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Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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ausgestrecktem Arm erreichen
können. Auch Große Jäger hatte es bemerkt. Der Oberkommissar fingerte nach der
zerknitterten Packung in seiner Jeans und bot Auhagen eine Zigarette an.
    »Hier. Probier die
mal.« Er hatte den Übergang zum unkonventionellen »Du« gewählt.
    Auhagen griff zu und
ließ sich auch Feuer geben. Dann inhalierte er tief den Rauch. Auch diesmal
hielt er seinen Arm merkwürdig steif.
    »Ist was mit deinem
Arm?«, wollte Große Jäger wissen.
    »Unfall. Sozius auf
‘nem Motorrad. Schon ‘n paar Jahre her. Seitdem krieg ich den Arm nicht mehr
gerade.«
    »Also schuldlos?«
    »Die ganze Clique
hatte vorher Party gemacht. Ich auch. Daher hab ich nix von der Versicherung
gekriegt.«
    »Und was ist sonst
Scheiße?«
    »Alles.«
    »Nun rück mal raus
mit der Sprache. Wo drückt der Schuh?«
    »Keine Mäuse. Habt
ihr schon mal was von Hartz IV gehört?«
    Die beiden Beamten
sahen sich an. »Ja«, fuhr Große Jäger fort. »Das beziehst du?«
    »Ja. Aber davon
kannst du nicht leben und nicht sterben.«
    »Das müssen
Millionen andere auch. Ganze Familien.«
    »Familien … Pahh!
Meine Freundin ist mit dem Kleinen weg.«
    »Du hast ein Kind?«
    »Nee, ich nich.
Meine Freundin. Hat sie mitgebracht. Aber dann, als mir alle an den Hacken
waren, ist sie zu so ‘n annern Typen gezogen. Nach Neumünster. ›Du hast keine
Zukunft mehr‹, hat sie mir gesagt. Weg war sie. Na ja, vielleicht hatte sie so
büschen Recht.«
    »Was willst du damit
sagen?«
    »So ‘n großer Held
bin ich nie nich gewesen. Inne Schule nich. Zweimal backen geblieben. Ausse
Achte ha’m sie mich entlassen. Damit kriegste keine Lehrstelle.«
    »Das sollte aber
noch kein Beinbruch sein.«
    »Hab dann ‘n büschen
gejobbt. Mal hier was, mal da was. Bis die Sache mit ‘n Arm passiert ist.
Seitdem ist daddeldu.«
    »Und warum hat man
dir den Strom abgestellt?«
    Fabian Auhagen
schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Ich Rindvieh. Wollte auch so
sein wie die annern. Handy, Auto. Schicke Wohnung. Hab alles auf Pump bezahlt.
Is natürlich inne Büx gegangen. Nun sin alle hinter mir her und woll’n mir inne
Hacken beißen.«
    Er sah aus den tief
liegenden dunklen Augen zuerst Große Jäger, dann Christoph an. »Alle woll’n sie
dir nur ans Portemonnaie. Zweimal ha’m sie dies Jahr die Gaspreise erhöht. Wie
solls’ das noch bezahl’n?« Er spitzte mehrfach die Lippen, sodass der kleine
schwarze Oberlippenbart fast an die Nasenspitze reichte. Dann griff er zum
Teebecher, sah hinein und stellte fest, dass er leer war. Mit einem
Achselzucken stellte er das Trinkgefäß wieder zurück. In Gedanken griff er zu
seiner Tabakpackung.
    Große Jäger schob
die angebrochene Zigarettenpackung über den Tisch. »Nimm man von diesen.«
    Auhagen zündete sich
die Zigarette an. »Und was wollt ihr von mir?«
    Der Oberkommissar
zeigte ihm ein Bild von Frank Reiche. »Kennst du den?«
    Der junge Mann
musterte aufmerksam das Bild, bevor er es auf den Tisch zurücklegte. »Nee! Nie
geseh’n. Was is mit dem?«
    »Der ist tot.
Ermordet. Stand in der Zeitung.«
    Ein Erschrecken
durchfuhr Auhagen. »Tot? Ich les keine Zeitung. Kann ich mir nich leisten.
Wieso isser tot? Und was hab ich damit zu tun?«
    Geduldig erklärte
ihm Große Jäger, dass Reiche vor dem Palmengarten ermordet wurde und dass die
Polizei in der Wohnung des Opfers einen Zettel gefunden hat, auf dem Auhagens
Telefonnummer stand.
    Der junge Mann
machte eine resignierte Handbewegung. »Telefon … Ha’m sie mir auch abgeklemmt.
Was war nun mit dem Typ? Ach ja, ob ich den kenn? Nee! Nie begegnet. Hab auch
keine Ahnung, wie meine Telefonnummer auf dies’n Zettel gekomm’ is. Kann ich
euch echt nich weiterhelfen.«
    Christoph mischte
sich das erste Mal in das Gespräch ein. »Herr Auhagen! Wenn Ihnen noch etwas
einfallen sollte, so rufen Sie uns bitte an.« Christoph legte eine Visitenkarte
auf den Tisch.
    Der junge Mann
lachte bitter auf und schob die Karte in Christophs Richtung zurück. »Witzig.
Wie soll ich denn telefonieren? Telefon abgeklemmt, Handy weg.«
    Große Jäger erhob
sich ein wenig von seinem Stuhl und zog eine zerfledderte Geldbörse aus der
Gesäßtasche. Er kramte im Scheinfach herum und legte wortlos einen
Zwanzig-Euro-Schein auf den Tisch.
    »Was soll’n das?«
    »Kauf dir was zum
Beißen. Und ‘ne Schachtel Zigaretten. Ich weiß, wie das ist, wenn du einen
Schmachter hast.«
    Auhagen ließ den
Geldschein liegen, protestierte aber auch nicht. Er

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