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Mordrausch

Mordrausch

Titel: Mordrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Granate an einen Granatapfel. Cappy kannte keine Granatäpfel, also einigten sie sich auf Tomate.
    »Ziehen …«, sagte Cappy.
    »Und dann das ganze Ding mitsamt Griff werfen«, ergänzte Barakat. »Wie einen Baseball.«
    »Okay. Aufgepasst.« Cappy entsicherte die Granate und hielt inne.
    »Weg damit«, drängte ihn Barakat.
    Cappy warf die Granate, die schwerer war als erwartet. Sie schlug auf dem Rand des Eises auf, schlitterte darüber und rutschte ins Wasser. Barakat sprintete los und rief Cappy zu: »Lauf.«
    Kurz darauf explodierte die Granate. Der Knall war laut, aber nicht ohrenbetäubend, und ließ eine über fünf Meter hohe Fontäne aufspritzen.
    »Heilige Scheiße«, keuchte Cappy. »Nichts wie weg hier!«
    Sie rannten lachend zum Wagen.
    In Barakats Haus spielten sie später so etwas Ähnliches wie Basketball. Sie hatten zu viel Kokain geschnupft, und zum Hinausgehen war es zu kalt. Im Fernsehen lief in voller Lautstärke ein Basketballmatch, dazu über die Stereoanlage die Eagles, halbe Lautstärke. Der Ball bestand aus zwei Blättern zerknülltem Schreibmaschinenpapier, und der Korb war virtuell – ein Fleck über der Tür. Ziel des Spiels war es, diesen Fleck zu treffen, was sich als ziemlich einfach entpuppte. Nach ein paar Punkten verwandelte sich das Ganze in einen rauen Kampf um den Papierball. Dabei stolperten die beiden über Stühle, Tische, ein niedriges Sofa. Cappy, der Nasenbluten bekam, hinterließ überall rote Flecken, und Barakat tauchte zwischen Sofa und Sessel ab …
    Als sie aufhörten, führte Cappy 18 zu 14. Er sank lachend zu Boden und keuchte: »Scheiße.« Cappy hatte das Gefühl, soeben die tollsten zwanzig Minuten seines Lebens verbracht zu haben – abgesehen von den Nächten natürlich, in denen er die 15 entlanggebraust war. Die beste Zeit in Gesellschaft von jemandem .
    Barakat sagte schwer atmend: »Cappy, ich weiß, wie ich aus dieser Polizeischeiße rauskomme.«
    »Ja?«
    »Ja. Ist mir vor einer Minute aufgegangen. Es gibt da diesen Mann aus meinem Heimatort im Libanon. Er heißt Shaheen.«
    »Shaheen.«
    »Ja, Shaheen. Ein Niemand, doch er hält sich für eine große Nummer. Er ist auch Arzt …« Barakats Herz klopfte so heftig von dem Spiel und dem Kokain, dass er ein paar Mal tief durchatmen musste.
    »Ja?«
    »Shaheen hat einen Akzent, einen stärkeren als ich. Und er ist ein Niemand. Wenn Shaheen stirbt, und man findet in seinem Zimmer Medikamente aus dem Krankenhaus, was denkt man dann?«
    »Dass er der Insider ist, nach dem die Polizei sucht, oder?«
    »Genau«, bestätigte Barakat.
    Sie schwiegen eine Weile, dann fragte Barakat: »Hast du eine Freundin?«
    »Nein.«
    »Bist du noch Jungfrau?«
    »Nein. Natürlich nicht.«
    »Ha. Ich kenne da ein Plätzchen in Minneapolis mit hübschen Mädchen«, sagte Barakat.
    Cappy rollte sich auf die Seite. »Nutten?«
    Barakat lachte. »Eine von ihnen behauptet, sie sei Therapeutin.«
    »Was soll das sein?«
    »So etwas Ähnliches wie ein Arzt oder Psychiater. Jemand, der der Seele hilft.«
    »Tatsächlich?«
    »Die Mädchen lieben Kokain, Amphetamine und Marihuana. Und sie mögen Geld.«
    »Ich hab nicht viel Kohle.«
    »In einem amerikanischen Song heißt es: ›The candy man don’t pay for pussy‹ – Der Dealer zahlt nicht fürs Bumsen«, erklärte Barakat.
    »Ach.«
    »Wir haben Stoff«, sagte Barakat und rappelte sich hoch. »Sogar ziemlich viel.«
    »Und was ist mit Shaheen?«, wollte Cappy wissen.
    »Zuerst die Mädchen«, antwortete Barakat.
    Caprice Garners Vater hatte ihn von Kindesbeinen an verprügelt. Mit vierzehn war der Junge nach Kalifornien geflohen, um am Strand herumzulungern oder Filmstar zu werden. Er war bis Bakersfield gekommen, wo er sich Arbeit als Dachdecker suchte, ein dürrer Kerl mit starrem Blick und schlimmen Narben an Gesicht, Rücken und Seele. Und dann war er eines Frühlingsmorgens betrunken vom Dach gefallen und hatte sich beide Beine gebrochen.
    Ohne Krankenversicherung hatte er genommen, was er kriegen konnte, und sich in einem Armenkrankenhaus behandeln lassen. Den Sommer hatte er schwitzend in einer Betonwohnsiedlung ohne Klimaanlage verbracht, beide Beine in Gips. Sein Nachbar, ein Rocker, hatte sich seiner erbarmt, ihm Bier, Cracker, Cheddar und Wurst gebracht. Als Cappy wieder arbeitsfähig gewesen war, hatte er seinen Lohn gespart und sich eine gebrauchte Harley Softail sowie eine kleine Klimaanlage fürs Fenster gekauft.
    Und auf Rocker gemacht.
    Er hatte sich die

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