Mordkommission
großen |200| Strafkammer am Landgericht München I ergaben, wurde die junge Kurdin im Alter von 18 Jahren gegen ihren Willen mit dem Angeklagten im Irak verheiratet. Vor der Hochzeit durfte sie ihren zukünftigen Mann gerade
einmal 25 Minuten sehen, nach ihrer Meinung wurde sie nicht gefragt. Die Familie bestand auf den althergebrachten Traditionen und ignorierte
die Gefühle ihrer Tochter. »Mehrere zehntausend Euro« hatte der Angeklagte nach eigenen Angaben für Geschenke, Schmuck und
Reisekosten aufgewendet. Allerdings sagte ein Onkel vor Gericht aus, dass dies der Kaufpreis für das Mädchen gewesen sei.
Das im Irak vermählte Paar zog bald darauf nach München, die Frau wurde schwanger und bekam einen Sohn. Es begann ein jahrelanges
Ehemartyrium, die Frau war praktisch rechtlos und wurde von ihrem Ehemann misshandelt. Es gab niemanden in ihrer Familie,
dem sie ihr Leid klagen konnte, und erst recht niemanden, bei dem sie auf Hilfe hoffen durfte. Schließlich nahm die Frau all
ihren Mut zusammen und verließ ihren Mann. Für den Sohn erhielt sie das alleinige Sorgerecht. Der verlassene Ehemann fühlte
sich in seiner Ehre verletzt und begann, seine Frau in blindem Hass massiv zu verfolgen und zu terrorisieren. So brüstete
er sich vor Gericht damit, mitunter bis zu 300 Mal täglich bei seiner Frau angerufen und sie bedroht und beschimpft zu haben. Er stieg in ihre Wohnung ein, zerschnitt ihre
Kleidung und entwendete die Post aus ihrem Briefkasten.
Trotzdem war die Frau entschlossen, sich dem Terror nicht zu beugen. Freundinnen schilderten, dass die junge Frau nach der
Trennung förmlich aufblühte. Gegen ihren Mann erwirkte die mutige Frau ein Kontaktverbot und erstattete schließlich nach dem
Gewaltschutzgesetz Anzeige gegen ihn, da er sich um das Verbot in keiner Weise scherte. Parallel dazu hatte die Frau ihre
Scheidung eingereicht. Eine kurz vor dem Scheidungstermin anberaumte Verhandlung gegen den Ehemann wegen dessen ständiger
Stalkingaktivitäten wurde durch das Gericht ausgesetzt, um ein Glaubwürdigkeitsgutachten in Auftrag zu geben, |201| mit dem das Gericht die Aussagen der Ehefrau auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen lassen wollte. Wie sich kurze Zeit später
auf dramatische Weise zeigte, bedurfte es dieses Glaubwürdigkeitsgutachtens nicht mehr, um sicher sein zu können, dass die
Frau die Wahrheit gesagt hatte.
Als wir den Täter vom Tod seiner Exfrau unterrichteten, sagte er als Erstes, er sei froh, dass sie gestorben sei, da sie ihn
verraten und dafür den Tod verdient habe.
|202| Der Maseratimörder
Kurz vor Weihnachten begann für unsere Kommission der Bereitschaftsdienst. Schon am ersten Abend mussten wir einen Fall übernehmen,
der uns alle sehr bewegte und der uns intensiv beschäftigen sollte. Der Anruf erfolgte kurz nach 17.30 Uhr. In einem Einfamilienhaus in einer ruhigen, vornehmen Gegend im Münchner Osten hatte es einen Mord gegeben. Nach der Rückkehr
von einer Dienstreise hatte ein Mann seine Frau gefesselt und geknebelt und offensichtlich durch mehrere Messerstiche getötet
im Ehebett aufgefunden.
Der Täter war mit dem auffälligen Sportwagen der Frau geflüchtet, verursachte einen Unfall und wollte zu Fuß weiter. Bei der
Flucht wurde er verfolgt und festgenommen, ohne dass die Kollegen zu diesem Zeitpunkt etwas von dem Mord an der Fahrzeughalterin,
der Münchner Patentanwältin Bettina S., ahnten. Als sie ihn zur Aufnahme des Unfalls im Streifenwagen zur Dienststelle transportierten,
wurde über Funk der Mord an Bettina S. gemeldet, was der Festgenommene mitbekam. Er erklärte den verblüfften Beamten, dass
er der gesuchte Mörder sei.
Durch Schnee und Eis machte ich mich auf den Weg zum Tatort, wo ich weitere Einzelheiten erfuhr. Bettina S. hatte ihren Mann
Axel am frühen Morgen zum Flughafen gebracht. Nachdem er mehrfach vergeblich versucht hatte, seine Frau auf ihrem Handy zu
sprechen, rief Axel S. am Nachmittag in ihrer Kanzlei an. Doch auch dort war sie nicht zu erreichen. Er erfuhr, dass sie gar
nicht zur Arbeit erschienen war, sich aber die Polizei gemeldet und mitgeteilt hatte, dass der Maserati seiner Frau in einen
Verkehrsunfall verwickelt war und der Fahrer, ein jüngerer Mann, Unfallflucht begangen hatte. Da Bettina S. auch zu Hause
nicht ans Telefon ging, machte sich der Ehemann ernsthafte Sorgen. Niemals würde seine Frau Fahrerflucht begehen. |203| Nachdem er wieder in
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