Mordsfreunde
erwiderte sie. »Aber ich kann mir ja nicht schnell irgendwo einen Mann suchen, damit ich nicht alleine leben muss.«
»Was ist denn mit Ihrem Mann?«, erkundigte sich Sander. Seine Stimme klang neugierig. Pia schämte sich ein bisschen für ihre Manipulation, aber nur ein ganz kleines bisschen. Früher einmal war sie eine Meisterin in diesem uralten Spiel der Verführung zwischen Mann und Frau gewesen, früher, als sie noch sorglos und ohne Angst gewesen war. Dann hatte sie Henning getroffen, dessen wissenschaftlich strukturierter Geist vollkommen unempfänglich für Andeutungen und emotionale Spielchen war. Erst die Begegnung mit Lukas hatte etwas in ihr verändert und ihre Lust an diesem Spiel neu geweckt.
»Der wohnt in Frankfurt«, sagte sie nun und ließ es beiläufig klingen. »Aber eigentlich wollte ich Ihnen nicht von meinen toten Meerschweinchen vorjammern. Hatten Sie gestern die Gelegenheit, mit Lukas' Vater zu sprechen?«
»Ja«, antwortete Sander, »sogar ziemlich ausführlich. Er hatte von Jonas' Tod noch nichts gewusst und war schockiert. Der Grund, weshalb er seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender bei Bock aufgegeben hat, war, dass er mit der Arbeit des Vorstandes nicht mehr einverstanden gewesen ist. Er hat sich nur vage geäußert, aber wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann ging es um ein Projekt im Nahen Osten und dubiose Geschäftspartner.«
Sie sprachen noch eine Weile, dann bedankte Pia sich für die Informationen und legte auf. Als sie aufblickte, begegnete sie dem belustigten Blick von Ostermann.
»Was ist?«, fragte sie.
»Nichts«, er zuckte die Schultern und grinste leicht, »das, was du gerade gemacht hast, hat mich nur an etwas erinnert.«
»Was habe ich denn gerade gemacht?« Pia tat arglos.
Ostermanns Grinsen vertiefte sich, er lehnte sich zurück. »Du benutzt deine Ermittlungen dazu, nebenbei dein ganz privates Netz auszuwerfen. Wer ist denn der Fisch?«
»Welcher Fisch?« Pia fühlte sich ertappt.
»Ich habe mich auch mal in so einem Netz verfangen«, Ostermann zog die Augenbrauen hoch. »War eigentlich gar nicht so verkehrt. Vielleicht wäre mehr draus geworden, wenn mir das mit dem Bein nicht passiert wäre.«
Als Bodenstein um kurz vor acht ins Büro kam, war er gereizter Stimmung. Er hörte seinen Mitarbeitern bei der morgendlichen Besprechung kaum zu. Cosima hatte den Zwischenfall vom Montagabend mit keinem Wort mehr erwähnt. Mehr als ihre ungerechten Vorwürfe, die weh taten, belasteten ihn die Sorgen, die er sich um sie machte. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Heute sollten endlich die Ergebnisse der Blutuntersuchung kommen, und dann ... Er bemerkte, dass die Augen seiner Mitarbeiter fragend auf ihn gerichtet waren.
»Ich habe alle Freunde von Jonas erreicht und herbestellt«, wiederholte Ostermann. »Wer kümmert sich um sie?«
»Sie und Frau Fachinger«, bestimmte Bodenstein, »fragen Sie sie, wo sie am Abend von Paulys Tod und am Montagabend waren. Machen Sie ihnen klar, weshalb wir sie nach Bisswunden untersuchen müssen. Außerdem will ich wissen, warum sich Jonas und Lukas gestritten haben. Frau Kirchhoff,Sie sprechen noch mal mit Lukas. Vielleicht kann er im Computer von Jonas nach diesen E-Mails suchen.«
Pia nickte, auch wenn ihr nicht ganz wohl bei dem Gedanken war, Lukas nach diesem nächtlichen Alptraum zu treffen.
»Was ist übrigens mit dieser Sache, mit der Pauly seinem Freund Siebenlist gedroht hat?«
Daran hatte Pia überhaupt nicht mehr gedacht!
»Die Akte liegt auf meinem Schreibtisch«, sagte sie und verschwand, um sie zu holen.
»Gibt es irgendwelche Hinweise aus der Bevölkerung, denen man nachgehen sollte?«, erkundigte Bodenstein sich bei seinen Mitarbeitern. Alle schüttelten den Kopf.
»Mittwochabend hat Deutschland gegen Polen gespielt«, sagte Kathrin Fachinger, »da haben wohl alle vor dem Fernseher gesessen. Wir haben leider überhaupt keine gescheiten Hinweise bekommen.«
Pia kehrte mit einer Akte in der Hand zurück.
»Am 17. August 1982 kam es auf einer Party zu einem Todesfall«, sagte sie. »Ein Mädchen namens Marion Rehmer fiel nach dem Genuss mehrerer Cocktails ins Koma und starb auf dem Weg ins Krankenhaus an einem Zuckerschock. Es hat Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung, unterlassener Hilfeleistung und Körperverletzung gegeben, unter anderem gegen Stefan Siebenlist. Es gab aber keine Beweise, und es kam auch nie zu einer Anklage. Die ganze Sache wurde als Unfall zu den Akten gelegt.«
Zwischen
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