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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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verheirateten Mann, gar nicht gelogen war? Auch wenn Bodenstein Bock nicht besonders sympathisch fand, so war es möglich, dass er in Lebensgefahr war. Percusic hatte Gründe genug, Hass auf die Familie Bock zu haben.
    »Ich muss noch mal los«, er zog sich eilig wieder an und griff nach seinem Handy. »Wolltest du mir nicht etwas erzählen?«
    »Nicht so zwischen Tür und Angel«, Cosima schlüpfte unter die Bettdecke. »Das hat Zeit, bis du wieder da bist.«
    »Okay«, Bodenstein war in Gedanken schon wieder ganz woanders und lächelte nur zerstreut, während er vergeblich versuchte, Pia Kirchhoff auf dem Handy zu erreichen.
     
    Im Dunkel der Pferdebox berichtete Pia Christoph Sander mit zittriger Stimme und von hysterischen Schluchzern unterbrochen, was geschehen war. Er hatte sich neben sie ins Stroh gesetzt, sie tröstend in die Arme genommen, und Pia hatte vor lauter Erleichterung angefangen zu weinen.
    »Ich glaube, meine Nerven sind nicht mehr die besten«, gestand sie, nachdem sie sich etwas beruhigt hatte. »Erst die offenen Türen und jetzt dieser Blumenstrauß.«
    Sander musterte sie mit besorgter Miene.
    »Wer hat denn einen Schlüssel für das Tor?«, fragte er.
    »Die Nachbarin, mein Noch-Ehemann, meine Eltern und ich«, Pia wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab. »Aber von denen würde niemand so etwas machen. Vor allen Dingen das mit den roten Rosen, das weiß ja niemand ...«
    Sie brach ab und schüttelte stumm den Kopf. »Was hat es mit diesen Rosen denn auf sich?«, fragte Sander leise.
    Pia verspürte in einer plötzlichen Anwandlung das starke Bedürfnis, ihm alles zu erzählen, was seit so vielen Jahren auf ihrer Seele lastete. Sie kannte ihn zwar kaum, trotzdem glaubte sie, ihm vertrauen zu können.
    »Es ist schon ziemlich lange her«, begann sie nach kurzem Zögern stockend. »Ich war im Sommer nach dem Abitur mit Freunden in Frankreich. Da habe ich jemanden kennengelernt, einen Studenten aus Frankfurt. Für mich war es nur ein Flirt, aber für ihn war es mehr. Er fing an, mich zu verfolgen. Über Wochen und Monate hinweg hat er mich belästigt, mir aufgelauert und mich bedroht. Dreimal ist er heimlich in meiner Wohnung gewesen und hat mir immer einen Strauß roter Rosen neben das Bett gestellt.«
    Die Erinnerung an diese grauenhafte Zeit ließ sie schaudern.
    »Ich wusste mir nicht mehr zu helfen und habe Anzeige gegen ihn erstattet und der Polizei die Briefe gezeigt, die er mir geschrieben hat. Aber sie haben gesagt, sie könnten erst dann etwas tun, wenn etwas passiert sei«, Pia schluchzte auf. »Von einem Tag auf den anderen hörte der Kerl dann auf, mich zu verfolgen. Ich dachte schon, es wäre vorbei, aber da kam er in meine Wohnung und hat mich ... vergewaltigt und beinahe erwürgt.«
    »O Gott«, Sander hielt sie ganz fest in seinen Armen. »Das ist ja entsetzlich.«
    »Ich habe nie mit jemandem darüber gesprochen, nicht einmal mit meinem Mann«, sagte Pia. Ihr war ganz flau, teils vor Erleichterung, weil sie endlich, endlich diese Geschichte jemandem erzählt hatte, teils vor Sorge, Sander wäre von diesem Schatten aus ihrer Vergangenheit abgestoßen.
    »Manchmal tut es gut, zu reden«, sagte er leise. Sie sahen sich an.
    »Ich habe mir unser Frühstück eigentlich anders vorgestellt«, flüsterte Pia. »Es tut mir leid, dass ich so ...«
    »Nein, nein«, unterbrach er sie rasch, »es muss Ihnen gar nichts leidtun. Das ist schon in Ordnung. Aber Sie sollten wirklich etwas unternehmen. Können Sie nicht von Ihren Kollegen Polizeischutz bekommen?«
    »Dann müsste ich ja über alles reden.«
    »Das würde ich an Ihrer Stelle auch tun«, sagte Christoph Sander ernst. »Es nützt nichts, wenn man so etwas einfach totschweigt. Dann wird alles immer größer und schlimmer. Es ist viel besser, darüber zu sprechen. So viel wie möglich.«
    Allein der Gedanke daran verursachte Pia Unbehagen. Jeder würde von ihrer Schwäche erfahren, von ihrer Angst und davon, dass sie gedemütigt, erniedrigt wurde und beinahe getötet worden wäre. Einen Moment war es ganz still. Christoph Sander zog sie enger an sich und streichelte zärtlich ihr Gesicht. Pia spürte, dass sein Herz nicht weniger heftig klopfte als ihres.
    »Wir haben einen Zuhörer«, flüsterte er auf einmal. Pia hob den Kopf und sah das Fohlen, das sie mit drollig schiefgelegtem Kopf neugierig betrachtete. Da musste sie lachen. Sander lachte auch. Er stand auf, hielt ihr die Hand hin und zog sie hoch. Sie sahen sich an und

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