MordLust
Mies van der Rohe, die kosten fünftausend Dollar das Stück. Ich weiß das, weil Gloria Chatham zwei gekauft hat und ständig darüber redet. Lucas, die könnten Millionen aus diesem Haus geschleppt haben. Selbst ohne die Diamanten.«
Lucas blickte auf sein Stück Braten, dann sah er wieder zu Weather. »Du hast neuntausend Dollar für diesen Tisch bezahlt? Wir hätten doch zu IKEA fahren können.«
»Scheiß auf IKEA«, sagte Weather.
Letty kicherte. »Das möcht ich gern sehen.«
Sam schlug mit einem Löffel gegen ein Glas. Weather sah ihn an und lächelte. »Guter Junge«, sagte sie.
Nach dem Abendessen ging Lucas zur Highland-Park-Buchhandlung und kaufte ein Exemplar von Judith Millers Antiques Price Guide, den dicksten und schicksten Antiquitätenkatalog, den sie dahatten. Als er ihn zu Hause in aller Ruhe im Arbeitszimmer durchblätterte, stellte er fest, dass Weather nicht übertrieben hatte. Es gab Lampen für bis zu 100 000 Dollar; Vasen für 25 000; indianische Keramik für 30 000; einen Spielzeug-Lkw von Dinky Toys aus dem Jahr 1964 – mit so etwas hatte Lucas als Kind gespielt – für 10 000 Dollar. Tische für 20 000, 50 000 und 70 000 Dollar; ein Gemälde von
einem Wildbach im Winter von einem gewissen Edward Willis Redfield, von dem Lucas noch nie gehört hatte, wurde auf 650 000 Dollar geschätzt.
»Wer kauft denn so einen Scheiß?«, fragte er laut. Er blätterte noch eine Viertelstunde in dem Buch, machte sich ein paar Notizen, dann holte er seinen Aktenkoffer, nahm sein Telefonverzeichnis heraus und rief Smith zu Hause an.
»Hast du sie geschnappt?«, fragte Smith.
»Nein. Das bin ich vorhin schon mal gefragt worden«, sagte Lucas. »Vom Gouverneur.«
»Scheiße.«
»Hör mal, ich hab ein bisschen recherchiert …«
Lucas erzählte Smith von dem Antiquitätenkatalog und zählte auf, was seiner Meinung am Tatort gemacht werden musste. »Verhört die Verwandten. Versucht, Klarheit über jedes Möbelstück und über jedes Bild zu kriegen. Setz jemand, der gut in Puzzles ist, an diesen Vasenschrank, oder wie immer man das nennt, und lass ihn die kaputten Teile zusammenkleben. Beauftrag einen Antiquitätenhändler damit, alles in dem Haus zu schätzen. Meine Leute haben sich bei Buchers Versicherung erkundigt, aber da gibt es irgendeinen Scheiß von wegen Verfügungsgewalt und Vertraulichkeit, deshalb ist es vermutlich einfacher, in ihrem Safe nachzusehen, oder vielleicht gibt es eine Kopie der Policen in einem der Aktenschränke. Wir brauchen irgendwelche Unterlagen.«
Smith war skeptisch. »Lucas, die Scherben von diesen Gefäßen sind kleiner als dein Pimmel. Wie zum Teufel sollen wir die wieder zusammenkriegen?«
»Die Teile brauchen ja nicht perfekt zu sein. Man muss nur sehen können, was das ist, und wir brauchen jemanden, der Ahnung hat und uns sagen kann, wie viel die wert sind. Ich hab da so eine Idee …«
»Was?«
»Wenn die Leute, die das Haus überfallen haben, professionelle
Antiquitätendiebe sind, wenn das irgendwie ein riesiger vertuschter Raubüberfall war, dann wette ich, dass sie die guten Sachen nicht kaputt geschlagen haben«, sagte Lucas. »Ich wette, dass noch für zwanzigtausend Dollar Gefäße im Schrank stehen, für tausend Dollar kaputte Teile auf dem Boden liegen und dass die sechs fehlenden Gefäße hundert Riesen wert sind. Genau das denke ich.«
Nach kurzem Schweigen seufzte Smith. »Ich werde dafür sorgen, dass der Tatort unverändert bleibt«, sagte er. »Ich lasse von allem Fotos machen, Zentimeter für Zentimeter. Ich werde mir die Erlaubnis holen, den Safe zu öffnen und die Versicherungspolicen herauszunehmen. Ich werd jemanden finden, der die Teile zusammenkleben kann. Ich kenne zwar keine Künstler, aber ich kann mich bei den Galerien erkundigen. Was hat der Lash-Junge gesagt? Ein Gemälde, auf dem ›reckless‹ stand?«
»Ich hab’s bei Google eingegeben, aber nichts gefunden. Hier in der Stadt gibt’s einen Typen namens Kidd. Er ist ein ziemlich bekannter Künstler und hat mir schon ein paar Mal geholfen. Ich geh mal bei ihm vorbei und höre, ob ihm was dazu einfällt.«
Nach dem Telefongespräch mit Smith dachte er einen Augenblick nach. Normalerweise waren die Medien absolut nervig, aber sie konnten auch ein ganz nützlicher Verein sein. Wenn man den Aspekt Raubüberfall bei den Morden in den Vordergrund stellte, könnte das in zweifacher Hinsicht etwas bringen. Wenn die Mörder aus der Gegend kamen und bereits versucht
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