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Mordkommission

Titel: Mordkommission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Widerstand zu erwarten sein würde. Sein Blick verlor sich in
     der Ferne, die Schultern sackten nach vorne und seine Stimme war kaum zu verstehen, wenn er auf unsere Fragen antwortete.
     Wir händigten dem Mann den Haftbefehl und den Durchsuchungsbeschluss aus und ließen ihm Zeit, die Dokumente durchzulesen.
     Nun legten wir dem Beschuldigten zur Eigensicherung und zur Verhinderung eines Fluchtversuches Handfesseln an. Gemeinsam mit
     ihm und einer Durchsuchungszeugin betraten wir sein Zimmer und begannen, es systematisch und mit großer Akribie nach Beweismitteln
     zu durchsuchen, was allerdings keinerlei Hinweise auf die Tat erbrachte. Wie weiter vorne schon angesprochen, lassen sich
     mitunter auch nach so langer Zeit noch Beweismittel finden, und zwar zumeist dann, wenn die Täter zur Erinnerung an ihre Taten
     »Trophäen« sammeln. Dies können Fotos ermordeter Opfer oder Zeitungsausschnitte über die Tat, Wäschestücke vergewaltigter
     Frauen, abgeschnittene Haarlocken oder andere persönliche Gegenstände, wie Schmuck oder Ausweise, sein.
    Wir transportierten den Verhafteten in unserem Dienstwagen ins Präsidium. Zögernd räumte Fritz B. schließlich bei seiner Vernehmung
     ein, »für den Tod der Frau verantwortlich« zu sein. Er habe bereits in den letzten Monaten immer wieder gelesen, dass alte
     Mordfälle nach und nach |123| dank der modernen kriminaltechnischen Möglichkeiten geklärt werden können, und deswegen auch schon ernsthaft erwogen, sich
     selbst bei der Polizei zu stellen: Letztlich aber habe ihm dazu der Mut gefehlt.
    An Einzelheiten konnte er sich angeblich nicht mehr erinnern, er sei damals stark betrunken gewesen. Dennoch konnte er Details
     zu der Tatwohnung und zum Opfer angeben, die zweifelsfrei Täterwissen preisgaben. Seine Täterschaft stand somit für uns eindeutig
     fest. Da am Opfer seinerzeit Spuren sexueller Handlungen festgestellt worden waren und Fritz B. damals fast sechzig Jahre
     jünger als sein Opfer war, erschien es uns nachvollziehbar zu sein, dass er aus Scham zur eigentlichen Tat Erinnerungslücken
     vorgab. Diese bewahrten ihn jedoch nicht vor einer langjährigen Freiheitsstrafe.

|124| Im Blutrausch
    Pünktlich um 16.30   Uhr Feierabend zu machen und nach Hause zu fahren,erwies sich an diesem schönen Herbstabend als keine gute Idee. Denn nun
     musste ich einen erheblich längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen, um zu einem Appartement in einer ruhigen Wohngegend im Süden
     Münchens zu kommen, in dem eine junge Vietnamesin erstochen aufgefunden worden war. Zunächst war das Geschehen gar nicht als
     Tötungsdelikt erkannt worden, weshalb eine Besatzung des Kriminaldauerdienstes im Beisein eines Leichenschauers damit begonnen
     hatte, die Tote zu entkleiden. Erst als sie die Leiche umdrehten, entdeckten die Kollegen zahlreiche Einstiche, woraufhin
     sie sofort jegliche weitere Aktivität am Tatort einstellten und nichts mehr veränderten.
     
    Meine Frau brachte mir – noch während ich telefonierte – wortlos eine Tasse Kaffee und fragte leise: »Abendessen?« Ich legte
     die Hand kurz über die Sprechmuschel. »Leider ohne mich!« Vor meinem geistigen Auge zog für einen Moment eine große Platte
     mit griechischen Spezialitäten vorüber, genannt Delphiteller, die heute Abend unverzehrt in der Küche meines Lieblingsgriechen
     stehenbleiben würde. Aber beim Gedanken an meine neue Badezimmerwaage mit der Einhundert-Gramm-Einteilung fiel mir der Verzicht
     nicht ganz so schwer.
    Ich verabschiedete mich von meiner Frau, die zu begrüßen ich noch gar nicht richtig Zeit gefunden hatte, würgte einen Gesprächsversuch
     meines Nachbarn im Vorgarten mit einer Entschuldigung ab und startete. Am Einsatzort erwarteten mich rund dreißig Minuten
     später die Erstzugriffsbeamten der zuständigen Polizeiinspektion, die mir einen handschriftlich ausgefüllten Bericht übergaben.
     Die Tote hatte vermutlich im Erdgeschoss dieses dreigeschossigen Appartementhauses gewohnt und als Bedienung in einem vornehmen |125| Restaurant in der Nähe gearbeitet. Ob es sich bei der Toten allerdings tatsächlich um die Wohnungsinhaberin handle, sei derzeit
     unbekannt. Bereits vor dem Eintreffen der Schutzpolizei hatten Feuerwehrleute die Wohnungstür eingetreten. Bei einem Blick
     durch das Fenster hatten die Retter die Frau in einer großen Blutlache am Boden liegen sehen und rasch gehandelt, da nicht
     feststand, ob sie noch lebte. Sie mussten jedoch feststellen, dass jede Hilfe zu

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