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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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der Tageszeitung, ohne jedoch etwas zu lesen. Seine Gedanken kreisten um Sarah. Nie zuvor hatten sie im vergangenen halben Jahr so lange nichts voneinander gehört. Zwar waren sie sich einig gewesen, den Kontakt angesichts des Mordes zu reduzieren. Aber ein kurzes Telefonat hätte möglich sein müssen, grübelte er. Außerdem konnte sie doch nicht einfach verschwinden, schließlich stünde vermutlich Ende der Woche die Beerdigung an. Die Kripo würde dann sicher die Leiche freigeben.
    Er überlegte, unter welchem Vorwand er nochmals weggehen konnte. Immerhin würde er bis zehn warten müssen, bis an diesem lauen Juliabend die Nacht hereingebrochen war.
    Zum Abendessen gab es Speck mit Spiegeleiern und Bratkartoffeln. Seine Frau servierte es auf der Terrasse und beklagte sich, dass ihr Mann in letzter Zeit so wortkarg geworden war. »Stress«, pflegte er dann zu entgegnen. Er wolle daheim seine Ruhe haben, sagte er – sich ausspannen, nachdenken, schlafen.
    Als sie nach dem Essen das Geschirr abgeräumt hatten, schenkte er sich ein Viertel Rotwein ein und ließ sich in einen gepolsterten Gartenstuhl nieder. Langsam verflüchtigte sich die Hitze des Tages. Über der Hochfläche der Alb machte sich eine leichte Abkühlung bemerkbar. Westerhoff atmete durch. Seine Frau hatte sich ins Wohnzimmer zurückgezogen und den Fernseher eingeschaltet.
    Er genoss diese frische Luft, lehnte sich zurück und schaute zum Himmel, dessen rötliche Verfärbung im Westen nun immer dunkler wurde. Eine Wespe kreiste um seinen Kopf, aus dem Wohnzimmer drangen die Stimmen einer dieser unsäglichen Talkrunden, wie sie allabendlich auf irgendeinem Kanal ausgestrahlt wurden.
    Die ersten hellen Sterne funkelten, vermutlich waren’s Planeten, die in diesen Wochen in einer besonders günstigen Position zur Erde standen.
    Als es nahezu ganz dunkel war und Westerhoff sein Weinglas bereits zum zweiten Mal leer getrunken hatte, erhob er sich. »Schatz«, rief er in Richtung des Wohnzimmers, in dem der Bildschirm die einzige Lichtquelle war, »ich mach’ noch eine Runde an der frischen Luft.«
    »Du gehst noch weg?« kam es erstaunt zurück.
    »Nur für zehn Minuten. Ich brauch’ ein bisschen Bewegung.« Er blieb mit dem Rücken zur Tür stehen.
    »Soll ich mitkommen?« fragte seine Frau.
    »Nicht nötig«, antwortete er schnell, »ich bin bald wieder da.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er die Terrasse über den Gartenweg, ging zur Wohnstraße und schlenderte im Schein der Straßenlampen an den Neubauten der ›Roßhülbe‹ vorbei – hinüber zu Flemmings Haus. Er musste sich beherrschen, nicht zu schnell zu gehen. Vielleicht schaute ihm seine Frau nach. Zumindest aber gab es jede Menge neugierige Nachbarn, denen es auffallen würde, wenn er um diese Zeit raschen Schrittes durch das Wohngebiet gehen würde.
    Die Straße beschrieb eine Kurve, sodass er gleich aus dem Blickfeld seiner Frau geriet. Noch zwei, drei Grundstückslängen weiter und er hatte das Haus erreicht. Die Rollläden waren geöffnet, hinter keinem der Fenster brannte Licht. Westerhoff näherte sich langsam, blickte sich eher beiläufig um, und ging auf die angebaute Garage zu. Mit einigen wenigen Schritten huschte er links an ihr vorbei, um zu einem Fenster zu gelangen, das ihm einen Blick in das Innere ermöglichen würde. Er beugte sich mit dem Kopf dicht an die Scheibe, schirmte die Augen mit den Händen gegen das Streulicht der Straßenlampen ab und schaute angestrengt hinein. Nach ein paar Sekunden hatten sich seine Pupillen an die Dunkelheit gewöhnt. Doch so sehr er sich auch bemühte, ein Auto war nicht zu erkennen. Schließlich war er davon überzeugt, dass die Garage leer sein musste. Sarahs Auto war nicht da.
    Westerhoff blieb für einen Moment stehen und drehte sich zum Nachbarhaus um, das dicht an die Grundstücksgrenze herangebaut war. Weil auch in diesem Haus kein Licht brannte, entschied er sich, an der Garage entlang weiter zu gehen, um einen Blick auf die Rückseite des Gebäudes zu werfen. In dieser Sommernacht war es hell genug, sodass er mühelos dem schmalen Gartenweg folgen konnte, der hinter der Garage zur Terrasse hinüberführte, die von blühenden Stauden umgeben war. Jetzt aber schienen sie ihre prächtigen Farben verloren zu haben.
    Westerhoff spürte, wie ein kühler Luftstrom durch das Wohngebiet zog, und hörte aus der Ferne einen Hund bellen. Er kam an einem Fenster des Erdgeschosses vorbei und näherte sich der Hausecke, um die herum

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