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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Bodenstein und Pia das Lehrerzimmer betraten. Chantal Zengler, die Frau, die vorhin im Schulsekretariatin Tränen ausgebrochen war, berichtete, dass Pauly Ärger mit einem Schüler gehabt hatte. Patrick Weishaupt, ein Schüler aus der dreizehnten Jahrgangsstufe, behauptete, Pauly habe ihn durchs Abitur fallen lassen, weil er ihn nicht leiden konnte. Mit Tränen in den Augen berichtete sie von einer Auseinandersetzung, deren Zeugen sie und ihr Kollege Dr. Gerhard am Dienstag nach der Schule geworden waren. Sie hatten zu dritt das Schulgebäude verlassen, Chantal Zengler und Dr. Gerhard waren zu ihren Autos, Pauly zu seinem Fahrrad gegangen, als ein Auto angerast kam und Pauly beinahe überfahren hätte. Sie hielt inne und presste die Lippen zusammen.
    »Es sah nach Ärger aus. Deshalb haben wir gewartet.«
    »Warum? Wer war der Fahrer des Autos?«
    »Patrick Weishaupt. Er hat Herrn Pauly beschimpft. Dr. Gerhard und ich sind näher hingegangen. Patrick hat geschrien: ›Das nächste Mal fahre ich dich über den Haufen! Ich mach dich fertig‹ und Ähnliches. Als er uns gesehen hat, ist er wie ein Wahnsinniger mit quietschenden Reifen weggefahren. Pauly war ganz außer sich. Er sagte, dass Patrick ihn dafür verantwortlich machen würde, weil er durchs Abitur gefallen sei.«
    »Halten Sie den Jungen für fähig, Herrn Pauly tatsächlich etwas anzutun?«, forschte Pia. Die Lehrerin zuckte die Schultern.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie, »aber er war wirklich sehr aufgebracht.«
    Dr. Peter Gerhard, der Oberstufenleiter der Schule, bestätigte die Geschichte. Patrick Weishaupt hatte fest damit gerechnet, das Abitur zu bestehen, und sich deshalb bereits an einer Universität in den USA angemeldet. Die Enttäuschung des Jungen war nachvollziehbar.
     
    Die Adresse in Schlossborn, die Pia von der Schulsekretärin erhalten hatte, entpuppte sich als eine Villa im mediterranen Stil mit Säulen vor der Eingangstür. Vor einer Doppelgarage stand ein schwarzer Chrysler Crossfire. Pia drückte auf die Klingel. Erst nach einem zweiten, nachdrücklichen Läuten wurde die Tür von einem jungen Mann geöffnet, der verschlafen ins helle Tageslicht blinzelte.
    »Sind Sie Patrick Weishaupt?«, fragte Pia.
    »Wer will das wissen?«, erwiderte der junge Mann unhöflich. Er sah aus, als sei er gerade erst aus dem Bett gekrochen, seine Haare standen in alle Richtungen ab, und er war nur mit einem grauen T-Shirt und einer schmuddeligen Jogginghose bekleidet. Seine Gesichtshaut war fettig und unrein, er roch nach abgestandenem Alkohol und altem Schweiß.
    »Die Kripo«, Pia hielt ihm ihre Marke vor die Nase.
    »Ja, ich bin Patrick Weishaupt. Um was geht es?«
    »Gestern Morgen wurde die Leiche von Hans-Ulrich Pauly gefunden«, begann Bodenstein. »Er wurde erschlagen.«
    »Oops«, Patrick Weishaupt zuckte unbeeindruckt die Schultern, »so 'n Pech. Und was hab ich damit zu tun?«
    »Im besten Fall gar nichts«, erwiderte Bodenstein. »Uns wurde allerdings erzählt, dass Sie Herrn Pauly am Dienstagmittag vor der Schule beschimpft und massiv bedroht haben.«
    »Pauly war'n Idiot«, der junge Mann machte keinen Hehl aus seiner Abneigung. »Der konnte mich nicht leiden, weil ich nicht auf seine bekloppte Öko-Masche abgefahren bin. Um mir eins reinzuwürgen, hat er mir das Abi versaut. Klar, dass ich sauer war.«
    »Sauer sein und jemanden bedrohen ist ein Unterschied«, sagte Pia.
    »Ich hab den doch nicht bedroht«, Patrick Weishaupt fuhr sich mit der rechten Hand durch sein ungewaschenes Haar.»Ich wollte mit ihm reden. Mein Vater hat einen Anwalt eingeschaltet. Es geht um einen einzigen lächerlichen Punkt.«
    »Sie hatten fest damit gerechnet, das Abitur zu bestehen, und bereits einen Studienplatz in Aussicht. Ist das so?«, fragte Pia.
    »Ja«, Patrick Weishaupt musterte sie abschätzend. »Für einen Studienplatz in den USA muss man sich rechtzeitig bewerben.«
    »Ohne Abitur wird nichts daraus«, sagte Bodenstein. »Was werden Sie jetzt machen?«
    »Mein Anwalt meint, dass ich eine Nachprüfung machen kann«, antwortete Patrick Weishaupt. »Bei einer Notendifferenz von mehr als sechs Punkten zum vorhergehenden Halbjahr ist das möglich. Deswegen wollte ich mit Pauly reden.«
    »Zeugen Ihrer Unterredung mit Herrn Pauly hatten aber einen ganz anderen Eindruck als den, dass Sie nur mit Ihrem Lehrer reden wollten«, Pia hätte dem jungen Mann am liebsten geraten, sich so schnell wie möglich unter die Dusche zu stellen, so stark roch er nach

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