterbrochen, begann er zu erzählen. Wir erfuhren von einer unglücklichen Kindheit, unerfüllten
     Träumen und Sehnsüchten. Der Beschuldigte erklärte ausdrücklich nach einem entsprechenden Hinweis, dass wir alles, was er
     berichtete, verwenden dürften. Ich schrieb daraufhin seine Angaben stichpunktartig mit. Als er bemerkte, dass ich mit meinen
     Notizen nicht nachkam, war er einverstanden, das Gespräch mit einem Diktiergerät aufzunehmen. Auf unsere Fragen antwortete
     er direkt ins Mikrofon des kleinen Tonbandgerätes.
    Nach etwa einer halben Stunde Fahrt brachten wir das Gespräch auf den Mord an Sinead. Otto D. räumte ein, dass er zur Tatzeit
     im Rahmen eines kurzen Beschäftigungsverhältnisses in München gewesen sei, dort habe er aber mit keinem Mädchen eine wie auch
     immer geartete Beziehung gehabt. Ein sexuelles Verhältnis in dieser Zeit könne er mit absoluter Sicherheit ausschließen. Unauffällig
     sah ich zu meinem Kollegen hinüber, der sich auf das Fahren konzentrieren musste. Er erwiderte meinen Blick kurz, und uns
     war beiden klar, dass es für den Beschuldigten jetzt kein Zurück mehr gab. Ich wartete noch einen kurzen Moment, ehe ich mich
     nach hinten umdrehte und Otto D. mit ruhiger, aber überzeugter Stimme erklärte, dass wir seiner im Büro gemachten Aussage,
     das Mädchen nicht zu kennen, keinen Glauben schenken könnten. Ich erklärte ihm, dass seine DNA am Opfer gefunden worden war
     und sich daraus eindeutig ergab, dass es zwischen ihm und Sinead zu einem sexuellen Kontakt gekommen war. Minutenlang herrschte
     nach dieser Erklärung völliges Schweigen im Auto. Dann folgte – kaum verständlich – das Eingeständnis: »Ja, ich war’s.«
    Es schien so, als wäre eine Zentnerlast von seinen Schultern gefallen. Aber nicht nur von seinen. Auch für uns bedeuteten
     diese Worte eine unbeschreibliche Erleichterung. Nun erst konnten wir sicher sein, niemanden |105| zu Unrecht in eine so belastende Situation gebracht zu haben. Immer wieder hatte ich mir in den vergangenen Monaten vorgestellt,
     was es wohl für ein Gefühl wäre, dieses unsägliche Verbrechen aufzuklären und den Täter zu überführen. Nun, wo wir am Ziel
     waren, blieb nur noch Beklommenheit. Hinter mir im Auto saß ein gebrochener Mensch, der das Leben eines anderen Menschen in
     grausamster Art zerstört und den Angehörigen seines Opfers unbeschreibliches Leid zugefügt hatte. Aber hatte ich das Recht,
     mich darüber zu freuen, mit dazu beigetragen zu haben, den Täter nun für sehr lange Zeit, vielleicht sogar für immer, ins
     Gefängnis zu bringen? Nein, Freude konnte ich nicht empfinden, allenfalls Erleichterung darüber, dass es gelungen war, diesen
     Fall zu klären. Ich musste an die Eltern des Opfers denken, die gerade irgendwo in Irland ihrer täglichen Beschäftigung nachgingen,
     ohne zu ahnen, dass in diesem Augenblick der Mensch, der ihr Leben von einem Tag auf den anderen zerstört hatte, für seine
     Tat zur Rechenschaft gezogen wurde.
    Ich maße mir nicht an, ein Urteil über den Täter zu fällen. Das ist zum Glück nicht meine Aufgabe, ist nicht die Aufgabe der
     Polizei. Wir haben Sachverhalte aufzuklären, be- wie entlastendes Material zu sammeln und zur Bewertung an die Justiz weiterzuleiten.
     Nicht mehr und nicht weniger. Um dieser hohen Anforderung gerecht zu werden, bleibt kein Raum für private Gefühle. Sich hierbei
     von Emotionen beeinflussen zu lassen, hieße schlicht, unprofessionell zu arbeiten. Die Opfer in unserem blutigen Geschäft
     beziehungsweise deren Angehörige aber haben einen Anspruch darauf, dass ihr Wunsch nach Sühne mit höchster Professionalität
     verfolgt wird. Ich spürte in diesem Augenblick aber auch ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass mein Leben, meine Kindheit,
     meine Jugend so ganz

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