Mordkommission
er nicht erreicht: Der Brief lag für ihn unerreichbar in einem
Tresor in der Kanzlei.
Der Täter, der keinen Führerschein besaß, beabsichtigte nun, eine Spritztour zu unternehmen. Wie sich jedoch zeigte, war er
mit der Bedienung des schnellen und leistungsstarken Sportwagens, noch dazu bei winterlichen Straßenverhältnissen, restlos
überfordert. In einem Kreuzungsbereich verlor er die Kontrolle über das Fahrzeug, prallte gegen einen Lichtmast und danach
gegen ein anderes Fahrzeug. Da er den beschädigten Maserati nicht mehr starten konnte, flüchtete er zu Fuß vom Unfallort.
Ein beherzter Zeuge, ein Angehöriger der Berufsfeuerwehr, der von einem Linienbus aus alles beobachtet hatte, forderte den
Busfahrer auf, ihn an der Unfallstelle aussteigen zu lassen. Anschließend folgte er dem Flüchtenden zusammen mit anderen Zeugen
und verständigte über sein Handy die Polizei, die den Mann schließlich in einem Gestrüpp, in dem er sich verstecken wollte,
aufstöberte und festnahm.
Das Schwurgericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Mörder zu einer lebenslangen Haftstrafe und
erkannte zudem auf die besondere Schwere der Schuld.
|206| Tödlicher Streit um Ruhestörung
Nicht nur innerfamiliäre Konflikte können eskalieren – an einem eisigen Februarabend informierte mich gegen 22.30 Uhr der Kollege der Bereitschaftskommission, dass es in einem südöstlichen Vorort Münchens im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses
zwischen zwei Nachbarn zu einem Streit gekommen war, in dessen Verlauf einer der beiden Kontrahenten den anderen erstochen
hatte. Der Täter war festgenommen, der Tatort abgesperrt. Der Getötete war 35 Jahre alt. Angehörige des KIT, also des Kriseninterventionsteams, betreuten seine Bekannte, die die Tat beobachtet hatte.
Im bereits erwähnten Kriseninterventionsteam der großen Rettungsverbände sind überwiegend ausgebildete Rettungssanitäter ehrenamtlich
tätig. Sie versehen rund um die Uhr Rufbereitschaft und werden immer dann alarmiert, wenn es darum geht, Menschen in höchster
seelischer Not psychologisch zu unterstützen und traumatisierte Personen kurzfristig in fachärztliche Hände zu vermitteln.
Für die Polizei ist die Unterstützung des KIT bei psychisch belastenden Extremsituationen von unschätzbarer Bedeutung, da
man bei einem Einsatz in der Regel weder die erforderliche Ruhe hat noch die Zeit aufbringen kann, sich mit der gebotenen
Intensität um die Betroffenen zu kümmern.
Der Dienstwagen auf der Straße vor meinem Haus war mit einem dicken Eispanzer überzogen. Mühsam kratzte ich die Scheiben frei
und schlitterte dann mehr, als ich fuhr, bis ich eine geräumte Hauptstraße erreichte. Das monotone Auf und Ab des Martinshorns
und das Blaulicht verschafften mir freie Fahrt, nach etwa einer halben Stunde erreichte ich den Tatort. Das Haus wirkte heruntergekommen,
die Bewohner gehörten dem Anschein nach nicht unbedingt zur sozialen Oberschicht. Trotz der eisigen Kälte standen Anwohner
der Siedlung in kleinen Grüppchen in Hofeinfahrten |207| und auf dem Gehweg herum. Gedämpfte Unterhaltung im Angesicht des Todes, der so nah ein Opfer gefunden hat, und neugierige
Blicke der Schaulustigen sind ein vertrautes Szenario, das einen immer wieder an Schauplätzen blutiger Verbrechen erwartet.
Das spätere Opfer, Albert S., hatte Besuch von einer Bekannten, sein betrunkener Nachbar störte aber fortwährend die Unterhaltung.
Also komplimentierte der genervte Wohnungsinhaber seinen Nachbarn kurz entschlossen aus der Wohnung hinaus. Dieser wohnte
gegenüber und randalierte wegen des Rauswurfs lautstark so lange herum, bis Albert S. die Geduld verlor, zur Wohnung des Tobenden
ging und diesen nachdrücklich aufforderte, seine verbalen Attacken einzustellen. Angeblich hatte der erboste und in seiner
trauten Zweisamkeit gestörte Albert S. seiner Forderung nach Ruhe mit einem Hockeyschläger Nachdruck verliehen; dies konnte
durch die weiteren Ermittlungen jedoch nicht bestätigt werden.
Aufgrund dieser Auseinandersetzung wollte die Bekannte von Albert S. nicht länger bleiben und bat ihn nach seiner Rückkehr,
sie doch an der Wohnung des tobenden Nachbarn vorbei nach draußen zu begleiten. Noch ehe Albert S. sich von seiner Besucherin
vor der Haustür verabschieden konnte, tauchte wutschnaubend sein Widersacher oben am Treppenabsatz auf und forderte ihn auf,
zu ihm zu kommen, damit er ihn
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