Mordlicht
der sich schon ihre Eltern erfreut
hatten, und betrachtete neugierig die beiden Beamten.
»Wollt ihr zu
Dschorschios?«, fragte sie. »Der ist krank.«
»Ist er zu Hause?«
»Ja, weil er krank
ist«, gab sie mit kindlicher Logik zurück.
Sie klingelten. Es
dauerte eine Ewigkeit, bis eine Sperrkette vorgelegt und die Tür einen Spalt
breit geöffnet wurde.
»Herr Mitrolitis?«
Vom Wohnungsinhaber
war nur eine Gesichtshälfte zu sehen. Er antwortete nicht.
»Wir sind von der
Polizei und möchten mit Ihnen sprechen.«
»Ich aber nicht mit
Ihnen.«
»Dann könnten wir
Sie auch auffordern, Ihre Zeugenaussage auf dem Revier zu tätigen.«
»Zeugenaussage?« Es
schien, als würde der Mann erschrecken. »Ich habe nichts auszusagen. Gehen Sie
wieder.«
»Dann müssen wir …«
Bevor Christoph zu Ende sprechen konnte, hatte ihn Große Jäger vorsichtig am
Arm genommen und beiseite geschoben.
»Der hat Angst«,
raunte er Christoph zu und richtete sich dann an den Mann hinter dem Türspalt.
»Hör mal, Kumpel. Es geht um deinen Imbiss. Der steht dort ein bisschen im
Wege.«
Ein Aufatmen ging
durch Mitrolitis. »Ach so. Ist in Ordnung. Sobald ich kann, werde ich mich
darum kümmern.«
»Das sollte
spätestens morgen geschehen.«
Die Tür wurde einen
Spalt geschlossen, dann hörten sie, wie die Sperrkette entfernt wurde.
Anschließend öffnete der Grieche die Tür ganz und hielt den beiden Beamten
einen Gipsarm hin.
»Das geht im
Augenblick nicht. Ich bin verhindert. Außerdem habe ich derzeit keinen Wagen
zum Ziehen.«
Der Mann vor ihnen
mochte etwa Mitte dreißig sein, hatte dunkles, etwas längeres Haar, das mit einer
Welle über die Ohren gelegt war und sich zu einem dichten schwarzen Bündel am
Hinterkopf vereinigte. Die Wangenknochen waren hochgezogen, die Nase hatte ein
fast klassisches hellenisches Profil. Dazu passten auch die dunklen Augen.
Weniger dekorativ waren allerdings die zahlreichen blauen Flecken, die im
ganzen Gesicht verteilt waren, und der große Bluterguss, der sich unter dem
rechten Auge befand.
»Wie heißt denn
diese Erkrankung?«, fragte Große Jäger.
Mitrolitis kniff die
Lippen zu einem schmalen Spalt zusammen. Schließlich antwortete er doch. »Das
war ein Unfall.«
»Verkehrsunfall?«
Große Jäger sah sich um. Der unbefestigte Platz vor dem Anbau war leer. Ein
Ölfleck verriet, dass dort üblicherweise ein Fahrzeug abgestellt wurde.
»Kein
Verkehrsunfall.«
»Und wo ist Ihr
Auto?«
»Verkauft.«
»Was war das für ein
Unfall?«
»Meine Sache.«
»Sieht aus, als wäre
es eine Schlägerei gewesen. Das ist ein Delikt, für das wir uns interessieren.«
Beide Polizisten
sahen das Aufblitzen in Mitrolitis’ Augen. »Keine Schlägerei. Ich war ganz
allein, als das passiert ist.«
»Nun sagen Sie mir
nicht, Sie wären die Kellertreppe heruntergefallen.«
»Kann schon sein.«
Die Beamten hatten
festgestellt, dass der Anbau, in dem der Grieche wohnte, nicht unterkellert
war.
»Das war aber nicht
bei Ihnen.«
»Na und?«
»War es vielleicht
der Keller im Hause Ihres Freundes Ivo Dugovic?«
Der Mann sah an den
beiden Kripoleuten vorbei, als würde er die Gegend absuchen. Dann blickte er
wieder Große Jäger an. »Ich habe genug gesagt. Und wo Ivo ist, weiß ich nicht.«
»Sie wissen also,
dass Herr Dugovic Hals über Kopf abgehauen ist?«
»Keine Ahnung. Das
reicht jetzt.«
Ohne weitere
Erklärung hatte Mitrolitis die Tür geschlossen. Sie hörten, wie von der
Innenseite die Sperrkette vorgelegt wurde.
Auf der Heimfahrt
meinte der Oberkommissar: »Der sah übel aus. Den hat jemand kräftig in der
Mangel gehabt.«
»Ein Linkshänder.«
»Wie kommst du
darauf?«
»Weil sein rechtes
Auge geschwollen war. Wenn sich zwei Kontrahenten gegenüber stehen und jemand
mit der rechten Faust zuschlägt, trifft er das linke Auge seines Gegenübers.
Ist aber das rechte Auge lädiert, liegt die Vermutung nahe, dass der Schläger
Linkshänder ist.«
»Klingt gut.«
»Der Täter war
besonders gründlich. Er hat seinem Opfer auch noch den Arm gebrochen.«
Große Jäger schien
kurzfristig mit den Gedanken abwesend zu sein, doch dann antwortete er. »Wir
haben es offenkundig mit Leuten zu tun, die ausgesprochen brutal vorgehen. Das
hat uns auch der Mord an Reiche gezeigt.«
»Das war ein
Rechtshänder, erklärte Christoph.
»Woher willst du das
wissen?«
»Ganz einfach. Stell
dir noch einmal den Eingangsbereich zum Palmengarten vor. Das ist die breite
Eingangstür aus Glas. Links und
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