Mordsdeal
Sie würde diesen unheimlichen Raum mit Sicherheit nicht für irgendetwas verwenden wollen. Überhaupt, was sollte sie mit dem ganzen Kram?
Gitti suchte die Wände ab, womöglich gab es hier einen Notausgang nach draußen oder in den Keller. Wer weiß, was Heiner sich alles während ihrer Abwesenheit hatte einfallen lassen.
Sie gab die Suche nach einer Weile auf und setzte die Arbeit fort, bis ihr einfiel, dass ihre Schlafcouch, die hier stand, auch einen Bettkasten hatte. Womöglich befanden sich darin ihre Steppdecken, die sie seit Jahr und Tag suchte. Vielleicht hatte sie Hilla ausnahmsweise einmal zu Unrecht verdächtigt, sie genommen zu haben, und sie hatte die Decken nur darin vergessen. Gitti hob die Sitzfläche der Couch an und drückte sie nach oben. Es klemmte. Sie versuchte es mit Gewalt. Die Vorrichtung löste sich endlich und gab den Bettkasten frei. Ein prall gefüllter, schwarzer Plastiksack lag im geräumigen Fach. Aha, dann hatte Heiner ausprobiert, ob die Vakuumsäcke dicht hielten, und wollte so die Decken schonen. Dass Heiner jemals etwas schonen wollte, konnte sie sich aber nicht gut vorstellen.
Sie zog am Reißverschluss, was gar nicht so einfach war, und schreckte angewidert zurück, als ein Teil der Luft entwich. Bah, wer wollte denn darin seine Wäsche packen, wenn sie danach so elendig stank? Erst jetzt sah sie, dass es keine Decken waren. Sie zog langsam die Handtücher heraus, auf denen die Namen Gitti und Hilla standen. Das war ihrer beider Aussteuer. Aber wie kamen Hillas Handtücher hierhin? Gitti verstand überhaupt nichts mehr. Erst recht nicht, als sie alle Tücher und das Bettlaken herausgenommen hatte und etwas ganz anderes zum Vorschein kam.
Sie schrie laut auf und zitterte am ganzen Körper: Da lag ein toter alter Mann in ihrem Bettkasten, und nicht schlimm genug: Sie kannte ihn noch nicht einmal.
*
Gitti wäre am liebsten geflüchtet, hätte die Tür schnell geschlossen und das Rollregal davor gestellt. Da jedoch Luft in den Plastiksack gekommen war, musste sie schnellstens das Vakuum wiederherstellen. Nur, sie wusste nicht, wo Heiner diese verdammten Vakuumpumpen lagerte. Hier waren sie jedenfalls nicht. Gitti geriet in Panik. Sie stellte sich kurz zur Madonna und schickte mit ihr ein Stoßgebet gen Himmel, dann lief sie wieder zurück und ging widerwillig auf die Knie. Sie zog ihre Gummihandschuhe an, stopfte Hillas Handtücher und die Bettlaken wieder hinein und machte sich am Reißverschluss des Plastiksackes zu schaffen. Wie viele Stunden mochte er hier schon gelegen haben? Wurde das Zimmer womöglich extra für ihn gebaut? Hatte er bis zu seinem Tod hier gelebt? War es ein Multimillionär, den Heiner entführt hatte und für den er ein Lösegeld erpresste, bis er schließlich starb?
Nein, das hätte sie merken müssen, aber das mit dem Raum hatte sie ja auch nicht gemerkt. Schnell ließ sie mit einem geübten Handgriff die Sitzfläche der Couch wieder herunterklappen. Weg war sie, die Leiche. Spätestens in ein paar Tagen kam jede Fliege darauf, was im Inneren des Sofas schlummerte. Irgendwo lauerten bestimmt schon ein paar Maden, die ihre Essbestecke wetzten und sich später entpuppen wollten.
Gitti knüllte ihre Handtücher zu einem Knäuel zusammen. Die musste sie so schnell wie möglich in einer fremden Mülltonne entsorgen, möglichst weit weg, am besten an einer Autobahnraststätte, oder sollte sie die Tücher verbrennen? Aber wo durfte man heutzutage außer der Reihe ein Feuer machen, und bis Ostern war es noch lang. Sie legte die Wäsche erst einmal beiseite, weil sie beschlossen hatte, das hier nicht alleine auszubaden. Hillas Handtücher hingen mit drin. Im wahrsten Sinne des Wortes und dann sollte sie sich auch darum kümmern.
Sie ging wieder zurück in Heiners Arbeitszimmer und alarmierte ihre Schwester.
*
Es dauerte keine Minute, ja noch nicht einmal 50 Sekunden, bis sie bei Gitti vor der Tür stand. Hilla ahnte, wen ihre Schwester da gefunden hatte. Wenn das wirklich stimmte, dann hatte Heiner sich über seinen Tod hinaus noch an ihr gerächt. Das dicke Ei im Nest musste Hilla nun alleine ausbrüten, vorausgesetzt, ihre Schwester kam dahinter, dass es eine Gemeinschaftsproduktion war.
Gitti öffnete sofort nach dem ersten Klingeln. Verzweifelt warf sie sich ihrer Schwester an den Hals und ließ nicht mehr los. Hilla tröstete sie kurz mit einem » Ich bin ja bei dir«, klopfte hektisch ihren Rücken und sah an ihr vorbei. »Wo ist er?« Sie
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