Mordloch
Oberschenkeln die Falten seiner Nadelstreifenhose glatt. »Wir wohnen im gleichen Neubaugebiet in Waldhausen – und sind dort ziemlich zur gleichen Zeit eingezogen – vor zwei Jahren. Diese ›Roßhülbe‹ – Sie werden Sie kennen – ist außerhalb gelegen und ganz anders, als der Ort selbst. Viele Fremde haben dort gebaut, ja, und die tun sich naturgemäß mit der landwirtschaftlich geprägten Bevölkerung etwas schwer.«
Linkohr begann wieder, sich Notizen zu machen.
»Da ist es ganz normal, dass sich die Zugezogenen zusammenfinden«, stellte Westerhoff fest. Seine Gesichtszüge waren streng.
»Und gegen einen Schweinestall votieren«, ergänzte Häberle bewusst provokativ. Sein Gegenüber konnte dies nicht beeindrucken.
»Auch das«, sagte er kühl, »uns hat man mit dem Hinweis auf saubere Luft nach Waldhausen gelockt – und dann ist es schlichtweg unseriös, gleichzeitig die landwirtschaftliche Produktion aufzustocken.«
»Herr Flemming war so etwas wie der Sprecher einer Bürgerinitiative?«
»Ganz so will ich das nicht sehen«, erklärte Westerhoff, »er hat halt gut reden können und dabei kein Blatt vor den Mund genommen. Eine Bürgerinitiative im eigentlichen Sinne ist das nicht. Kein Verein, wenn Sie das meinen.« Er legte seine Arme auf die Lehne des voluminösen Sessels.
»Was wissen Sie von Herrn Flemming – über seine Freunde, Bekannten, geschäftlichen Kontakte?«
Westerhoff holte tief Luft. »Wenig, um nicht zu sagen gar nichts. Er hat mit allem gehandelt, was billig aus Südosteuropa zu importieren war. Und umgekehrt hat er dort hingeschickt, was ihm Geld brachte. Auch Gebrauchtwagen, glaub’ ich.«
»Und seine Frau war da auch beteiligt?«
»Ja, ich denke schon. Sie erledigt die Buchhaltung und den Schriftverkehr, während er oft auf Reisen war.«
»In der Türkei«, stellte Häberle fest.
»Auch. Sarah ist Türkin.« Westerhoff lächelte. »Obwohl das da oben nur wenige wissen. Sie hat ihre Haare blond gefärbt.«
»Wie nah sind denn Ihre Beziehungen zu den Flemmings?« Der Kommissar ließ seinen Blick durch den Raum wandern, wie er das immer tat, wenn er den Eindruck erwecken wollte, nur routinemäßig und beiläufig zu fragen. An der langen Innenwand, die größtenteils von einem Einbauschrank mit Regalen und einem üppigen Getränkefach beherrscht wurde, blieb gerade noch Platz für ein Werbeposter der WMF. Vermutlich war es die neueste Kreation der Werbeabteilung gewesen – mit einer Farbkomposition, die Häberle nicht ansprach. »Wir waren locker befreundet«, erklärte Westerhoff und verzog die Mundwinkel zu einem leichten Lächeln, »die Flemmings und wir haben uns hin und wieder besucht, auch mal gegrillt, wenn’s einen lauen Abend gab, was da oben auf der Alb nicht gerade so häufig vorkommt.«
»Und sonstige Kontakte ...«, Häberle stockte kurz. »Geschäftlicher Natur?«
Westerhoff schlug die Beine übereinander. »Nun ja, er hat sich mal nach dem Investitionsmodell für meine Windkraftanlage erkundigt.«
»Ach ...?« Häberle zeigte sich interessiert, Linkohr hatte sich seinen Notizblock aufs Knie gelegt und schrieb mit.
»Mir gehört eine von diesen Anlagen«, erklärte Westerhoff mit gewissem Stolz in der Stimme. »Ist eine hervorragende Geldanlage.« Er lächelte wieder. »Sollten Sie auch einmal überdenken. Der Wind bläst da oben stärker, als man denken würde.«
»Was uns noch interessieren würde«, wechselte Häberle das Thema und schaute seinem Gesprächspartner in die Augen. Westerhoff wich dem Blick nicht aus. »Herr Flemming hat am späten Samstagabend mit Ihnen telefoniert ...« Der Kommissar machte eine Pause, während der Linkohr einige Seiten zurückblätterte und ergänzen konnte: »Genau gesagt um 23.02 Uhr.«
»Sie haben mein Telefon überprüft?« Der Angesprochene wurde nun misstrauisch und vorsichtig.
»Nicht Ihres«, entgegnete Häberle und hob beschwichtigend die Hände, »sondern Flemmings. Wir wissen nämlich immer noch nicht, was er in den Stunden vor seinem Tod getan hat. Er hat also mit Ihnen telefoniert?«
Westerhoff nickte. »Ja, und es war tatsächlich schon ziemlich spät.« Er überlegte, wie er es formulieren sollte. »Flemming, das müssen Sie wissen, war wohl bei einer Veranstaltung in der Roggenmühle gewesen und hat erfahren, dass dieses Schweinestallprojekt demnächst in eine entscheidende Phase gehen würde. Er wollte unbedingt, dass wir uns am Wochenende noch treffen.« Westerhoff spürte, wie sein Hals
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