Mordsfreunde
blickte.
»Hallo, Frau Kirchhoff«, er reichte ihr die Hand und sah sie forschend an. »Sind Sie dienstlich hier oder als Besucherin?«
»Leider dienstlich«, erwiderte Pia. »Ich bin auf der Suche nach Lukas. Ich habe ein paar Fragen an ihn.«
»Da sind Sie umsonst hergekommen. Lukas hat frei. Kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen?«
»Wahrscheinlich nicht. Aber das ist nicht weiter schlimm«, sie lächelte. Sander lächelte auch.
»Hätten Sie Lust auf einen Kaffee oder ein Eis?«, schlug er vor. Pia dachte kurz an Patrick Weishaupt, entschied aber, dass der Junge ruhig auf sie warten konnte.
»Gerne«, antwortete sie. Sie folgte dem Zoodirektor zum Restaurant Sambesi, auf dessen Terrasse noch ein paar Tische frei waren. Wenig später saßen sie sich mit Kaffee und Magnum-Eis gegenüber.
»Vielen Dank«, Pia lächelte und entfernte das Papier vom Eis. »Das ist doch mal eine nette Abwechslung.«
»Stimmt«, bestätigte Sander und betrachtete kurz seine linke Hand, über die eine tiefe, blutige Schramme verlief.
»Das sieht aus, als ob es weh tut«, stellte Pia fest. »Was ist passiert? Etwa schon wieder das Kreiselmähwerk?«
Sander grinste schief. »Ein paar Erdmännchen wollten sich ihr Gehege lieber von außen als von innen ansehen«, erwiderte er. »Sie haben sich heftig gegen den Freiheitsentzug gewehrt.«
»So was kenne ich«, Pia leckte an ihrem Eis und betrachtete Sander eingehend. Seit ihrer ersten Begegnung spukte ihr der Mann im Kopf herum. Irgendetwas an ihm hatte ihr vom ersten Moment an gefallen, und sie wollte ergründen, was es war.
»Haben Sie schon eine Spur im Fall Pauly?« Sander ließ seine Frage beiläufig klingen, aber sein Gesicht wirkte plötzlich angespannt.
»Dutzende«, erwiderte Pia. »Die Lebensgefährtin von Pauly ist übrigens fest davon überzeugt, dass Sie etwas damit zu tun haben. Sie sagte, dass Sie ihm neulich damit gedroht hätten, ihn umzubringen und an die Wölfe zu verfüttern.«
Sander zwang sich zu einem Lächeln, doch seine Augen blieben ernst.
»Das hab ich im Zorn gesagt«, gab er zu.
»Eine gefährliche Formulierung, wenn man bedenkt, dass Teile von Paulys Leiche tatsächlich im Tierfutter gefunden wurden«, Pia legte den Kopf schräg. Sie durfte nicht zulassen, dass sie aus Sympathie für Sander den Blick für das Wesentliche verlor.
»Alle Indizien sprechen für eine Affekttat«, sagte sie. »Paulys Mörder war wütend und aufgebracht.«
Sander musterte sie stirnrunzelnd.
»Halten Sie mich für fähig, einen Menschen zu töten?«
»Ich kenne Sie nicht gut genug, um das beurteilen zu können«, Pia legte den Holzstiel vom Eis in den Aschenbecher, »aber ich weiß, dass Menschen im Zorn zu Dingen fähig sind, an die sie in normalem Geisteszustand nicht einmal denken würden.«
Sander betrachtete nachdenklich die Verletzung an seiner Hand. Dann blickte er wieder auf. Seine äußerliche Gelassenheit reichte nicht bis in seine Augen.
»Ich bin vielleicht aufbrausend«, gab er zu, »aber so kaltblütig, dass ich jemanden umbringen und danach quasi vor meiner Haustür ablegen würde, bin ich sicher nicht.«
Pia stützte ihre Ellbogen auf den Tisch und legte ihr Kinn auf die verschränkten Hände. Warum hatte dieser Mann sie zu Eis und Kaffee eingeladen? Einfach, weil er sie leiden konnte, oder weil er ihr Informationen über den Stand der Ermittlungen entlocken wollte? Pia wünschte sich, sie könnte ihr berufsbedingtes Misstrauen für eine Weile vergessen.
»Worüber wollten Sie mit Lukas sprechen?«, erkundigte Sander sich, als Pia nichts mehr sagte.
»Eine Nachbarin hat in der Tatnacht ein blondes Mädchen mit einem gelben Roller aus Paulys Einfahrt kommen sehen. Dieses Mädchen suchen wir jetzt. Wir gehen davon aus, dass es Pauly gut gekannt hat.«
Pia meinte, ein winziges Aufflackern in Sanders Augen zu sehen, aber sie konnte sich auch geirrt haben.
»Das Mädchen hat womöglich die Leiche gesehen. Oder den Täter. Sie war so durcheinander, dass sie mit dem Roller auf der Straße gestürzt ist. Wir haben Lackspuren und einen abgebrochenen Außenspiegel gefunden.«
Plötzlich summte ihr Handy. Es war Ostermann, der ihr mitteilte, dass Patrick Weishaupt eingetroffen war, zeitgleich mit seinem wütenden Vater und einem eifrigen Anwalt.
»Ich muss los«, Pia erhob sich. »Die Pflicht ruft. Danke für den Kaffee und das Eis. Und für das Gespräch. Haben Sie übrigens zufällig Lukas' Handynummer?«
»Ja, die habe ich«, Sander stand ebenfalls
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