Mordsfreunde
Schweiß.
»Sie meinen den Gerhard und die Zengler«, Patrick Weishaupt verzog das Gesicht. »Ist doch logisch, dass die zu ihrem Pauker-Kollegen halten. Ich war vielleicht ein bisschen aufgebracht, mehr nicht.«
»Na ja«, Bodenstein lächelte, »was haben Sie am Dienstag gemacht, nachdem Sie mit Herrn Pauly gesprochen haben?«
»Ich war bei 'nem Kumpel«, der junge Mann dachte nach. »Später haben wir uns im San Marco getroffen und das Fußballspiel Frankreich gegen die Schweiz geguckt.«
»Was ist mit Ihrer Hand passiert?« Pia wies auf den Verband, den Weishaupt um seine linke Hand gewickelt hatte.
»Hab mich an 'nem kaputten Glas geschnitten.«
»Das sieht übel aus. Sie haben einen Bluterguss bis über das Handgelenk«, stellte Pia fest. »Und mit Ihrem linken Bein istauch irgendetwas nicht in Ordnung. Sie können kaum auftreten. Haben Sie deshalb seit Dienstag nicht mehr geduscht?«
»Wie bitte?« Patrick Weishaupt klappte beinahe der Mund auf.
»Sie riechen stark nach Schweiß«, Pia rümpfte die Nase. »Ziehen Sie doch mal bitte das linke Hosenbein hoch.«
»Warum denn das?« Der junge Mann versuchte, seine Unsicherheit mit Aggressivität zu überspielen. »Was soll das eigentlich? Ich muss mich von Ihnen hier nicht so anmachen lassen!«
Bodenstein warf seiner Kollegin einen raschen Blick zu. Er konnte sich auch nicht ganz erklären, was sie damit bezweckte.
»Wie haben Sie sich am Bein verletzt? Etwa auch durch ein Bierglas?« Pia merkte, dass der Junge etwas zu verbergen hatte. »Oder sind Sie vielleicht von einem Hund gebissen worden?«
»So'n Quatsch! Was für'n Hund denn?«
»Zum Beispiel ein Hund von Herrn Pauly.«
»Ey, jetzt reicht's mir aber«, fuhr Patrick Weishaupt auf. »Wollen Sie mir was anhängen?«
»Nein, natürlich nicht«, Pia lächelte. »Gute Besserung. Falls Ihnen noch etwas zum Dienstag einfällt, rufen Sie mich an.«
Sie drückte dem jungen Mann ihre Visitenkarte in die unverletzte Hand und wandte sich zur Haustür. Bodenstein folgte ihr hinaus. In dem Augenblick fuhr ein silberner Porsche neben den Crossfire, eine dunkelhaarige Frau in den späten Vierzigern blickte zu ihnen hinüber.
»Kann ich Ihnen helfen?«, rief sie, angelte nach ihrer Handtasche auf dem Beifahrersitz und stieg aus. Die Ähnlichkeit zwischen ihr und Patrick war unverkennbar.
»Sind Sie die Mutter von Patrick?« Pia blieb stehen.
»Ja«, die Frau blickte misstrauisch zwischen Pia und Bodenstein hin und her. »Ist etwas passiert? Wer sind Sie?«
»Kripo Hofheim. Patricks Lehrer Pauly wurde tot aufgefunden, und wir haben Ihrem Sohn ein paar Fragen gestellt.«
»Worüber? Was hat er damit zu tun?«
»Wahrscheinlich gar nichts«, Pia lächelte beruhigend. »Wir sind ja auch schon wieder weg. Aber ... eine Frage hätte ich doch noch.«
»Und die wäre?«
»Wie und wann hat sich Ihr Sohn an der Hand und am Bein verletzt?«
Die Frau zögerte ein paar Sekunden zu lange.
»Das weiß ich nicht«, sagte sie dann und lachte nervös. »Patrick ist neunzehn. In dem Alter sagen Jungs ihren Müttern nicht mehr alles.«
»Ja, natürlich«, Pia wusste, dass sie gelogen hatte, »vielen Dank.«
Die Frau sah ihnen nach, dann klapperte sie auf hohen Absätzen schnurstracks auf die Haustür der mediterranen Villa zu.
»Wie kommen Sie darauf, dass er eine Bissverletzung haben könnte?«, fragte Bodenstein auf dem Weg zum Auto.
»Der blutige Handabdruck am Tor bei Pauly«, erinnerte Pia ihn. »Es war nur so ein Schuss ins Blaue, aber für mich sah es wie ein Volltreffer aus. Und Patricks Mutter weiß genau Bescheid.«
Bodenstein schüttelte erstaunt den Kopf. »Ganz schön scharfsinnig von Ihnen.«
Auf der Fahrt zum Kommissariat wanderten Pias Gedanken von Patrick Weishaupt und Pauly zu Henning. Die Erinnerung an die vergangene Nacht stürzte sie unvermittelt in unerklärlicheDüsternis. Als sie gestern zusammen auf der Terrasse gesessen, geredet und Rotwein getrunken hatten, war ihr ganz plötzlich bewusst geworden, wie sehr sie die Gesellschaft eines anderen Menschen vermisste. Sie hatte dieses Gefühl als Niederlage empfunden und sehr viel mehr getrunken, als sie vertrug. Und schließlich war sie dort gelandet, wo sie mit Henning nie mehr hatte landen wollen, nämlich im Bett. Aber statt Henning hatte sie einen anderen Mann vor ihrem inneren Auge gesehen, und der Gedanke an ihn hatte sich nicht mehr vertreiben lassen.
»Wenn wir jemanden finden würden, der das Auto von Patrick in der Nähe von
Weitere Kostenlose Bücher