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Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Nasenspitze.
    »Hallo, mein Schatz«, sagte er zu dem jungen Kommissar
und tätschelte ihm den Oberarm.
    Karlchen war Mommsens Lebenspartner. Sein extravagant
wirkendes Äußeres war nicht nur Ausdruck einer Lebenseinstellung, sondern auch
durch seinen Beruf bedingt. Der kleine Mann arbeitete als Animateur auf
privaten und öffentlichen Veranstaltungen sowie Betriebsfesten. Am meisten
Vergnügen aber, so bekundete er stets, bereitete ihm die Arbeit mit Kindern.
    Sie blieben noch auf ein Bier, während Karlchen von
seinem letzten Auftritt berichtete. Nachdem sie gezahlt hatten, machten sie
sich zu Fuß auf den Heimweg. Sie umrundeten den um diese Tageszeit einsam im
Licht der Straßenlaternen liegenden Binnenhafen. An der Schiffbrücke zeigte die
auf die Straße dringende heitere Stimmung, dass in den dort ansässigen Lokalen
noch reger Betrieb herrschte.
    Dann gingen die drei durch die Hohle Gasse, bis sie
zur linken Hand den Eingang zum Palmengarten sahen. Nichts erinnerte mehr an
die Bluttat, die sich hier vor kurzem ereignet hatte. Die Schaufenster in der
Neustadt lockten mit ihren Auslagen. Und bald darauf tauchte die Mauer auf, die
den Schlosspark begrenzte. Dunkel, fast ein wenig bedrohlich, stand der alte
Wasserturm im Parkgelände. An der Straßenecke verabschiedeten sich Mommsen und
Karlchen. Sie hatten nur noch wenige Schritte bis zu ihrer Wohnung in dem etwas
verwunschen wirkenden Haus direkt am Park.
    Christoph folgte der Hauptstraße. Er betrachtete die
beiden Hochhäuser hinter der Kreisverwaltung. Im vorderen wohnte Fabian
Auhagen, der ihnen heute von seiner misslichen Situation berichtet hatte. So
ein armer Kerl wie der junge Mann hätte ein Motiv, sich als »Schubser« an
Schwächeren zu vergreifen, selbst wenn er durch seinen verletzten Arm in seiner
Beweglichkeit eingeschränkt war. Auch eine geringe Beute wäre für den
Verzweifelten schon eine Hilfe. Und außerdem war Auhagen wegen Diebstahls
vorbestraft.
    Jetzt war es nicht mehr weit bis zur Berliner Straße.
Dort wartete auf ihn das Bett in dem kleinen Appartement unterm Dach. Seine
betagte Vermieterin würde um diese Zeit sicher schon schlafen.
    Mommsen ist mit seinem Partner daheim, Große Jäger
wird den Abend auch nicht einsam verbringen, aber ich schlüpfe jetzt allein
unter die Bettdecke, dachte sich Christoph und musste an Anna Bergmann denken.

FÜNF
    Anna Bergmann galten auch Christophs Gedanken am
nächsten Morgen, als er bei leichtem Nieselregen den Fußweg von seiner Wohnung
zur Poggenburgstraße zurücklegte. Frauen sind manchmal so launisch wie das
Wetter, überlegte er. Gestern hatten sie noch einen herrlichen Oktoberabend
genießen können, während sich der Himmel heute grau verhangen zeigte.
    Er schüttelte sich die Wassertropfen von seiner Jacke,
nahm die Brille ab und putzte sie. Mit einem Handtuch wischte er sich durch
Haare und Gesicht. Es kam selten vor, dass er vor Mommsen im Büro war. Doch der
junge Kollege ließ nicht lange auf sich warten. Christoph hatte seinen
Schreibtisch noch nicht ganz für den Dienstantritt vorbereitet, als Mommsen zur
Tür hereinkam.
    Wie an vielen Arbeitsplätzen wurden ein paar Worte zum
Wetter gewechselt, dann kam man kurz auf aktuelle Ereignisse der regionalen
Sportszene zu sprechen und landete schließlich beim neuesten Vorstoß der
Landesregierung, die ausufernden Kosten des öffentlichen Dienstes weiter zu
reduzieren. Danach sichtete Christoph den morgendlichen Posteingang. Es war das
übliche Tagesgeschäft. Als er einen Blick auf die Uhr warf, stellte er fest,
dass es bereits nach neun war. Große Jäger war immer noch nicht erschienen.
    »Hat Wilderich sich abgemeldet?«, fragte Mommsen in
diesem Moment.
    »Bei mir nicht. Er ist zwar nie der Erste, aber auf
sein verspätetes Eintreffen kann man sich sonst verlassen.«
    Wie zur Bestätigung öffnete sich die Tür, und der
Oberkommissar humpelte herein. Er ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl
fallen, dass dieser mit einem Ächzen in die Knie ging.
    Neugierig sahen ihn die beiden anderen an.
    »Was hast du denn gemacht?«, wollte Christoph wissen.
»Hat dir deine Errungenschaft von gestern Abend kräftig auf die Füße getreten?«
    »Oder wart ihr noch in der Disco?«, scherzte Mommsen.
    Große Jäger zündete sich umständlich die
obligatorische Zigarette an, ohne die er grundsätzlich zu keinem Bürogespräch
bereit war. »Ich könnt mich alle mal.«
    Christoph und Mommsen warfen sich einen Blick zu.
Irgendetwas war schief

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