Mordsfreunde
Unterlagen und sogar E-Mails von einem Computermonitor mit seinem Handy abfotografiert.
»Damit sitzt Bock ganz schön in der Klemme«, Ostermann grinste zufrieden. »Ich bin gespannt, wie er das erklären will.«
Bodenstein überflog die Korrespondenz zwischen Bock und einem Sachbearbeiter beim Hessischen Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen. Mehrere E-Mails waren hin-und hergegangen, und Jonas hatte alle kopiert. Dasselbe hatte er mit E-Mails zwischen seinem Vater und einem Beamten vom Bundesverkehrsministerium getan. Offenbar hatte keiner von ihnen damit gerechnet, dass diese E-Mails jemals von einem unbefugten Dritten gelesen werden könnten, denn sie hatten sich nicht die Mühe gemacht, irgendetwas zu chiffrieren.
»Das scheint mir wirklich Sprengstoff zu sein«, bestätigte Bodenstein, »und hier haben wir auch Schäfer vom Bauamt in Hofheim. Er hat Bock im Anhang die Angebote der Mitbewerber für den 1. Bauabschnitt der Stadtmitte Nord geschickt.«
»Verbotene Preisabsprache«, Ostermann nickte, »Bestechung, alles da. Was unternehmen wir?«
»Gar nichts. Diese Angelegenheit fällt nicht in unseren Bereich«, sagte Bodenstein. »Sie rufen die Kollegen vom K30 in Frankfurt an und leiten diese Dokumente an sie weiter. Erläutern Sie denen unseren Verdacht. Vielleicht haben sie gegen Bock schon etwas vorliegen.«
Der Notarzt stand mit blinkendem Blaulicht vor dem Eingang des Möbelhauses und sorgte damit für einen Stau auf der Frankfurter Straße. Pia sah schweigend zu, wie die Sanitäter Siebenlist auf einer Trage aus seinem Geschäft trugen. Die feindseligen und vorwurfsvollen Blicke von Ehefrau und Belegschaft hielten sie nicht davon ab, einen Streifenwagen zu rufen, der den Notarztwagen ins Krankenhaus eskortieren sollte. Ob Siebenlist sich durch einen vorgetäuschten Herzanfall einer Verhaftung entziehen wollte oder ob der Anfall echt war – das würde sich herausstellen. Viel mehr als das beschäftigte Pia ihre Panik, als sie geglaubt hatte, Siebenlist wolle sich auf sie stürzen. Hatte sie keine Nerven mehr für ihren Beruf? Die Türen knallten, die Sirene heulte auf, und der Krankenwagen setzte sich in Bewegung. Pia atmete erleichtert auf und überquerte die Frankfurter Straße. Sie hatte ihr Auto im Hof der Kelkheimer Polizeistation geparkt und ging nun die Bahnstraße entlang, vorbei an der Metzgerei Conradi bis zum Bistro Grünzeug. Zu ihrer Überraschung stand die Eingangstür offen, und ein junger Mann schleppte gerade das große hölzerne Werbeschild auf die Straße, auf dem die Angebote des Tages angekündigt wurden. In dem Moment hielt eine schwarze M-Klasse direkt vor der Tür des Grünzeug, und eine blonde Frau stieg aus. Im lindgrünen Kostümchen, mit einer riesigen Paris-Hilton-Sonnenbrille auf der Nase und hohen Absätzen stöckelte Mareike Graf die Treppenstufen hinauf und verschwand im Innern des Bistros.
»Was macht die denn hier?«, murmelte Pia und beschloss, sich näher an das Haus heranzuwagen. Sie schlenderte am Bistro vorbei. Das Tor zum Hof stand offen. Pia spähte um die Ecke. An einem der Tische in der Sonne saß Esther Schmitt. Wie sie richtig vermutet hatte, war sie wohl gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden. Mareike Graf kam aus der Tür des Bistro, dann begrüßten sich die beiden Frauen,die sich vor ein paar Tagen noch geprügelt und übel beschimpft hatten, und setzten sich einträchtig zusammen an den Tisch. Von ihrem Gespräch konnte Pia nichts verstehen. Wieso hatten die beiden eine Feindschaft vorgetäuscht, die in Wirklichkeit nicht existierte? An der ganzen Sache war irgendetwas faul.
Eine Viertelstunde später reichte ihr Mareikes Ehegatte die Hand.
»Meine Frau ist leider nicht da«, sagte Graf, nachdem er Pia in das gläserne Besprechungszimmer geführt hatte. »Sie hat ein paar Besichtigungstermine auf verschiedenen Baustellen. Soll ich sie anrufen?«
»Ihre Frau ist auf keiner Baustelle«, Pia betrachtete den Mann. Er tat ihr leid, denn er war völlig arglos und hatte keinen blassen Schimmer von dem, was seine Frau hinter seinem Rücken trieb.
»Sie sitzt zusammen mit Esther Schmitt im Hof des Grünzeug in Kelkheim. Ich habe sie dort vor zehn Minuten noch gesehen.«
»Ja, aber ...«, begann Graf, verstummte aber wieder.
»Hat Ihre Frau Ihnen erzählt, weshalb sie am Montag festgenommen wurde?«, fragte Pia.
»Ja«, Architekt Graf nickte, »die Polizei hat ihr vorgeworfen, sie hätte den Brand gelegt.«
»Falsch«, Pia schüttelte
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