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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
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darüber diskutieren.
    »Vielleicht komme ich ja zu dir«, sagte sie jetzt. Das war neu. Auf diese Idee war sie bisher nur einmal gekommen und er wäre lieber zu ihr nach Island geflogen.
    »Ja klar. Du kannst bei mir wohnen, solange du willst, das weißt du.«
    Er hörte, wie eine andere Stimme etwas sagte. Sie hatte offenbar die Hand über den Hörer gelegt, denn er konnte nicht verstehen, was gesagt wurde.
    »Das Brot ist jetzt fertig. Árni möchte, dass wir essen, sonst wird es kalt«, sagte sie schließlich.
    »Wenn du herkommen willst, buche ich dir einen Flug.«
    »Ich rufe dich wieder an. Ich vermisse dich.«
    Er legte den Hörer auf, und ein seltsames Gefühl blieb bei ihm zurück. Es war beinahe wie bei einem Traum, aus dem man nur halb erwachte und verzweifelt versuchte, ihn zu Ende zu träumen.
    Davídsson hing an seiner Schwester und trotzdem war es kompliziert mit ihr. Jedes Mal, wenn sie miteinander telefonierten, waren da unausgesprochene Worte zwischen ihnen. Er wollte ihr etwas von sich erzählen, tat es aber aus irgendeinem Grund nicht und er spürte, dass sie das gleiche Problem hatte.
    Er glaubte, dass es die räumliche Distanz war, die das verhinderte.
    Wie konnte er die Probleme und Freuden seiner Schwester verstehen, wenn er nicht in ihrer Nähe war? Wenn er nicht sehen konnte, was sie gerade tat? Ihr nicht am Gesicht ansehen konnte, was sie gerade dachte oder empfand? Das konnte man mit Worten nicht beschreiben. Man konnte es versuchen, aber es würde nie so werden, wie wenn man sich gegenübersaß.
     
    »Was machen die da draußen eigentlich?« Davídsson hatte das Gebäude wieder über die Metallkonstruktion betreten, aber der Baulärm kam jetzt von weiter oberhalb.
    Engbers zuckte ein paarmal mit den Schultern. »Auf jeden Fall unerträglichen Lärm.«
    »Vielleicht zapfen die das LKA an.« Heinzelmann schob seine Brille zurück. »Das haben die in der DDR auch so gemacht.«
    »Ja genau, Tarnung ist alles«, sagte jetzt Andreas Rach, der das Ganze amüsiert verfolgte. Die Stimmung war besser geworden, seitdem Engbers wieder rauchte, und das spürten alle.
    Engbers nahm den letzten Zug an der Zigarette und warf sie anschließend aus dem Fenster. Er hatte es nur einen Spalt weit geöffnet, aber das reichte, um den Lärm in den Raum zu lassen. Jetzt schloss er es wieder und es wurde ein wenig ruhiger.
    »Was haben wir?«, fragte er, nachdem er sich zu den anderen an den Tisch gesetzt hatte.
    »Was für persönliche Gegenstände haben wir eigentlich in der Wohnung unseres Opfers gefunden?« Davídsson sah Rach an.
    »Unterwäsche, zwei Hemden und ein Paar Schuhe, ein Regenschirm und Badezeug, Geschirr und was man eben so zum Leben braucht.« Rach las aus seinen Notizen ab.
    »Das ist doch ziemlich wenig für eine richtige Wohnung, oder?«
    Engbers Stirn legte sich in Falten. Er strich sich ein paarmal über den halb geöffneten Mund.
    »Wir wissen nicht, wovon Bernd Propstmeyer gelebt hat«, warf Andreas Rach ein.
    »Du meinst die alten Möbel und die wenigen persönlichen Sachen?«, fragte Engbers.
    »Ja.«
    »Vielleicht war er zu arm, um sich neue Sachen zu leisten.« Engbers sah den Bericht der Spurensicherung noch einmal durch. »Ich habe schon Fälle erlebt, wo Leute aus lauter Armut Nudeln mit Hundefutter gegessen haben.«
    »Das ist gerade hier in Berlin keine Seltenheit«, sagte Heinzelmann.
    »Gab es denn irgendwelche wertvollen Sachen?«
    »Vielleicht für einen Sammler, aber sicher nichts, was unsereins als wertvoll bezeichnen würde.«
    »Es gibt da noch eine andere Möglichkeit. Vielleicht war es nämlich einfach nur eine zweite Wohnung, oder das ist sogar seine Zweitwohnung.« Ólafur Davídsson sah in die Runde. Alle schienen nachzudenken.
    »Du meinst, es war nicht seine einzige Wohnung?«
    »Das könnte doch sein. Es ist immerhin auch keine Seltenheit in Berlin. Es gibt viele Pendler, die hier eine Zweitwohnung haben.«
    »Mhm«, stimmte jetzt auch Andreas Rach zu.
    »Vielleicht bekommst du ja doch noch die Gelegenheit, dir seine Philharmonie-Freundin vorzunehmen«, sagte jetzt Davídsson.
    Engbers grinste breit. Der Gedanke daran gefiel ihm. »Wir werden dieser Spur auf jeden Fall nachgehen.«
    »Was heißt Philharmonie-Freundin?«, fragte Heinzelmann, der als Einziger nichts von der Eintrittskarte am Tatort und der Aussage von Evelyn Schrauder wusste.
    »Die Freundin von Bernd Propstmeyer war einen Tag vor seiner Ermordung mit ihm in der Berliner Philharmonie. Eigentlich

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