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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
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An der Garderobe gab es keine Kleidung.
    Davídsson ging in das schmale Schlafzimmer. Er öffnete die Tür des Kleiderschrankes – er war leer.
    Er spürte, wie sein Puls raste, obwohl er sich nicht angestrengt hatte.
    Ihm war gerade eine Idee gekommen.
     

6
     
    D as Böse hatte gewonnen, zumindest beim Wetter. Als Davídsson das Haus verließ, regnete es wieder. Von der Macht der Sonnenstrahlen war auf der Haut nichts mehr zu spüren. Stattdessen war seine Kleidung durchnässt, bevor er sein Auto erreichen konnte.
    Davídsson setzte sich hinters Steuer, aber startete den Motor nicht. Durch die Windschutzscheibe sah er auf einen Atelierturm, dessen achteckiges Dach mit Kupferpatina überzogen war. Erst jetzt sah er, dass diese Siedlung eine eigene Welt war, scheinbar völlig autark vom Rest ihrer Umgebung. Berlin wirkte jetzt weit weg, obwohl er mittendrin war. Es war ruhiger hier, friedlicher als in anderen Stadtteilen, fast wie eine Oase im Großstadtdschungel.
    Jedenfalls wirkte es so.
    Er schaltete die Scheibenwischer ein, die träge über die Scheibe glitten, um für ein paar Sekunden eine klare Sicht in diese Welt zu ermöglichen.
    Es gab einen Grünstreifen, auf dem sich zwei Skulpturen gegenüberstanden, die sich aber dabei trotzdem nicht ansahen. Das Ganze endete mit einem in Hecken eingefassten großen ovalen Brunnen und einer Fontäne, die jetzt im Regen trostlos wirkte. Bei schönem Wetter konnte man vor seinem Haus unter Kastanienbäumen sitzen, aber jetzt waren alle Bänke verwaist.
    Die Straßen und Häuser umrahmten das Grün in einem leichten Bogen, wie eine Festungsmauer. Sie waren alle im gleichen symmetrischen Stil erbaut worden, aber er konnte Unterschiede an den Ornamenten erkennen, die mal eine lebensnahe Darstellung vom kindlichen Alltag boten und mal den damals modernen Verkehr zeigten.
    Das Haus, in dem Bernd Propstmeyer eine Wohnung hatte, war größer als die anderen und stand in einer Seitengasse, in die man nur als Fußgänger und Fahrradfahrer gelangen konnte. Eigentlich war es ein Doppelhaus mit nur einem großen Portal, das reichlich mit Figuren und Mustern verziert worden war und das in einen dunklen Empfang mündete. Die Bewohner der beiden Häuser stellten dort ihre Fahrräder ab und Davídsson hatte bei seinem ersten Besuch eine Gehhilfe darin stehen sehen.
    Dieser Empfang hatte auf seine Art etwas. Vielleicht lag es an den graubraunen Klinkern, an den hohen Wänden oder an der Kassettendecke mit rotem und weißem Stuck, die diesen Raum schwer und damit fast ein wenig feudal wirken ließen. Eine einsame kleine Lampe aus den 1950er Jahren brachte nur einen schwachen Lichtschein, aber er genügte, um den schmalen Treppenaufgang zu den beiden Häusern links und rechts zu finden.
    Der Regen wurde stärker und Davídsson schaltete die Scheibenwischer auf eine schnellere Stufe. Alles wirkte jetzt wie in einem Film, der ein kleines bisschen zu langsam ablief und bei dem man ab und zu die schwarzen Balken zwischen den einzelnen Bildern sehen konnte.
    Die Vorsprünge der Häuser würden bei schönem Wetter durch ihre Licht- und Schattenwirkung sehr plastisch wirken. Er versuchte sich die rosa Blüten der Kastanien vorzustellen, die die Straßen säumten. Im Frühling würde das Leben in dieser Siedlung zu einem Genuss werden. Vielleicht würde das Sonnenlicht dann sogar bis in den düsteren Eingang reichen, aber wer würde dann nicht lieber im Freien sitzen und die Natur genießen.
    Das Ganze hatte etwas, das Ólafur Davídsson an ein öffentliches Freilichtmuseum im Art déco erinnerte.
    Engbers hatte recht: Selbst dieser Ort passte zu dem, was sie bisher über Bernd Propstmeyer erfahren hatten. Er passte zu seiner Wohnung, zu seiner Freundin und wahrscheinlich auch zu ihm, zu seinem Inneren, das sie immer weiter erforschen mussten, um so viel über diesen Menschen zu erfahren, dass sie jene schicksalsvolle Begegnung finden und verstehen konnten, die sie zu seinem Mörder führen würde.
    Aber besteht auch ein Zusammenhang zwischen dieser Siedlung und dem Mord?, fragte er sich jetzt.
    Davídsson ließ den Motor an. Diese Frage war nur eine von vielen, die er klären musste.
     
    Wittkampf streckte den Kopf durch die offene Bürotür, ehe sich Davídsson am Computer anmelden konnte. Das dünne dunkelblonde Haar war zerzaust, als wäre er bei offenem Fenster Auto gefahren und hätte sich danach nicht mehr gekämmt.
    Sein Vorgesetzter strich sich ein paarmal über den Kopf, als hätte

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