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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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unten vorbeiführende Bundesstraße 10 hinab. Sattelzüge stauten sich in Richtung Ulm. Doch was er sah, nahm er nur oberflächlich wahr. Wenn seine Frau auch nur den Hauch eines Verdachtes haben würde, war es aus. Ihre krankhafte Eifersucht ließ Schlimmstes befürchten. Auf jeden Fall aber würde es einen Skandal geben, und er womöglich ins gesellschaftliche Abseits geraten. Mit verheerenden Folgen.
    Sein Handy meldete sich. Sarah, durchzuckte es ihn. Mit drei, vier Schritten war er am Schreibtisch, blickte aufs Display, doch es war eine Stuttgarter Nummer.
    »Ja«, sagte er und blieb angespannt stehen.
    »Glockinger hier«, meldete sich eine Männerstimme, »haben Sie kurz Zeit?«
    Westerhoff wusste sofort, um wen es sich handelte. Er holte tief Luft. »Ja«, antwortete er knapp.
    »Am Sonntag fahren die Züge wieder«, sagte der Dachdeckermeister aus Stuttgart-Stammheim, »und meine Frau will unbedingt wieder auf die Alb. Ich hab’ nur ein Problem«, er machte eine Pause, als sei ihm dies alles sehr peinlich, »sie sollte nicht erfahren, dass wir uns vorigen Samstagabend getroffen haben.«
    Westerhoff machte ein paar Schritte zur Fensterfront und schaute zu den bewaldeten Hängen der Alb hinauf. »Ich hab’ damit kein Problem«, sagte er.
    »Es ist nichts Schlimmes«, rang der Anrufer nach einer Erklärung, »aber nur, falls wir uns zufällig treffen, wäre es gut, wenn wir uns nicht kennen – verstehen Sie?«
    Der Manager brummte ein kurzes »mhm«.
    »Letzten Sonntag hat mich schon so eine alte Tante dumm angequatscht – im Zug«, machte Glockinger weiter. »Deshalb die Bitte, dass wir einfach so tun, als ob wir uns nie gesehen hätten.« Dem Anrufer schien das sehr wichtig zu sein. Erst jetzt begann Westerhoff darüber nachzudenken, was der Grund dafür sein konnte.
    »Darf ich fragen, weshalb Ihnen so viel daran gelegen ist?« fragte er deshalb.
    Glockingers schwerer Atem war zu hören. »Meine Frau ...«, stammelte er, »... sie hätte kein Verständnis für ein finanzielles Engagement in die Windkraft.« Er atmete tief. Dem Mann fiel es hörbar schwer, sich zu offenbaren. »Ich hab’ aber, wenn ich das so sagen darf, ja ein paar Euro auf der hohen Kante, na ja, und die möchte ich, ich persönlich, verstehen Sie, in so eine Sache investieren.«
    Über Westerhoffs Gesicht huschte ein verständnisvolles Lächeln. »Die Frauen, ja – wem erzählen Sie das?!«
    »Sie verstehen mich?« kam es erleichtert zurück.
    »Keine Sorge«, beruhigte ihn Westerhoff, »ich glaub’, wir haben ein ähnliches Problem – mit unterschiedlichen Vorzeichen.«
    Glockinger würde das zwar nicht verstehen, dachte der Manager, aber das war schließlich eine andere Sache. Er wollte das Gespräch so schnell wie möglich beenden, doch dann kam ihm dieser aufgeregte Mann mit seinem Honoratioren-schwäbisch zuvor: »Und dieser Mord bei Ihnen da oben – gibt es da etwas Neues?«
    Westerhoff spürte, wie seine Kehle trocken wurde. »Nichts gehört, nein«, erwiderte er knapp.
     
    Freudenthaler strahlte übers ganze Gesicht. Auf der Terrasse des Gasthofs »Ochsen« in Eybach saßen ihm die beiden Kriminalisten gegenüber. Ihre Jacketts hatten sie über die Lehnen der Gartenstühle gehängt, denn die Sonne brannte gnadenlos auf die Schatten spendenden Schirme. Das Tagesessen – es gab Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat – war ganz nach ihrem Geschmack gewesen, und nun prosteten sie sich zum wiederholten Male mit ihren Weizenbiergläsern zu, als hätten sie sich nicht dienstlich getroffen, sondern, um einen gemütlichen Sommernachmittag zu genießen.
    Sie lobten bei der Bedienung das gute Essen und plauderten untereinander über die idyllische Lage dieses Örtchens. Nur die viel zu breite Ortsdurchfahrt, meinte Freudenthaler, wirke sich nachteilig aus. Häberle pflichtete ihm bei und wurde wie zur Bestätigung des Gesagten von zwei vorbeifahrenden Lastzügen beinahe übertönt. »Ist aber für den Fremdenverkehr nicht abträglich«, stellte Freudenthaler sofort fest, obwohl dies gar nicht seine Aufgabe gewesen wäre, »das Gästehaus haben die rüber in den historischen Ortskern gestellt.« Er deutete in die entgegengesetzte Richtung, wo sich unweit davon entfernt der Turm der katholischen Kirche erhob.
    Während des Essens hatten sie nahezu alle Aspekte der Tourismusförderung beleuchtet und dabei auch das gräfliche Schloss derer von Ackerstein angesprochen, die Häberle bei einem seiner früheren Fälle kennen gelernt hatte.

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