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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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gebrochenen Arm, einer Gehirnerschütterung und zahllosen Prellungen glimpflich davongekommen, insofern würde sich Schwarz nur wegen schwerer Körperverletzungverantworten müssen. Kein Grund, ihn in einer Zelle sitzen zu lassen.
    Direkt hinter dem Sarg schritt Esther Schmitt mit würdevoll versteinerter Miene, die tränenlosen Augen hinter einer Sonnenbrille verborgen. Hinter ihr ging schweigend die gesamte Belegschaft und jugendliche Stammkundschaft des Grünzeug, manche schluchzten und hielten sich an den Händen. Pia sah Lukas, an dessen unverletzten Arm sich Svenja Sievers wie eine Ertrinkende klammerte.
    »Sieh an, der schöne Lukas hat sich aber ziemlich schnell an die Freundin seines toten Freundes herangemacht«, bemerkte Bodenstein in dem Moment mit einem leicht ironischen Unterton.
    »Ich glaube eher, sie trösten sich gegenseitig«, nahm Pia den Jungen in Schutz, ohne zu wissen, weshalb sie vor ihrem Chef Partei für ihn ergriff.
    »Sagen Sie bloß, Sie fallen auch auf seine hübsche Fassade herein«, Bodenstein warf Pia einen spöttischen Blick zu. »Hat er Ihnen mit seinen grünen Augen den Kopf verdreht?«
    »Quatsch«, erwiderte sie unbehaglich. Ihr Handy vibrierte stumm in ihrer Tasche. Pia beachtete es nicht. Wahrscheinlich war das wieder Henning, zum dreißigsten oder vierzigsten Mal.
    »Ich traue dem Bürschchen nicht über den Weg«, führte Bodenstein seine Überlegungen mit halblauter Stimme fort, und jedes seiner Worte verstärkte das ungute Gefühl in Pias Innern. »Er ist so ein richtig netter Kerl, ein Schauspieler par excellence. Irgendwie kommt er mir vor wie eine leere Leinwand, auf die jeder seine eigenen Vorstellungen von ihm projizieren kann.«
    »Das stimmt nicht«, hörte Pia sich sagen. »Sie kennen ihn doch gar nicht. Er ist sehr unglücklich und einsam.«
    »Ach ja?«
    »Sein bester Freund ist tot, sein Mentor auch. Seine Eltern sind ständig unterwegs und haben kaum Zeit für ihn.«
    Bodenstein hob die Augenbrauen. »Diese Mitleidsmasche zieht bei Ihnen? Das hätte ich nicht gedacht.«
    »Dr. Sander hat mir das erzählt«, verteidigte Pia sich. »Er hat auch Verständnis für den Jungen.«
    »Sanders Verständnis hält sich meines Erachtens nach in Grenzen«, sagte Bodenstein. »Er unterstützt lediglich die erzieherischen Maßnahmen von Lukas' Vater. Ich kann Ihnen übrigens aus eigener leidvoller Erfahrung als Vater sagen, dass Jungen in Lukas' Alter alles wollen, außer Verständnis. Viel lieber suhlen sie sich in Selbstmitleid und fühlen sich von der ganzen Welt und speziell von ihren Eltern tragisch missverstanden.«
    Pia wollte das Thema nicht weiter vertiefen. Lukas war anders. Er hatte ihr doch nicht nur etwas vorgespielt! Oder etwa doch? Verführer, dachte sie, schüttelte aber den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. Bodensteins Worte hatten Zweifel gesät, die sich mit nadelspitzen Zähnchen in ihr Gehirn nagten und sie an ihr Gespräch mit Lukas am Abend des Mordes an Jonas erinnerten. Wieso hatte er mit keinem Wort die Geburtstagsparty seines Freundes erwähnt? Warum hatte er ihr nichts von dem Streit zwischen Jonas und Svenja am Samstag auf der Burg erzählt? Plötzlich war ihr unwohl zumute. Sie schauderte bei dem Gedanken daran, was Bodenstein dazu sagen würde, wenn er jemals erfahren sollte, dass Lukas die Nacht in ihrem Haus verbracht hatte!
     
    Eine Stunde später war alles vorbei, die Trauergesellschaft hatte den Friedhof verlassen. Erst als Esther Schmitt, begleitet von Wolfgang Flöttmann und ein paar anderen Getreuen, an ihnen vorbeiging, fiel Bodenstein auf, dass sie Svenja verpasst hatten.
    »Kann nicht sein«, Pia schüttelte den Kopf.«Zumindest Lukas wäre mir aufgefallen. Vielleicht sind sie noch am Grab.«
    Aber am Grab trafen sie nur noch die Friedhofsarbeiter an, die trotz sengender Sonne schnell arbeiteten und schon fast den ganzen Erdaushub wieder auf den Sarg geschaufelt hatten.
    »Ich rufe Lukas an«, Pia ergriff ihr Handy und wählte seine Nummer. Die Computerstimme meldete sich. The person you are calling is not avaible at present ... Natürlich, während der Beerdigung hatte er sein Handy sicher abgeschaltet, das gehörte sich auch so.
    »Fahren wir zu Svenja nach Hause«, schlug Bodenstein vor, »sie wird wohl irgendwann dort auftauchen. Vielleicht tröstet der schöne Lukas sie noch ein bisschen intensiver.«
    Pia erwiderte nichts auf diese sarkastische Bemerkung. Es machte ihr zu schaffen, dass Bodenstein so überhaupt nichts von

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