Mordsgefluester
waschen, ich wollte mich waschen. Siana schnappte sich eine Schwester, die uns erklärte, natürlich könnten die Verbände beim Duschen abgenommen werden, woraufhin ich vorsichtig, aber glückselig duschte und meine Haare shampoonierte. Außerdem ließ ich die Verbände unter der Dusche abfallen, statt sie vorher abzuziehen.
Danach fönte Siana meine Haare; sie verzichtete dabei auf ein richtiges Styling, aber das war egal, weil mein Haar glatt ist. Sauber zu sein genügte, damit ich mich besser fühlte.
Immer noch kein Essen.
Allmählich keimte in mir der Verdacht, dass das Krankenhauspersonal in jene anderen Pläne bezüglich meiner Zukunft eingeweiht war und mich verhungern lassen wollte. Siana war schon kurz davor, in die Cafeteria hinunterzugehen und etwas für mich zu holen, als endlich ein Tablett ins Zimmer gebracht wurde. Der Kaffee war lauwarm, aber ich nahm ihn trotzdem dankend an und hatte ihn halb ausgetrunken, bevor ich auch nur den Metalldeckel von meinem Teller gehoben hatte. Rührei-Ersatz, kalter Toast und schlapper Speck starrten mir entgegen. Siana und ich sahen uns an, dann zuckte ich mit den Achseln. »Ich bin am Verhungern. Das geht schon.« Aber ich nahm mir fest vor, der Verwaltung die hier gebotenen kulinarischen Köstlichkeiten zu schildern. Kranke Menschen brauchen Speisen, die sie wenigstens in Versuchung führen zu essen.
Nachdem ich etwa die Hälfte des Tellers leer gegessen hatte, siegten meine rebellierenden Geschmacksknospen über das schwächer werdende Gegrummel meines Magens, und ich deckte den Teller wieder ab, damit ich die Eier nicht länger zu sehen brauchte. Kalte Eier sind wirklich widerwärtig. Meine Kopfschmerzen hatten weiter nachgelassen, woraus ich schloss, dass sie zum Teil auf Koffeinentzug zurückzuführen gewesen waren.
Kaum fühlte ich mich besser, schon begann ich mich darüber zu ärgern, dass ich hier meine Zeit vertat. Bisher wollte mich noch kein Arzt sehen, dabei war es auf der Wanduhr schon halb elf.
»Vielleicht ist gar kein Arzt für mich zuständig«, sinnierte ich. »Vielleicht haben sie mich einfach vergessen.«
»Vielleicht solltest du einen Hausarzt herholen«, merkte Siana an.
»Hast du einen?«
Sie sah mich verlegen an. »Zählt ein Frauenarzt auch?«
»Warum nicht? Eine Frauenärztin habe ich selbst.« Hey, irgendwer muss schließlich das Rezept für die Pille ausstellen. »Vielleicht sollte ich sie anrufen.«
Im Krankenhaus zu liegen ist sterbenslangweilig. Siana schaltete den Fernseher ein, und wir suchten nach einem halbwegs interessanten Programm. Wir sind beide nie zu dieser Tageszeit zu Hause, darum wissen wir nicht, was tagsüber geboten wird. Es sagt einiges, dass Der Preis ist heiß das Beste war, was wir finden konnten, aber immerhin konnten wir uns damit die Zeit vertreiben. Siana und ich hätten alle Kandidaten um Längen geschlagen, aber hey, Shopping ist eine Gabe.
Ein wenig störte der Lärm vom Flur her, weil die Dame, die das Frühstückstablett gebracht hatte, die Tür halb offen gelassen hatte, aber wir ließen sie offen stehen, weil es im Zimmer dank des Luftzugs nicht ganz so stickig war. Der knallblaue Himmel vor dem Fenster verriet mir, dass der Sommer sich noch nicht ganz verabschiedet hatte, obwohl der Kalender darauf beharrte, dass es offiziell schon Herbst war. Ich wollte in die Sonne hinaus. Ich wollte hinaus und nach meinem Hochzeitskleid suchen. Wo blieb der Arzt, welcher Arzt auch immer?
Der Preis ist heiß war zu Ende. Ich sagte zu Siana: »Wie war dein Date gestern Abend?«
»Mäßig.«
Ich sah sie mitleidig an, und sie seufzte. »Er ist nett, aber … es funkt nicht. Ich will Funken. Ich will ein ganzes Feuerwerk. Ich will das haben, was du mit Wyatt hast, einen Kerl, der mich ansieht, als könnte er mich auf der Stelle vernaschen, und ich will vernascht werden.«
Sie brauchte nur die Worte Wyatt und vernaschen in einen Satz packen, und schon wurde mir warm und wuschig. Kein Zweifel, er hatte mich programmiert.
»Ich musste lange auf Wyatt warten. Ich habe sogar zwei Jahre lang gewartet, nachdem er mich in die Wüste geschickt hatte.« Dass er mich nach unserem dritten Date in die Wüste geschickt hatte, weil er der Auffassung war, dass ich zu anstrengend wäre, tat immer noch weh.
»Du hast nicht wirklich gewartet« ,berichtigte sie lachend. »Du hast dich mit anderen Männern getroffen. Und zwar mit vielen Männern, wenn ich mich recht erinnere.«
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich eine kurze
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