Mordrausch
den Rücksitz.
»Was für eins?«, erkundigte sich Cappy müde.
»Ein Cop sucht nach jemandem mit französischem Akzent. Außerdem erzählt die Ärztin es allen im Krankenhaus. Irgendwann werden sie auf mich stoßen.«
»Und?«
Barakat sah Cappy an. »Ich finde schon, dass das ein Problem ist.«
»Lüg ihnen einfach was vor. Sag ihnen, du hast keine Ahnung, was sie meinen.«
Barakat dachte: Sie wird mich erkennen. »Du hast recht. Ich führe mich auf wie ein feiges Weib.«
»Bitte nicht um einen Anwalt, sondern werd wütend. Du bist doch Arzt, oder? Von einem Bullen musst du dir nichts gefallen lassen.«
»Mein Freund, du bist cleverer, als du aussiehst«, sagte Barakat. »Du solltest mich begleiten, wenn ich nach Paris oder L.A. ziehe. Wir könnten gemeinsam Verbrechen planen.«
Sie wählten wegen des Vierradantriebs Barakats Wagen, einen drei Jahre alten Subaru. Cappy fragte: »Hast du dein Handwerkszeug dabei?«
»Skalpell, Isolierband und Hammer aus dem Wartungsbereich. Ich habe vorsichtshalber einen alten genommen.«
»Hast du dir überlegt, wie wir’s anpacken?«
»Ja, wir gehen rein, du schießt ihm ins Knie, und wir fesseln ihn mit Isolierband. Anschließend mache ich mich an die Arbeit. Ich schneide ihm die Hose hier auf« – er berührte seinen Schritt – »und sage ihm, dass ich ihm als Erstes einen Hoden entferne, dann den Penis und am Ende den anderen Hoden. Einen Hoden, bevor wir ihn irgendetwas fragen, damit er merkt, dass ich es ernst meine …«
»Cool.«
»Mit ein bisschen Glück muss ich ihm den zweiten gar nicht mehr abnehmen.«
»Was, wenn Honey Bee da ist?«, fragte Cappy.
Barakat zuckte die Achseln. »Die brauchen wir nicht, oder?«
Sie fuhren auf der I-35 in Richtung Süden und eine halbe Stunde später nach Osten durch die ausdünnenden Vororte, weg von den Lichtern. Cappy las die Ausfahrten laut vor, und am Ende verließen sie den Highway und nahmen eine schneebedeckte Asphaltstraße durch ein Tal, bis schließlich Honey Bees weißes Haus im Schnee vor ihnen auftauchte.
In dem Gebäude war es fast dunkel; nur aus der Küche schimmerte es gelb, vielleicht von einem Nachtlicht.
»Niemand da«, bemerkte Cappy wütend. »So eine Scheiße.«
»Vielleicht ist er getürmt.«
»Er hat davon geredet, dass er nach Green Bay will«, sagte Cappy, der sich vage an das Gespräch nach seinem Angriff auf die Ärztin erinnerte. »Er hat sogar erwähnt, wohin, aber das weiß ich nicht mehr.«
»Schade. Doch viele Wege führen nach Rom.«
»Aha. Und was schwebt dir vor?«, fragte Cappy.
»Es sind zwei Brüder …«
Als sie an Honey Bees Tür klopften, reagierte niemand. Sie wendeten im letzten Licht des Tages und kehrten zurück in die Stadt.
In Barakats Wohnung genehmigten sie sich eine weitere Linie Koks, zappten sich durch die Fernsehprogramme, aßen Pizza und unterhielten sich über ihre jeweilige Kindheit.
»Ich finde, du solltest deinen Alten nicht umbringen; das ist nicht richtig«, sagte Cappy. »Deswegen halte ich mich von Rochester fern. Denn wenn ich den Mistkerl sehen würde, müsste ich ihn abknallen wie einen räudigen Hund.«
»Mein Vater hat Geld, aber gibt er mir das? Nein. Es steht mir zu«, erklärte Barakat. »Er hat’s von seinem Vater, und der hatte es von seinem. Bei meinem Vater ist Endstation. Er schreibt mir vor, was ich zu tun und zu lassen habe, und will, dass ich Arzt werde, also werde ich Arzt. Möchte ich das? Nein, nicht unbedingt. Jeden Tag muss ich mindestens einmal jemandem den Finger in den Arsch stecken. Ist das vielleicht ein Leben? In Paris kenne ich andere Söhne, deren Väter großzügiger sind; die leben sehr, sehr gut. Und Frauen … Kriege ich schöne Frauen? Nein, weil mein Vater geizig ist.«
»Wo lebt er?«
»In West Palm Beach, Florida.«
»Weißt du was? Wenn wir hier fertig sind, fahren wir nach Rochester, da bringst du meinen Alten um, und anschließend geht’s nach Florida, und ich murkse deinen Alten ab«, schlug Cappy vor. »Meinem Vater gehört ein Laden für Freizeitartikel, den erbe ich mal. Und du erbst auch. Dann sind wir beide stinkreich.«
»Abgemacht, mein Freund«, sagte Barakat und schnupfte eine Linie Koks. »Ich bringe deinen Scheißvater um, und du bringst meinen Scheißvater um, und hinterher gehen wir nach Paris.«
Cappy schnupfte ebenfalls eine Linie. »Du bist nicht gern Arzt. Mir ist es unheimlich, wenn mich ein Arzt behandelt, der seinen Beruf hasst …«
»Obwohl ich ihn nicht sonderlich mag,
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