Mordrausch
sind relativ stabil, aber vielleicht verbessert sich ihr Zustand weiter, wenn sie noch ein paar Stunden oder einen ganzen Tag warten. Die Lage ist jedenfalls kritisch. Wenn sie nicht bald weitermachen, stirbt eines der Mädchen.«
»Manchmal ist es wirklich leichter, bei der Polizei zu sein.«
»Ja. Zum Beispiel wenn man Gespräche führen muss wie mit der Kleinen von Jill MacBride«, bemerkte Lucas.
»Mein Gott, Lucas: Hast du immer noch diesen Hang zum Depressiven?«
»Du etwa nicht?«
»Nicht so stark wie du. Mich hat der Mord an Jill MacBride auf die Palme gebracht. Das ist was anderes«, antwortete sie. »Du musst lernen, deine Wut zu zügeln, Großer.«
Als sie Macks Haus erreichten, stellten sie fest, dass es verschlossen und die Garage leer war. Nebenan bog ein Wagen in die Auffahrt. Marcy eilte hinüber, um sich mit dem älteren Mann darin zu unterhalten, und kam wieder zurück. »Der Nachbar ist seit sechs Uhr auf und hat hier niemanden gesehen oder gehört. Er sagt, Mack fährt gewöhnlich gegen zehn zur Arbeit.«
»Hoffentlich hat er sich nicht abgesetzt«, sagte Shrake.
Lucas schüttelte den Kopf. »Ach was, er ist wahrscheinlich einfach nur früh unterwegs. Wie wir. Lasst uns bei der Kneipe vorbeischauen.«
Macks Wagen stand tatsächlich neben dem Müllcontainer hinter dem Cherries. Sie stiegen aus. Shrake und Jenkins gingen zum vorderen Eingang, während Lucas und Marcy sich an der hinteren Tür postierten. Sie war verschlossen. Sie klopften; keine Reaktion. Lucas blickte sich um, konnte nirgends eine Kamera entdecken, klopfte erneut.
Shrake gesellte sich zu ihnen. »Vorn ist zugesperrt, aber die Neonschrift vom ›Geöffnet‹-Schild leuchtet.«
»Hast du geklopft?«
»Ja.«
Ein Streifenwagen bog auf den Parkplatz. Ein Uniformierter stieg aus und sprach etwas in sein Funkgerät.
»Scheiße«, sagte Marcy und ging mit gezückter Dienstmarke zu ihm. Sie unterhielten sich kurz, dann winkte Marcy sie zu sich.
»Er fährt ganz dicht vors vordere Fenster«, erklärte sie. »Shrake, Sie sind der Größte. Stellen Sie sich auf die Stoßstange und versuchen Sie reinzuschauen.«
Shrake folgte ihren Anweisungen. »Ja, ich sehe was …«
Er sprang herunter.
»Was?«, fragte Marcy.
»Ein Bein auf dem Boden, hinter dem Billardtisch.«
»Ein Bein. Versteckt er sich?«
»Ich glaube eher, er ist tot«, antwortete Shrake.
Der Streifenpolizist war sich unsicher über die Vorschriften für das Eindringen in Häuser, doch Jenkins holte einfach ein Taschenmesser aus der Hosentasche, schlug das Glas an der vorderen Tür ein, griff hindurch und öffnete sie. Lucas trat als Erster ein, und Marcy folgte ihm.
Lucas rief: »Mack?«
Macks Leiche lag hinter dem Billardtisch. Ein Holzstuhl stand über seinem Hals und Brustkorb, so dass er sich nicht hatte rühren können, wenn jemand daraufsaß. Hände und Füße waren mit Klebeband gefesselt. Er hatte eine Schusswunde mit Schmauchspuren an der Stirn, und unter Kopf und Beinen befand sich eine Blutlache. Der vordere Teil seiner Hose war entfernt, und sein Unterleib sah aus wie eine Schlachtschüssel.
»O Mann«, stöhnte Shrake.
»Was ist das?«, fragte Marcy und deutete auf Macks Bauch.
Jenkins beugte sich darüber, richtete sich wieder auf und trat einen Schritt zurück. »Vermutlich einer seiner Hoden.«
Der Streifenpolizist murmelte etwas und hastete zur Tür, um sich auf dem Parkplatz zu übergeben.
»Jemand hat auf dem Stuhl gesessen und ihm bei dem Gemetzel ins Gesicht gesehen«, sagte Shrake.
Lucas benachrichtigte die Spurensicherung des SKA und die Gerichtsmedizin, während Marcy ihren Vorgesetzten informierte. Als Lucas in den hinteren Bereich ging, sah er, wie Jenkins mit Latexhandschuhen Macks Parka abtastete. »Irgendwas gefunden?«
»Ich glaube, das Handy.« Jenkins holte es heraus. »Es zeigt an, dass noch fünfundsiebzig Minuten Sprechzeit drauf sind.«
»Wir brauchen die Nummern«, sagte Lucas. »Von allen ein- und ausgegangenen Gesprächen.«
»Ja, wird sofort erledigt.«
Marcy gesellte sich zu ihnen. »Lucas, was hältst du von der Sache?«
»Wir stehen wieder ganz am Anfang. Jill MacBride wurde von einem Unbekannten umgebracht, Mack zu Tode gefoltert. Joe war das nicht … also muss da noch jemand anders sein. Wahrscheinlich sogar zwei oder drei weitere Personen.«
»Eine andere Gang?«
»Keine Ahnung. Es gibt einen Unbekannten im Krankenhaus, über den wir nichts Genaueres wissen.«
»Ich beginne mich zu fragen, ob die
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