MordLust
sich einen Nylonstrumpf über den Kopf gezogen«, erwiderte Lucas. »Wir haben nichts weiter als den toten Hund und einen weißen Van, und wir wissen nicht, wo der Van ist.«
»Na ja, der Hund ist immerhin etwas. Ich wette, dass die in der Gerichtsmedizin vor Begeisterung rumhüpfen«, sagte Jenkins und schlurfte gähnend zur Tür. »Ich geh vielleicht’ne Runde laufen. Um wach zu werden.«
»Rufen Sie aber den Notruf an, wenn Sie loslaufen«, sagte Lucas. Jenkins war kein Jogger. Das Gesündeste, was er manchmal tat, war, etwas weniger als die gewohnten zwei Packungen am Tag zu rauchen.
»Yeah.« Er hustete und ging hinaus. »Bis dann.«
»Essen Sie noch eine Tomate«, rief Lucas ihm hinterher.
Lucas wusste nicht, was er als Nächstes tun sollte, deshalb rief er John Smith bei der Polizei von St. Paul an. »Gehst du heute zur Bucher-Villa?«
»Ja, irgendwann, obwohl ich eigentlich nicht genau weiß, was ich da soll«, sagte Smith.
»Ist jemand im Haus?«
»Barker, die Nichte mit der kleinen Nase, ein Steuerberater und ein Immobiliengutachter. Die erstellen ein Bestandsverzeichnis für das Finanzamt, das alles enthält, nicht nur, was die Widdlers erfasst haben. Die Widdlers sind fertig. Im Übrigen sind Schulferien, und der Lash-Junge hat angerufen und gefragt, ob er dort vorbeigehen und seine Spiele holen könnte. Er wird irgendwann kommen. Vermutlich sind den ganzen Tag über immer wieder irgendwelche Leute im Haus, falls du hingehen willst. Wenn gerade keiner da ist, wenn du kommst, an der Tür gibt’s ein elektronisches Schloss. Die Nummer ist zwei-vier-sechs-acht.«
»Okay. Ich werd hingehen und mir weiter Papiere ansehen«, sagte Lucas.
»Ich hab gehört, dass es heute Morgen einige Aufregung im Dakota County geben wird, und du wärst nicht ganz unschuldig daran«, sagte Smith.
»Ach ja. Hätt ich fast vergessen«, erwiderte Lucas. »Wo hast du das gehört?«
»Von einem Reporter der Pioneer Press«, sagte Smith. »Er war auf dem Weg ins Dakota County. Politikern ergeht es im Gefängnis von Stillwater nicht allzu gut.«
»Sie sollten eben keine Kinder ficken.«
Er meldete sich im Büro ab und fuhr zum Bucher-Haus. Unterwegs erhielt er einen Anruf von Flowers, der nach dem angeblichen Versuch fragte, Jesse Barth zu entführen. »Ja, es ist tatsächlich passiert, aber es war nicht Kline jr.«, sagte Lucas. Er erklärte, warum und erkundigte sich nach dem Mädchen,
das man tot am Flussufer gefunden hatte. Flowers arbeitete auf Hochtouren an dem Fall. »Lassen Sie mal wieder von sich hören«, sagte Lucas.
In seinem Kopf konnte sich Lucas sehr gut ein Bild von dem Angriff von letzter Nacht machen. Ein großer, dicker Mann mit einem Rohr – oder vielleicht einem Stock – in einem weißen Van, der es auf Jesse abgesehen hatte. Ein Mann mit einem Rohr oder einem Stock hatte Mrs. Bucher getötet. Aber soweit er wusste, war da kein Van im Spiel gewesen.
Im Fall Toms kam ein Van vor, aber Toms war erdrosselt worden.
Coombs war mit einer Holzkugel erschlagen worden, die jetzt unter Verschluss im Polizeilabor von St. Paul aufbewahrt wurde. Sie hatte eine kleine Delle, und ein paar Haare und etwas Blut klebten daran. Es gab sogar verwischte Fingerabdrücke, doch die stammten vermutlich von Leuten, die die Treppe hinuntergegangen waren. Andererseits hatte Coombs wahrscheinlich gar nichts damit zu tun … bis auf diese verdammten Quilts. Und die verschwundene Spieldose. Von Gabriella Coombs hatte er nichts mehr gehört, und er nahm sich vor, sie anzurufen.
Es war durchaus denkbar, dass die Sache mit dem Van Zufall war. Er erinnerte sich, dass vor einigen Jahren, als Heckenschützen wochenlang das Gebiet um Washington unsicher machten, alle nach einem weißen Van Ausschau gehalten hatten, und nach jedem weiteren Anschlag erinnerte sich jemand, einen gesehen zu haben. Doch die Killer hatten keinen weißen Van benutzt. Sie hatten durch ein Loch im Kofferraum einer Limousine geschossen, wenn er sich richtig erinnerte. Es war einfach so, dass Millionen weißer Vans auf den Straßen herumfuhren. Die Hälfte aller Installateure, Elektriker, Zimmerleute, Dachdecker und Rasenpflegedienste benutzte weiße Vans.
Mrs. Barker, der Steuerberater und der Immobiliengutachter hatten sich im großen Esszimmer niedergelassen. Lucas sagte Hallo, und Barker zeigte ihm einige Gefäße, die von der Frau eines St.-Paul-Cops, die mal an einem Töpferkurs teilgenommen hatte, grob wieder zusammengeklebt worden waren.
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