MORDMETHODEN
besorgen als die Schlafpillen. Allerdings kann Halothan im Gegensatz zu Halcion bei falscher Dosierungsehr schnell zu einem »Narkosezwischenfall« führen, der mit dem Tod des Patienten endet.
Wie dem auch sei, Karla stahl zwei Flaschen Halothan aus der Praxis und behauptete sicherheitshalber, das Halothan-Mischgerät sei defekt, es verbrauche zu viel Narkosegas. Damit war die verschwundene Menge an Narkosemittel erklärt.
Am Sonntag, dem 23. Dezember, sollte der große Betäubungstag sein. Dummerweise hatte sich Tammy Lee aber mit einer Freundin verabredet und wollte bei ihr übernachten. Doch wieder spielte das Schicksal dem Paar in die Hand. Am frühen Abend zog ein heftiger Sturm auf, und Tammy entschied, lieber nicht vor die Tür zu gehen. Karla und Paul gingen derweil auf eine letzte Weihnachtseinkaufstour. Während einer Verschnaufpause holten sie die Halcion-Schlaftabletten heraus, die Karla in den vergangenen Tagen besorgt hatte, und zermahlten sie zu Pulver. Gegen sieben Uhr abends waren sie, mit Geschenken beladen, wieder zu Hause. Weihnachten konnte kommen.
Paul kramte seine Videokamera hervor und filmte den Weihnachtsbaum, Mutter Homolka beim Kochen sowie Vater Homolka, der, nur mit einer Hose bekleidet, fernsah. Dann mixte Paul Cocktails, die es in sich hatten – zumindest für einige Partygäste. Tammy war bald so betrunken, dass sie Paul fragte, warum er zwei Kameras in der Hand halte. Irgendwann torkelte sie auf ihr Zimmer und kam vorläufig nicht mehr wieder.
Nun wurde Karla böse. Denn seit die Homolka-Geschwister klein waren, gab es alljährlich ein gemeinsames Foto von ihnen vor dem Weihnachtsbaum. »Dieses Jahr offenbar nicht«, sagte Karla wütend; Pauls viel zu starke Cocktails seien daran schuld. Ob das bitterer Zynismus war oder pure Selbstverleugnung, wissen wir nicht. Immerhin hatten Karla und Paul ein Dutzend zerkleinerter Schlaftabletten in Tammys Cocktails gerührt.
Nach dem Familienfest, als alle außer Karla und Paul eineEtage höher in ihren Betten lagen, kam plötzlich Tammy die Treppe heruntergewankt. Sie setzte sich auf die Couch und schlief tief ein.
Paul schaltete ohne Zögern die Kamera ein, und Karla holte das Halothan hervor. Sie goss es auf ein Tuch und hielt es Tammy unter die Nase. Die verwendete Halothan-Menge ist auf diese Weise nur schwer zu kontrollieren. Tammy blieb aber ruhig liegen, als Paul begann, sie vor laufender Kamera zu vergewaltigen. »Beeil dich«, flüsterte Karla, »stell dir vor, jemand kommt die Treppe herunter!« Außerdem bat sie Paul, ein Kondom zu benutzen. Tammy nahm keine Verhütungsmittel, und Karla wollte auf keinen Fall, dass Tammy von Paul schwanger wurde. Das hätte ihren gesamten Plan auf den Kopf gestellt, denn vielleicht würde Paul dann die Mutter des Kindes heiraten wollen.
»Halt die Klappe«, antwortet Paul auf dem Video, »und pass lieber auf, dass sie ruhig liegen bleibt.« Die Bilder verwackeln zunehmend, während Paul seinen – O-Ton – best orgasm ever erreicht. Dann befiehlt er Karla, sie solle ihre Schwester mit den Fingern vergewaltigen. Sie tut es nach einigem Jammern, da ihre Schwester ihre Periode hat. Mit der anderen Hand hält sie immer noch das mit Halothan getränkte Tuch auf Tammy Lees Gesicht.
Nach weiteren Misshandlungen beginnt sich die schlafende Tammy auf einmal zu übergeben. Da fährt der Schreck in Karla und Paul. Allerdings fürchten sie weniger um Tammys Sicherheit als um ihre eigene. Denn Tammy atmet ihr Erbrochenes wieder ein und droht zu ersticken. Wenn nun jemand, vom Krach geweckt, ins Zimmer käme, würde er eine laufende Videokamera, eine entkleidete, halb tote Tammy und zwei machtsüchtige Täter in Erklärungsnot erblicken. Also schleppten Karla und Paul den röchelnden Teenager, so schnell es geht, in ihr Zimmer, zogen Tammy an und riefen den Notarzt.
Mit dem Notarzt kam die Polizei. Vom ersten Moment anvermuteten die Beamten, dass Drogen im Spiel waren. Doch Paul und Karla gaben wahrheitsgemäß an, dass weder sie noch Tammy Kokain oder Crack genommen hätten. Das stimmte auch. Am merkwürdigsten kam den Polizisten ohnehin etwas anderes vor. Auf Tammys Gesicht zeichnete sich ein großer, flammend roter Fleck ab.
Um ein Uhr nachts, der 24. Dezember hatte eben begonnen, wurde Tammy Lee im Krankenhaus für tot erklärt. Als der ermittelnde Polizist vom Telefon kam, um den Homolkas die traurige Nachricht zu überbringen, war Karla verschwunden. Sie war in die Waschküche gegangen, wo sie
Weitere Kostenlose Bücher